Blutseelen 03: Laira: Erotischer Vampirroman (German Edition)
beschützt bei deinen Unfällen, und er wird immer bei dir sein, aber …“ Sie stockte. Ihre Stimme klang erstickt, als würde etwas ihren Hals einschnüren. „Ich hatte einen Traum. Einen Traum, den dein Vater mir schickte.“
Mit einem Mal wusste Amalia nicht, ob sie für dieses Gespräch stark genug war. Innerlich ging sie in eine Abwehrhaltung. „Ma, geht es dir wirklich gut?“
Die Stimme ihrer Mutter veränderte sich. Sie bekam eine ungewohnte Härte. „Du weißt längst, dass ich recht hatte. Dass du sensibel für die andere Welt bist. Ich spüre deutlich, dass du Teil dieser anderen Welt geworden bist. Teil von Dingen, die normale Menschen in den Wahnsinn treiben. Ich rufe an, dich zu warnen. In meinem Traum sah ich deinen Tod. Schon sehr bald. Deshalb ist es wichtig, dass du die Hilfe deines Vaters zulässt. Und dass du auf die Götter vertraust. Du bist nicht umsonst in Kemet. Trägst du die Kette noch, die dein Vater dir gab?“
Verwirrt griff sich Amalia an den Hals. Auf ihrer Brust lag der Engel Maries. Die Kette, die vermutlich irgendwann einmal Gracia gehört hatte, ehe sie sie fortwarf und Aurelius sie Marie schenkte, ihrer Vorfahrin. „Ja. Ich trage sie.“
„Gut. Die Familie deines Vaters ist eine besondere Familie. Aber ich bin sicher, das weißt du bereits. Mir bleibt nicht mehr viel zu sagen, ehe ich auflege, Lia. Doch eines ist sehr wichtig: Vertrau darauf, dass ich dir alle Kraft schicke, die ich dir geben kann. Nimm dieses Geschenk unbedingt an. Du bist mein Kind, und ich spüre deine Lügen, wie ich deine Angst fühle. Hör mir gut zu: Du darfst dich deiner Angst nicht ergeben! Du darfst nicht zögern. Geh deinen Weg, und vertrau auf die Götter.“
Amalia blinzelte. Sie kämpfte gegen Tränen. Noch vor wenigen Wochen hätte sie ihrer Mutter bei einem solchen Gespräch dringend einen Termin in der Psychiatrie angeraten. Sie fühlte sich unwirklich, spürte aber zugleich eine tiefe Verbundenheit und Dankbarkeit. Der Graben zwischen ihnen war nur ein Konstrukt ihrer Gedanken. Es gab ihn nicht. Liebe umfing sie. In diesem Augenblick begriff sie, dass sie ihrer Mutter und allen Ahnen näher stand als jemals zuvor. Dieses Wissen vermittelte ihr Kraft. Es fühlte sich an, als würde eine schwere, warme Hand auf ihrer linken Schulter liegen. Die Sorgen in ihr wichen, auch der Schmerz an ihrem Hals ließ nach. Ihr Magen beruhigte sich und eine große Klarheit kam über sie. „Gut“, sagte sie schlicht. „Ich werde tun, was du mir gesagt hast. Ich danke dir.“
„Meine Liebe wird mit dir sein. Vergiss das nicht. Meine Liebe und die all deiner Vorfahrinnen.“
Ehe Amalia noch etwas sagen konnte, legte ihre Mutter auf. Amalia stand aufrecht in dem fremden Haus in Memphis und betrachtete das unscheinbare Gerät in ihrer Hand. Obwohl die Verbindung unterbrochen war, fühlte sie die Nähe ihrer Eltern mit aller Deutlichkeit. Noch immer ruhte die unsichtbare Hand auf ihrer Schulter. Von ihr strömte warme Energie zu ihrem Hals. Tief einatmend berührte sie die verheilende Bisswunde.
„Ich bin nicht allein“, flüsterte sie. „Was auch immer geschehen mag.“
Kapitel 6
In der Wüste
Die Sonne brannte unbarmherzig auf das Lager und die Umgebung. Aurelius überlegte im Schatten eines Findlings angestrengt, wie er in das Labyrinth vordringen konnte. Er hatte den Lkw verlassen und suchte das Gelände seit einiger Zeit weitläufig nach weiteren Zugängen ab. Der gesprengte Eingang stand unter bester Bewachung. Aber vielleicht gelang es ihm, einen weiteren Zugang zu finden. Die Hoffnung war verschwindend gering, das wusste er. Ob Amalia ihm mit dem Plan des Labyrinths helfen konnte? Vielleicht kannte sie eine Stelle, an der die Decke besonders dünn war oder an der es zusätzliche Ausgänge gab. In seiner eigenen Erinnerung fand er eine solche Stelle nicht. Überhaupt hatte er kaum noch Bilder aus dem alten Ägypten in sich. Dabei musste er bereits in dem Labyrinth gewesen sein.
Nervös sah er sich um. Weit und breit lagen Sand und Steine um ihn. Er stieß ein leises Seufzen aus, kaum mehr als ein intensives Ausatmen. So dicht am Ziel fand er keine Möglichkeit, Rene zuvorzukommen. Aber es musste sie geben.
Mit einem kurzen Blick auf die Uhr stellte er fest, wie lange er Amalia schon warten ließ. Es war an der Zeit, sich die Niederlage einzugestehen und unverrichteter Dinge zurückzukehren. Seine ganze Hoffnung lag nun auf dem Plan, den sie zeichnete. Wenn er in der
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