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Blutschnee

Blutschnee

Titel: Blutschnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Box
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Weg.
    Denk an was anderes, schärfte er sich ein – an was Schöneres.
    Also stellte er sich vor, wie es wäre, bald mit April auf dem Schoß diese Straße herunterzukommen. Er lächelte unter seinem Helm und gelobte, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

    Ein Mann auf einem Motorschlitten blockierte die Straße zum Lager, und Joe vermutete, dass er ihn schon lange gehört hatte. Der Mann trug einen schwarzen Schlittenoverall, hatte ein Sturmgewehr unterm Arm und winkte ihm, anzuhalten. Joe drosselte das Tempo – seine Rückenmuskulatur und die gebrochene Rippe taten von der anstrengenden und schnellen Fahrt höllisch weh –, richtete sich auf und kam einen guten Meter vor dem Mann zum Stehen. Morgenlicht drang durch die Kiefernkronen, wurde vom Schneetreiben aber weitgehend geschluckt.

    »Schalten Sie den Motor aus«, befahl der Mann.
    Joe überging diese Anweisung und klappte sein Visier hoch. Quietschend löste sich ein Eisfilm von den Scharnieren. Joe war von der anstrengenden Fahrt erschöpft, und sein Atem stieg in weißen Wolken auf.
    »Ach, Sie sind es«, sagte der Mann. »Sie kenne ich doch von der Besprechung in der Forstverwaltung.«
    »Sind sie da oben?«, fragte Joe besorgt.
    Der Mann nickte. Joe wusste, dass er bei der Polizei von Saddlestring war, kannte aber seinen Namen nicht.
    »Ist schon was passiert?«
    »Ich hab nichts gehört. Bisher gab’s keine Schüsse«, sagte der Polizist. »Unsere Funkgeräte sind ausgeschaltet – deshalb weiß ich nicht, ob verhandelt wird.«
    Joe atmete tief aus. Gott sei Dank, dachte er – ich bin nicht zu spät. »Ich habe eine dringende Nachricht für Sheriff Barnum. «
    »Ich darf Sie nicht durchlassen«, sagte der Polizist.
    »Ich hab gesagt, es ist dringend«, erwiderte Joe mit einer Stimme, deren drohender Unterton ihm fremd war. »Niemand konnte ihn erreichen, weil alle Funkgeräte ausgeschaltet sind.«
    Der Polizist zögerte. »Ich kann leider nicht über Funk nachfragen, ob ich Sie durchlassen darf.«
    »Richtig, das können Sie nicht«, bestätigte Joe. »Und deshalb fahre ich jetzt weiter.«
    »Na ja …«
    Joe klappte sein Visier herunter, wich dem Polizisten aus und raste weiter die Straße hinauf. Im gesprungenen Rückspiegel sah er den Mann die Hände heben und frustriert in den Schnee treten.

    Die Schneeraupen reihten sich dicht an dicht auf der Straße vor dem Lager der Souveränen und bildeten eine Schützenlinie aus Glas und Stahl. Hinter ihnen standen Motorschlitten in allen erdenklichen Winkeln. Joe drosselte sein Tempo und erhob sich beim Näherkommen von seinem Sitz, um die Lage einzuschätzen. Dabei blinzelte er aus tränenden Augen durch ein so dichtes Schneetreiben, dass ihm die Szenerie wie von Rauch verhüllt erschien.
    Als er die Fahrzeuge erreichte, erkannte er, dass die Mitglieder des Angriffsteams den gleichen schwarzen Overall und Helm trugen wie er. Ob Autobahnpolizisten, Ranger der Forstverwaltung, Hilfssheriffs, Mitglieder der Polizei von Saddlestring oder gar FBI-Männer: Wegen ihres identischen Outfits vermochte Joe sie nicht zu unterscheiden. Er wollte sich zunächst an Einheimische wenden, die ihn womöglich kannten und ihm trauten, doch er wusste nicht, bei wem er anfangen sollte. In der Anonymität ihrer Overalls und Helme, dachte Joe, können diese Männer zu allem fähig sein.
    Die meisten kauerten hinter dem schützenden Stahlwall der Raupen, hatten ihre Waffen auf die Hauben der Fahrzeuge gestützt und zielten aufs Lager. Jemand im schwarzen Overall winkte ihm zu, während ein anderer sich von den Raupen entfernte und ihm den Weg vertrat.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«, fragte er und klappte Joes Visier auf. Zornig beugte Joe sich über seinen Lenker und tat es ihm gleich, und der Mann trat zurück, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Es war Hilfssheriff McLanahan.
    »Wo ist Barnum?«
    »Warum sind Sie hier?«, wollte McLanahan wissen.
    »Ich hab Sie was gefragt«, erwiderte Joe.
    Der Hilfssheriff straffte die Schultern, als wollte er über ihn herfallen.

    Joe griff intuitiv nach seiner Schrotflinte, die noch mit Gummiseilen an seinen Sitz geschnallt war. McLanahan zögerte.
    »Nun hören Sie schon auf, Hilfssheriff«, sagte Joe. »Ich muss mit dem Sheriff sprechen – jetzt! Spud Cargill ist nicht hier oben. Das kann ich beweisen.«
    McLanahan hatte wie ein knallharter Bursche wirken wollen, doch nun zeugte seine Miene von Verwirrung.
    »Was?«
    »Er war die ganze Zeit in der Kirche. In der Ersten

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