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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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übernatürlichen Phänomenen beschäftigte. Diesem Redakteur hatte er lediglich gesagt:
    »Es gibt immer eine logische Erklärung, so auch in diesem Fall.«
    Jetzt nahm er den Hörer ab und tippte eine andere Nummer ein.
    »Hallo?«, meldete sich am anderen Ende ein Paar sehr langer Stimmbänder. »Anders hier, am Apparat von Cynthia.«
    Die Zeit geriet für Per Roland ins Stocken, plötzlich brachte er keinen Laut mehr über die Lippen. Stattdessen unterbrach er die Verbindung und warf das Telefon auf den Tisch. Er saß lange da und starrte auf das schwarze Sony Ericsson Handy. Dann stand er auf, ging um seinen Bürostuhl herum, betrachtete sein Spiegelbild im Fenster und nahm das Telefon erneut in die Hand.
    »Anders hier, am Anschluss von Cynthia. Hallo?«, war wieder die jetzt etwas verärgerte Männerstimme zu hören. »Hallo? Ist da jemand?«
    »Ja, äh … öh …«, begann Roland etwas sprachlos. »Ich wollte mit Cynthia sprechen.«
    »Sie ist gerade im Bad. Wer ist denn am Apparat? Soll ich ihr etwas ausrichten?«
    Roland saß still da. Ganz still, als habe er Angst, dass ihn jemand hören könnte. Entlarven. Dann legte er wieder auf.
    »Ich weiß eigentlich gar nicht, warum ich hier bin«, log Per Roland. In Wahrheit wusste er es ganz genau. Nachdem er ziellos, stundenlang in seinem Dienstwagen durch Regen und Wind gefahren war, hatte er schließlich selbst diesen Entschluss gefasst.
    »Nein, aber ich weiß es«, antwortete Liv und zog ihn in das große Haus mit den Panoramafenstern.
    Das wohnliche Chaos, das ihm schon im Flur begegnete, legte Zeugnis davon ab, das hier Menschen wohnten, Kinder. Roland vermisste mit einem Mal diese Zeit. Sobald die Kinder groß waren, hatte Cynthia es schrecklich eilig gehabt, alle Spuren dieser Zeit zu verwischen, so dass ihr Haus beinahe klinisch und kalt geworden war. Skandinavisch mochte manch einer das vielleicht nennen.
    »Störe ich?«, fragte er vorsichtig, als er die Schuhe auszog und oben auf den Berg von Familienschuhen stellte.
    Er sah Liv an. Die schmale Frau trug eine Trainingshose und ein kleines, ärmelloses Top. Ihre Kleidung war etwas weniger auffällig, als er es gewohnt war. Nur ihre Haare waren strubbelig wie immer. So wie sie mit ihrer Kaffeetasse in der Tür stand, hatte er Lust, ihr durch die Haare zu streichen.
    »Kriege ich einen?«, fragte er und nickte in Richtung Tasse.
    Sie lächelte.
    »Klar doch! Komm rein«, sagte sie und verschwand.
    Per Roland ging vorsichtig auf Socken in die Küche und setzte sich an den Esstisch. Er seufzte, als würde alle Luft aus ihm entweichen. Liv stellte eine dampfende Tasse vor ihn und setzte sich ihm gegenüber rittlings auf einen Stuhl.
    »Und, Roland?«, fragte sie nach einer kurzen Pause, in der sie beide an ihren Tassen nippten. »Was passiert in deinem Leben?«
    Roland sah sich um. Er hatte keine Ahnung, was er darauf antworten sollte. Stattdessen wich er der Antwort aus.
    »Was sagst du zu den Geschehnissen heute?«
    »Zu Cecilie 2?«
    »Hm-m«, nickte Roland und trank einen weiteren Schluck.
    Liv schüttelte den Kopf.
    »Das ist echt zu merkwürdig, wenn du mich fragst. Die Eltern müssen ja total verlogen sein.«
    »Die Frage lautet wirklich, was sie uns bis jetzt schon für Lügen aufgetischt haben.«
    Liv sah nachdenklich aus.
    »Bei all der Presse wird es die Hölle werden, wenn wir damit rausrücken, dass sie ihr eineiiger Zwilling ist. Die werden sich darauf stürzen wie Geier. Aber wo kommt sie her? Der Arzt meinte, ihre Haut wäre noch nie in Kontakt mit Sonnenlicht gewesen. Wo kann sie denn gelebt haben?«
    Roland trank wieder einen Schluck.
    »Drinnen.«
    Liv nickte.
    »Glaubst du, dass die Eltern sie eingesperrt hatten? Isoliert von der Außenwelt?«
    »Vielleicht. Es wäre nicht das erste Mal.«
    »Aber warum sollten Eltern ein Kind einsperren und das andere nicht?«
    Roland zuckte mit den Schultern.
    »Keine Ahnung, ich hatte gehofft, du hättest eine Idee.«
    Liv dachte nach.
    »Kann es sein, dass ihr irgendetwas fehlt, und dass die Eltern nicht wollten, dass die Leute hier im Ort das mitbekommen?«
    »Du denkst an eine Behinderung oder so?«
    »Ja, in diesen Kreisen werden mitunter schon Kleinigkeiten sorgsam unter den Teppich gekehrt. Damit die Nachbarn nicht reden. Ich kenne einige Geschichten von behinderten Kindern, die für den Rest ihres Lebens in irgendwelche Heime abgeschoben worden sind und nie wieder Besuch bekommen haben, weil ihre Eltern nichts von ihnen wissen wollten. So ein

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