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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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metallisch vorgekommen. Einige Nuancen wärmer als der, den der saure Regen verströmte, wenn er, endlich dort angekommen, auf die Straßen der Unterstadt prasselte. Anders als der Regen roch Blut nach Fleisch, unverwechselbar in seinem Geruch. Ein Geruch, der einem bei viel Blut nicht mehr aus der Nase wollte. Nicht mehr aus dem Kopf.
    Erinnerungen aufscheuchte.
    Naomi träumte nicht mehr vom Blut der Toten, aber die Übelkeit war niemals ganz abgeklungen, in all den Jahren nicht. Auch jetzt kam ihr ihr Mageninhalt die Kehle hochgekrochen, als Naomi die Tür des Spinds so weit wie möglich aufstieß. Überall im Spindinneren das Blut des Mädchens, zähflüssig und schon mehr braun als rot. Auf dem Schrankboden ein ganzer See, der überfloss und sich dabei von der Feuchtigkeit der Schwimmhalle nährte. Aus diesem See tropfte das Blut auf die Fliesen des Umkleideraums. Jeder Tropfen zerbarst in unzählige weitere, als Sprenkel auf den Fliesen vor dem Spind.
    Wieder jemand tot. Noch eine Leiche. Eine in der Wäscherei und nun eine hier. Okay, Naomi hatte den Hexer getötet und Carson die Leiche nur bewegt. Aber warum hatte Katie sterben müssen? Der Mord an ihr trug eindeutig die Handschrift eines Agenten der Kirche. Schnell, brutal und gründlich.
    Hatte Carson Katie getötet, um etwas zu bekommen, das er brauchte?
    Oder war sie ihm nur zufällig in die Quere gekommen? Hatte sie vielleicht etwas gesehen, was sie nicht hätte sehen dürfen?
    Himmel, war sie vielleicht einer von Carsons Spitzeln gewesen?
    Naomi stützte sich am Spindrahmen ab. Sie überlegte, wie siebei der Durchsuchung der Räumlichkeiten, nein, des Gebäudes am besten vorginge. Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, da überraschte sie etwas ganz anderes. Das Licht flackerte. Einen Atemzug später erlosch es ganz.
    Vier Sekunden lang lastete endlos erscheinende Stille auf dem Zeitlos , Totenstille, die nur das wilde Pochen von Naomis Herzschlag durchbrach. Kein elektrisches Summen mehr. Kein Plätschern und Blubbern der Whirlpools mehr.
    Unmöglich.
    Die Nackenhaare stellten sich Naomi auf, als sie sich in der undurchdringlichen Schwärze, die auf das plötzliche Erlöschen des Lichts folgte, zwang, sich zu bewegen und aufzustehen. Der Stromausfall reichte, um neues Adrenalin durch Naomis Adern zu pumpen. Dann flackerte das Licht, Strom versuchte über Leitungen wieder dorthin zu gelangen, wo er gebraucht wurde. In den kurzen Lichtphasen durchquerte Naomi den Umkleideraum, stieß die Schwingtür auf und rannte in Richtung Eingangstüren zum Pool-Bereich los. Sie kam gerade einmal drei Schritte weit. Mit Macht entlud sich links von ihr elektrische Energie in einem Funkenregen. Um ihr Gesicht zu schützen, riss Naomi den Arm hoch, fluchte laut. Das Knistern und Zischeln offener Stromleitungen erfüllte die Luft. Hinter ihr hörte Naomi eine Frauenstimme etwas erschrocken rufen, zu schnell, um es durch das Knistern hindurch zu verstehen. Der Funkenregen legte sich, die Funken selbst zerstoben auf den Schieferplatten zu nichts. Vorsichtig umging Naomi ein dickes Leitungsbündel, das von der Decke hing.
    Unter den Entladungen erwachten die Leitungen zuckend zum Leben. Das Bündel wand sich wie eine angriffslustige Schlange und gab ein dumpfes elektrisches Brummen, halb Zischen, halb Fauchen, als Warnung vor seiner Bösartigkeit von sich. Das lose Ende des Kabels schlitterte über den Boden, viel zu nah am Wasser.
    »Naomi!«
    Sie schrak zusammen und wirbelte im selben Atemzug herum. Sie sah, wie der Rotschopf, den Phin Cally genannt hatte, ihr hektisch Zeichen gab, von dort zu verschwinden, wo sie stand.
    Das Kabel sprühte erneut Funken, gleißend weiß und eisblau regneten sie über den Boden. »Seien Sie vorsichtig, da fließt ein Wahnsinnsstrom durch!«, schrie Cally; ihre Stimme hallte schaurig von den Wänden wider. »Wenn das Ding ins Becken fällt   …«
    »Schon kapiert!« Naomi gab ihr mit einer Geste zu verstehen, nicht näher zu kommen. »Gehen Sie und hol… O Gott!« Mit einem Mal schlug ihr das Herz bis zum Hals. Es schnürte ihr die Kehle ab, als drücke sie ihr jemand zu. »Scheiße, oh verdammt! Holen Sie Hilfe!«
    Naomi kümmerte sich nicht darum, ob der Rotschopf tat wie verlangt. Sie dachte nicht einmal mehr darüber nach, ob sie den Befehl laut herausgebrüllt hatte, es nur hatte tun wollen, oder ob die Welt nur wegen ihr mit kreischenden Bremsen voll gegen die Wand gefahren war.
    Innerhalb von Sekunden sprintete Naomi

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