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Blutschuld

Blutschuld

Titel: Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karina Cooper
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atmete aus; ganz langsam ließ sie die Luft aus ihren Lungen entweichen. Dann atmete sie ein. Tief. Tiefer. Dann atmete sie aus.
    Es spielte keinerlei Rolle. Ein. Aus.
    Ihre Haut prickelte, als stächen Myriaden von Nadeln auf sie ein. Das Prickeln tanzte über Naomis Gesicht, ihre Hände. Sie atmete ein und aus, bemühte sich, Luft zu bekommen, kämpfte darum.
    Naomi ließ den Kopf rücklings gegen die Wand knallen. Die Wand erbebte, die Fensterscheibe zitterte. »Nein!«, stieß sie hervor und knirschte mit den Zähnen. Schmerz strahlte von Prellung und Hämatom am Hinterkopf in alle Richtungen aus, überschwemmte alle Synapsen, die Naomis Verstand in Hysterie verwandeln wollten. Sie biss fest die Zähne zusammen und ballte die Fäuste.
    Dann stemmte sie sich hoch auf die Füße. Keine Zeit für einen Zusammenbruch. Das Zimmer um sie herum, alles drehte sich. Die Wände kamen auf sie zu und engten sie ein, nahmen ihr die Luft, während Naomi mit aller Kraft versuchte, ihr seelisches Gleichgewicht wiederzugewinnen. Ihre Fingerspitzen kribbelten, und immer noch fühlte sich die Haut auf ihrem Gesicht an, als liefen Ameisen darüber. Naomi legte den Arm wie zum Schutz über die Augen und ging mit steifen, unsicheren Schritten hinüber zum Aufzug.
    Konzentrier’ dich, verdammt!
    Der Mann, der durch die Geheimtür verschwunden war, war etwa ein Meter siebzig groß. Wiegen dürfte er   – Naomi zwang ihr Gehirn zu arbeiten   – wohl um die fünfundsiebzig Kilo. Ihre Fingernägel bohrten sich in die Handflächen, während sie die neutral gehaltene Verkleidung der Aufzugtüren anstarrte. Vielleicht auch nur knapp siebzig Kilo.
    Schmerz wütete in ihrer Brust. Naomi achtete nicht darauf.
    Der Kerl, der sich eben davongemacht hatte, war ein Gepäckboy gewesen. Oder zumindest jemand, der vertraut genug wirkte, um sich unbemerkt unters Personal zu mischen. Carson? Nein, der war größer.
    Der Hexer? Immerhin stimmten Größe und Gewicht in etwa. Hatte er überall im Haus Zugang?
    Konnte es sein, dass alle in diesem scheißnoblen Goldkäfig mit drinsteckten?
    Steckten sie mit Carson unter einer Decke oder mit den Magiebesessenen?
    Handelte es sich vielleicht um dieselbe Decke, war es vielleicht ein und dasselbe Ding, das hier gedreht wurde? War Naomi gerade über ein ganzes Nest von im Untergrund lebenden Hexen und Hexern gestolpert? Über einen neuen Zirkel vielleicht?
    Scheiße, verflucht noch mal!
    Sie schluckte den schalen Nachgeschmack von Angst hinunter, der ihr die Kehle hinaufkroch. Bis in die Halsschlagader spürte sie ihren in plötzlicher Panik schnelleren Puls, da, gleich unter der Haut, und biss die Zähne zusammen.
    Eine Minute. Nur eine Minute, dann würde sie den Aufzug rufen. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war ein anderer Gast, der sich einfühlsam nach ihrem Befinden erkundigte. Und Gerüchte streute.
    Gerüchte, die schließlich auch Phin Clarke zugetragen würden.
    Viel zu leicht projizierte ihre Erinnerung sein Gesicht vor ihrem inneren Auge, dunkle Augen wie schmelzende Schokolade, süß wie die Sünde. Allein der Gedanke an Phins Lächeln beruhigte ihre in Aufruhr geratenen Nerven wie eine körperliche Liebkosung. Naomi presste die zu Fäusten geballten Hände in die Augenhöhlen, bis ihre Augen schmerzten.
    Es war dumm gewesen, Phin so zu reizen. Ihn herauszufordern. Ihn an sich heranzulassen. Zu erlauben, dass seine glatte Ausstrahlung ihre Selbstkontrolle einriss, bis sie nur noch in reiner Wonne schwelgte.
    Das war dumm gewesen, ja. Aber geirrt hatte sie sich gewiss nicht. Die Familie Clarke würde ums Verrecken nicht ihr florierendes Unternehmen riskieren, um Magiebesessenen Unterschlupf zu gewähren. Oder Alexandra Applegate unter ihrem Dach zu ermorden. Phin Clarke war dafür verdammt zu verliebt in seine Designer-Anzüge.
    Gerade glitt die schlichte Edelstahltür mit dem typischen Zischen auf. Immer noch benommen fischte Naomi, ganz auf Automatik, nach der Schlüsselkarte für Gäste, die im Bund ihrer zerknautschten Hose steckte.
    Erst da ging ihr auf, dass sie den Aufzug gar nicht gerufen hatte.
    Fast gleichzeitig brannte sich ein Feuerkreis aus gleißend blauem Licht in die Haut auf Naomis Unterleib.
    »Himmel   ….!« Instinktiv warf sie sich zur Seite, brachte geschmeidig und flink Distanz zwischen sich und den stämmigen Kerl, der sich aus der Aufzugkabine heraus ihr entgegenwarf. Seine Fingernägel kratzten über ihre Haut, als sie ihm gerade noch entwischte.
    Aber er

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