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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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»Das war der Lange.«
    Liv und Anette sahen ihn neugierig an.
    »Ein Taxifahrer hat gerade im Präsidium angerufen. Er ist auf dem Strandvej von einem großen Allradfahrzeug überholt worden. Auf dem Beifahrersitz hat ein kleines Mädchen gesessen. Beim Vorbeifahren hatte er kurz Augenkontakt mit ihr und ein paar sehr blaue Augen erkannt.«
    »Julie«, sagte Liv.
    »Genau. Der Fahrer sah den Wagen im Gammel Strandvej verschwinden. Er war so schockiert darüber, das Mädchen gesehen zu haben, dass er nicht weiter auf den Fahrer geachtet hat.«
    »Aber die Eltern sitzen doch oben, die waren die ganze Zeit mit uns zusammen, als das Mädchen entführt wurde«, sagte Liv.
    »Sie müssen einen Helfer haben. Vielleicht hat der ihnen die ganze Zeit über geholfen, jemand, zu dem Julie Vertrauen hat«, sagte Roland.
    Anette nickte zögernd.
    »Liv, du kommst mit mir«, fuhr Roland fort. »Anette, kannst du die Eltern wieder aufs Präsidium bringen? In ihrer Lebensgeschichte stimmt irgendetwas ganz und gar nicht«, rief er und nahm Livs Arm. Gemeinsam hasteten sie durch die Schwingtüren zu dem geparkten Auto.
    Die Klingel klang ganz anders als beim letzten Mal, als er vor dem Messingschild mit dem geschwungenen Schriftzug »Junge-Larsen« gestanden hatte. Er fragte sich, warum er klingelte, schließlich wurde das Ehepaar Junge-Larsen gerade von Anette ins Präsidium gebracht. Vielleicht tat er es, um das kleine Mädchen nicht zu Tode zu erschrecken. Er wollte nicht mit gezückter Waffe brüllend ins Haus stürmen. Wobei das keinen Unterschied gemacht hätte, denn alles blieb still, niemand reagierte.
    »Lass mich«, sagte Liv und zog einen kleinen Schraubenzieher aus ihrer kurzen, schwarzen Lederjacke. Sie stocherte kurz im Schloss herum, und plötzlich stand die Tür offen. »Nach dir«, sagte sie mit einem Lächeln und betrat nach Per Roland die Eingangshalle.
    »Polizei!« rief Roland. »Julie?« Seine Stimme dröhnte durch das ganze Haus.
    »Julie?«, rief nun auch Liv. »Ist hier jemand? Wir sind von der Polizei«, fuhr sie fort, während sie das Erdgeschoss durchsuchte.
    Roland konnte sie hören, während er sich selbst um das Wohnzimmer und die Zimmer im ersten Stock kümmerte. Er blickte über den Pool und verharrte einen Moment bei dem traumhaften Blick über den Øresund. Der schmale Streifen hellroten Lichts mitten im Grau verriet ihm, dass die Sonne bereits unterging. Roland fluchte. Es war wirklich verdammt wichtig, dass sie sie fanden, bevor es dunkel wurde. Er rief noch einmal.
    »Ist hier jemand? Hallo?«
    Roland fasste sich müde an den Kopf, der nach den Ausschweifungen des vergangenen Abends noch immer schwer war. Wo zum Teufel war sie? Wenn es sich so verhielt, wie er glaubte, wenn die Junge-Larsens sie versteckt und die Entführung nur erfunden hatten, mussten sie sie doch in diesem Haus versteckt haben. Und folglich auch in dieses Haus zurückbringen, oder nicht? Aber wer war ihr Helfer gewesen? Wen hatten sie dazu überredet, sie aus dem Krankenhaus zu holen? Roland hatte Lind und Carsten sicherheitshalber zu Frandsens Haus geschickt, aber der Taxifahrer hatte sie schließlich hier im Gammel Strandvej verschwinden sehen. Also musste sie auch irgendwo hier sein! Wo würde man ein Kind verstecken? Es gab nur einen Raum, der wie ein Kinderzimmer eingerichtet war, und in dem hatte Cecilie gelebt. Bei den anderen Zimmern handelte es sich um das elterliche Schlafzimmer, ein großes Wohnzimmer mit Blick auf den Pool, eine Küche und ein gigantisches Bad. Ein Stockwerk tiefer lagen noch einmal zwei miteinander verbundene Wohnzimmer, ein Fernsehzimmer mit einem 60-Zoll-Flachbildfernseher an der Wand, ein Umkleideraum, ein weiteres Bad, das an den Pool angrenzte, und der Keller.
    Roland blickte über das Geländer nach unten.
    »Liv! Sieh im Keller nach!«
    »Bin schon unten«, ertönte leise ihre Antwort.
    Roland stürmte über die Treppe nach unten und traf Liv auf dem Weg nach oben.
    »Da ist nichts, aber du kannst das gerne noch einmal selbst überprüfen«, sagte sie.
    Roland ging über die mit Teppich verkleidete Treppe nach unten. Er erinnerte sich plötzlich an das letzte Mal, als er dort gewesen war und fürchtete, die Geschehnisse könnten sich wiederholen. Trotzdem ging er minuziös den ganzen Keller mit all seinen Räumen durch und warf zu guter Letzt auch noch einen Blick in den Kriechkeller, in dem sie Cecilie gefunden hatten. Julie war nicht dort.
    Mit schweren Schritten stapfte er über die

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