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Blutschande

Titel: Blutschande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Therese Philpsen
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hinter ihr die Stahltür verschlossen.«
    Per Roland schloss die Augen und legte sich eine Hand vors Gesicht. Er ließ sie still nach unten über den Mund gleiten und legte sie wieder auf den Schoß. Für einen Moment sah er Christina vor sich. Dann blickte er wieder in Benedikte Adelskovs starres Gesicht.
    »Wie konnten Sie das tun?«
    Benedikte Adelskov rang sich noch eine Träne ab und wischte sie weg.
    »Das war das Härteste, was ich jemals in meinem Leben habe tun müssen. Die ersten Nächte waren fürchterlich. Sie hämmerte dort unten unablässig gegen die Tür. Aber so war es für alle das Beste. Dabei bleibe ich.«
    Roland seufzte.
    »Und es hat nie jemanden gegeben, der sie gehört hat? Was ist mit Ihrer Putzfrau?«
    »Nein, die haben wir noch nicht so lange, und nachdem sie die ersten Nächte geschrien und geklopft hatte, hat Katja sich beruhigt. Erik hatte die Erlaubnis, jeden Tag zu ihr nach unten zu gehen. Er hat ihr alles erklärt und ihr gesagt, dass sie nur so zusammen sein konnten. Ich glaube, sie hat das mit der Zeit akzeptiert.«
    »Welche Rolle spielte er sonst?«
    »Ich konnte mich selbst nicht überwinden, dort hinunter zu gehen, weshalb ich immer ihn geschickt habe. Er hat dafür gesorgt, dass sie Essen bekommen hat. Mehrmals in der Woche ging er mit Vorräten nach unten, mit allem, was sie brauchte. Es hat ihr an nichts gefehlt. Erik ist gekommen, hat gemeinsam mit ihr gekocht und war mit ihr und Amalie zusammen. Später hat er dem Mädchen Lesen und Schreiben beigebracht. Er hat gut für sie gesorgt, sie hatten ihr eigenes Leben dort unten. Sie waren glücklich, wenn sie zusammen waren. So gesehen hatten sie alles.«
    Abgesehen von Freiheit und frischer Luft, dachte Roland, während er die kleine Frau anstarrte. Ihm fehlten einfach die Worte. Eine derartige Grausamkeit war ihm nie zuvor untergekommen. Er trank einen Schluck Wasser aus dem Plastikbecher, den er mit in das kleine Vernehmungszimmer genommen hatte, und fand es irgendwie gerecht, dass nun auch Benedikte Adelskov viele Jahre in einem kleinen Raum eingesperrt werden würde, wo sie von der mehr oder weniger großen Barmherzigkeit der anderen abhängig war.
    »Wie haben Sie die Geburt geschafft?«, fragte er.
    Benedikte Adelskov wischte sich mit der Papierserviette eine Träne weg. Es war eigentlich seltsam, wie schnell das Aristokratische aus einem Menschen entwich, wenn er erst am Boden lag. Tief in unserem Inneren sind wir doch alle gleich, dachte er, egal wie die Verpackung aussieht.
    »Es war beängstigend. Erik hatte eine Heidenangst, dass etwas schiefgehen könnte. Sie schrie so schrecklich laut. Aber ich hatte schließlich selbst zwei Kinder auf die Welt gebracht, so dass ich zu wissen glaubte, was ich tun musste. Doch dann kamen da plötzlich zwei Kinder. Erik bekam Panik, weil sie nur schrien, besonders das eine der beiden. Cecilie. Sie hörte nicht auf zu schreien, Nacht für Nacht. Sie litt unter Koliken. Ich sagte Erik, es sei seine Verantwortung, sich um sie zu kümmern, so dass er ein paar Nächte bei ihnen geschlafen hat. Später habe ich ihm dann aber verboten, dort zu übernachten. Er durfte dann auch nur noch ein paar Mal pro Woche nach unten.«
    »Warum?«
    »Er musste doch sein Leben hier oben weiterführen. Es war wichtig, dass niemand etwas bemerkte.«
    »Wann ist er von zu Hause ausgezogen?«
    »Ich habe ihn vor die Tür gesetzt, als er dreiundzwanzig Jahre alt war. Mit Druck. Er hat mich angefleht und darum gebettelt, bei seiner Familie bleiben zu dürfen.«
    »Warum haben Sie ihn fortgeschickt?«
    »Ich wollte, dass er ein normales Leben führt. Außerdem sollte er ja auch den Namen der Familie weiterführen.«
    Liv fuhr sich mit der Hand durch die Haare und stöhnte.
    »So sind sie, die Strandvejfrauen«, sagte sie an Per Roland gewandt.
    »Aber was ist dann mit Cecilie geschehen? Wie ist sie zu den Nachbarn gekommen?«
    »Ich konnte dieses Geschrei nicht länger ertragen.«
    »Und Sie befürchteten vermutlich auch, jemand könnte etwas bemerken, nicht wahr?«
    »Natürlich.«
    »Wer ist auf die Idee gekommen, das Kind den Nachbarn zu geben?«
    Benedikte Adelskov starrte auf die Tischplatte. Dann atmete sie tief durch und blickte auf.
    »Erik«, sagte sie.
    »Sie wussten, dass sie noch immer kinderlos waren, obwohl sie seit Jahren alles unternommen hatten, um schwanger zu werden. Hat Erik das Kind dann einfach dort abgegeben?«
    Benedikte Adelskov nickte lautlos.
    »Hat er Geld dafür bekommen?«
    Sie

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