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Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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liebe Melanie, herzlich willkommen auf Gran Canaria. Seid bitte nicht enttäuscht, dass ich Euch nicht persönlich begrüßen kann. Aber es haben sich ein paar Probleme ergeben. Ich melde mich, sobald ich kann. Ruft mich bitte nicht an. Lieben Gruß, Elmar.
     
    Sie hatten beide den Text still für sich gelesen und vermochten keine Erklärung zu finden. Für einen Augenblick mischte sich maßlose Enttäuschung mit einem Gefühl des Zorns über ihre eigene Blauäugigkeit. Sie hatten sich eine aufregende Woche versprochen, obwohl sie nicht hätten sagen können, von welchen Vorstellungen sie ausgegangen waren. Und nun saßen sie da wie bestellt und nicht abgeholt.
    Melanie faltete das Papier wieder zusammen und steckte es in das Kuvert zurück. »Na gut, dann eben nicht«, meinte sie energisch und überspielte damit ihre Enttäuschung. »Wenn der Herr Doktor plötzlich Schiss gekriegt hat.«
    Caroline sah ihre Freundin kritisch von der Seite an. »Du meinst …?« Sie wollte nicht aussprechen, was sie gerade dachte.

32
    Linkohr und Kerstin hatten sich auf der Fahrt von Ulm nach Merklingen ausgiebig über das Gespräch mit Frau Fallheimer unterhalten, wenngleich der junge Kriminalist das Gespräch viel lieber in eine andere Richtung gelenkt hätte. Kerstin war wirklich sympathisch und sah überdies auch noch gut aus, dachte er, während er auf der A8 zwischen Ulm-West und Merklingen den weißen Kripo-Golf voll beschleunigte, jedoch auf der Überholspur immer wieder dem schnelleren Verkehr von hinten Platz machen und sich in die endlose Kolonne der LKW einfädeln musste.
    Die Hochfläche der Schwäbischen Alb war an diesem frühen Montagabend eingenebelt. Sichtweite maximal 150 Meter. Die Schlusslichter der Fahrzeuge verschwammen irgendwo in der Dunkelheit.
    »Wie lange bist du eigentlich noch bei uns?«, nutzte er eine kurze Gesprächspause und warf einen Blick zu ihr hinüber.
    »Noch zwei Monate«, sagte sie – und Linkohr glaubte am Klang ihrer Stimme zu erkennen, dass sie diese Zeit genießen wollte. Aber wahrscheinlich, so verwarf er diese Vermutung wieder, interpretierte er viel zu viel hinein. Privat unterliefen ihm in solchen Momenten oft genug all jene Fehler, die man sich als Kriminalist niemals leisten durfte: Dass man in Erwartung eines Geschehens aus allen Indizien jene Schlüsse zog, die in das vorgefasste Meinungskonzept passten.
    »Dann könnten wir ja in diesem Frühling«, erwiderte er langsam und vorsichtig, »sicher noch einiges erleben.« Was er damit meinte, ließ er bewusst offen.
    »Ha«, kam es keck zurück, »du meinst, vielleicht wird die Sache hier unser ganz großer Fall.«
    »Das auch, aber das Leben besteht ja glücklicherweise nicht nur aus Ganoven.«
    Er glaubte, in der Dunkelheit auf ihrem Gesicht ein Lächeln zu erkennen. Oder war das wieder Wunschdenken?
    »Wo hast du bisher Dienst gemacht?«, wurde er wieder ernsthafter, um nicht als aufdringlich zu gelten.
    »Bad Waldsee. Oberschwaben. Sag jetzt bitte nicht, das sei beschaulich und weitab vom Schuss.«
    »Sag ich gar nicht. Manche meinen, dieses Geislingen sei irgendeine unbedeutende Provinzstadt an der Alb. Ich sag dir: Nicht auf die Lage kommt’s heutzutage an, sondern auf das Umfeld.«
    »Genau wie bei den Menschen«, erwiderte die junge Frau vielsagend, was Linkohr sofort zu der Überlegung veranlasste, ob sie seine Sympathie-Bekundungen verstanden hatte.
    »Und wo kommst du tatsächlich her?«
    »Aus Owingen. Kleines, aber idyllisches Nest unweit vom Bodensee, bei Überlingen. Vielleicht hast du davon gehört. Dort ist dieses schreckliche Flugzeugunglück passiert, dieser Zusammenstoß in der Luft.«
    Linkohr konnte sich entsinnen. Im Juli 2002 war das gewesen. Er setzte den Blinker und verließ die Autobahn an der Anschlussstelle Merklingen. Im Nebel tauchten die Lichtreklamen von McDonald’s und all der anderen Firmen auf, die sich vorzugsweise an Autobahnen ansiedelten. Ein Reklameschild verwies auf Europas angeblich schönste Modelleisenbahnshow.
    Als Linkohr in Ulm vor der Abfahrt bei Brunhilde Brugger in Merklingen angerufen hatte, um sich zu vergewissern, dass sie daheim sein würde, hatte er sich schildern lassen, wie der Johannes-Lohrmann-Weg, in dem sie wohnte, zu erreichen war.
    »Die war ziemlich verunsichert«, brachte der Jungkriminalist nach kurzem Schweigen die eigentliche Hauptperson ins Gespräch und ertappte sich dabei, einen Gedankensprung unternommen zu haben. Er durfte sich von Kerstin nicht ablenken

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