Blutrubin Trilogie - Band 2: Der Verrat (German Edition)
Wand und ihr Blick war in weite Ferne gerichtet, so als ob sie sich stark konzentrierte.
»Jetzt können wir nur abwarten, was die beiden herausfinden«, erklärte James, als ich mich wieder neben ihn stellte. Die Vampire um uns herum waren erstaunlich ruhig, jedenfalls um einiges besonnener, als ich es war.
Die ganze Situation war mir nicht geheuer und ich überlegte verbissen, was Kimberly erreichen wollte, wenn sie uns hier festhielt und den Weg nach draußen versperrte.
Angreifen konnten sie nicht, denn der Zugang in unsere Höhle war zu schmal. Wenn die Ubour versuchen würden, sich hindurchzuquetschen, wären sie auch schon vernichtet.
Das Gleiche galt dummerweise auch für uns. Was also hatte meine Adoptivschwester vor? Während ich mir noch das Hirn zermarterte, um eine Antwort auf diese Frage zu finden, tauchte Ian wieder auf und kurze Zeit später kehrte auch Gabriela in ihren Körper zurück. Sofort waren sie von den Vampiren umzingelt, die wissen wollten, was die beiden da draußen vorgefunden hatten.
Als Erste begann Gabriela zu sprechen, die sichtlich erschüttert schien.
»Sie haben alle vor der Höhle getötet«, erzählte sie und ihre Stimme brach. Als sie sich wieder etwas gefasst hatte, fuhr sie fort. »Es sind so viele Ubour, irgendwann habe ich aufgehört zu zählen.« Es schien als hätte sie jede Hoffnung aufgegeben.
»Hast du Kimberly gesehen?«, wollte ich wissen und bahnte mir ein Weg zwischen den anderen Vampiren hindurch. Alle Blicke richteten sich nun auf mich, während ich mich durch die Menge zwängte. Gabriela schüttelte den Kopf.
»Alles, was ich gesehen habe, waren Ubour, unglaublich viele Ubour.« James wandte sich an Ian, der sich wieder materialisiert hatte und jetzt selbst für einen Geist sehr blass aussah.
»Was hast du zu berichten?«, wollte er wissen und um uns herum wurde es so still, dass man eine Nadel fallen hören konnte.
»Die Haupthöhle ischt voll mit Ubour und dort habe isch ausch Kimberly geschehen.« Er warf mir einen kurzen, unsicheren Blick zu.
»Was macht sie? Hast du belauschen können, was sie vorhat?«
Ian schüttelte den Kopf und sah dann zwischen James und mir hin und her, ehe er antwortete.
»Isch habe nischts gehört, aber Evelyn ischt immer in ihrer Nähe«, klärte er uns auf und versuchte trotz seines Sprachfehlers so deutlich wie möglich zu sprechen.
»Kann vielleicht jemand übersetzen, was dieser Schwachkopf von sich gibt«, erklang eine eiskalte Stimme, und als ich mich umdrehte, sah ich Evan, der mit verschränkten Armen an der Höhlenwand lehnte.
»Halt endlich die Klappe, sonst machst du, noch vor den Ubour, Bekanntschaft mit meinem Schwert«, zischte ich ihn an. Er zog eine Grimasse in meine Richtung und sah dann gelangweilt zur anderen Seite der Höhle.
Ich holte tief Luft, um mich wieder zu beruhigen, dann drehte ich mich zu Ian, der einen recht verdatterten Eindruck machte.
»Hör nicht auf diesen Idioten«, murmelte ich. »Du hast also gesehen, dass Kimberly und Evelyn in der großen Höhle sind?«, vergewisserte ich mich. Ian nickte zustimmend.
Bei dem Gedanken, dass meine Adoptivschwester nur einige Meter entfernt war, bildete sich in meinem Magen ein fester Klumpen. Noch vor Kurzem hatte ich versucht sie zu retten, weil ich dachte, sie sei in Gefahr und zum Dank hatte sie versucht, mich zu töten.
Mittlerweile empfand ich nur noch Hass für die Frau, mit der ich aufgewachsen war und der ich einmal blind vertraut hatte.
Dass sie nur zwei Monate nach ihrer Niederlage gegen uns wieder auftauchte, um an die fünf Blutrubine zu gelangen, zeugte von ihrer Hartnäckigkeit. Schon als Kind hatte sie diese Eigenschaft besessen. Wenn Kimberly etwas wollte, dann gab sie nicht auf, bis sie es hatte.
Wieder begann eine heftige Diskussion darüber, was man nun tun sollte und alle redeten durcheinander. Ich lehnte mich an die Höhlenwand und glitt hinunter, bis ich auf dem staubigen Boden saß.
Mit großen Augen beobachtete ich, wie alle aufeinander einredeten und wild mit den Händen herumfuchtelten, doch ich verstand kein einziges Wort.
Mein Blick glitt zu der Öffnung, die hinaus auf den Gang führte, anschließend nach oben an die Decke, wo ich die Sterne durch das Loch über mir erkannte. Ein lauter Seufzer kam über meine Lippen, dann schloss ich die Augen.
» Liebling? «, hörte ich James besorgte Stimme in meinen Gedanken und sofort verschloss ich meinen Geist vor ihm. Er sollte nicht spüren, wie verzweifelt ich war.
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