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Bluttat

Bluttat

Titel: Bluttat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sagte: »Zu Anfang war er richtig nett und moralisch einwandfrei. Ich glaubte, ich hätte jemanden gefunden, der aufrichtig war.«
    Ihre Augen wurden leer. Dann gewannen sie ihre Klarheit zurück und richteten sich auf Allison. »Soll ich die ganze Vorgeschichte erzählen?«
    »Soweit es Ihnen angemessen erscheint, Beth.«
    Beth holte tief Luft und straffte die Schultern. »Mein Vater hat meine Mutter verlassen, als ich achtzehn Monate alt war, er ist eine Art Dachdecker, aber ich weiß nicht viel über ihn, und ich habe keine Brüder oder Schwestern. Meine Mutter ist von Texas nach Willits gezogen - das liegt im Norden -, dann hat sie mich verlassen, als ich acht war, um Pferde in Kentucky zu züchten. Ich habe schwere Lernbehinderungen. Wir haben uns immer wegen der Schule und allen anderen Sachen gestritten. Sie hat mir immer gesagt, ich wäre ein schwer erziehbares Kind, und als sie fortging, hab ich gedacht, es wäre meine Schuld.«
    Sie presste die Knie zusammen, silbern glänzende Knubbel in grauem Nylon.
    »Sie hat Pferde schon immer gemocht. Meine Mutter. Hat sie mehr gemocht als mich, und das sage ich nicht nur so. Ich dachte früher, es wäre passiert, weil ich ihr Schwierigkeiten machte. Jetzt weiß ich, dass sie faul war und nur ein Tier haben wollte, das man leicht trainieren konnte.«

34
    Beth Scoggins hörte auf zu reden und starrte an die Decke.
    Allison sagte: »Beth?«
    Beth senkte den Kopf und stupste mit dem Schuh gegen die Handtasche auf dem Boden. Holte tief Luft. Setzte die Geschichte mit leiser, ausdrucksloser Stimme fort.
    Wie sich eine verwitwete Großmutter mütterlicherseits um sie kümmerte, die sich mehr schlecht als recht mit einem Secondhandladen durchschlug. Wie sie die Schule überstand, ohne viel zu lernen. Wie sie mit zwölf Jahren Jungs, Rauschgift und Schuleschwänzen entdeckte und an ihrem dreizehnten Geburtstag bereits eine gewohnheitsmäßige Ausreißerin war.
    »Grandma wurde wütend, aber sie nahm mich immer wieder zu sich. Die Cops sagten, sie könnte mich für unverbesserlich erklären lassen, aber sie dachte, sie müsse sich für mich verantwortlich zeigen.«
    Wenn sie meine Patientin gewesen wäre, hätte ich vielleicht darauf hingewiesen, dass ihrer Großmutter etwas an ihr lag.
    Das hier war keine Therapie.
    Was war es dann?
    »Das letzte Mal hab ich es bis nach Louisville geschafft. Hab den Bus genommen und bin getrampt und hab sie schließlich nach einer Woche gefunden. Meine Mom. Sie hatte eine andere Frisur, war mager geworden, war mit einem Pferdepfleger verheiratet, und sie hatten ein Baby, wirklich süß, ein Mädchen. Amanda. Sie sah mir kein bisschen ähnlich. Meine Mutter ist fast ausgeflippt, weil ich aufgetaucht bin. Sie konnte nicht glauben, wie groß ich geworden war. Sie sagte, ich könnte bleiben. Ich hing ein paar Tage dort rum, aber ich mag keine Pferde, und es gab nichts für mich zu tun, also bin ich wieder zurück. Grandma bekam eine Leberkrankheit von ihrer Trinkerei und starb, und dann hat man den alten Kram aus ihrem Laden in Kisten gepackt und weggebracht. Ein paar Leute von der Fürsorge wollten mit mir reden, aber ich hab gemacht, dass ich wegkam.«
    Sie verfiel wieder in Schweigen.
    Eine Geschichte, die der von Troy und Rand nicht unähnlich war. Aber sie hatten ein Kind ermordet. Diese junge Frau war bemüht, etwas aus sich zu machen. Stellte sich dabei nicht schlecht an, bis ein Fremder bei ihr anrief.
    Allison sagte: »Sie machen das ganz prima, Beth.«
    Beths sommersprossige Hände griffen in den Stoff ihres Rocks. »Ich bin hoch bis nach Oregon gegangen, dann zurück nach Willits. Ein paar Leute wollten nach L.A. fahren, um ein Konzert am Anaheim Pond zu besuchen. Sie sagten, sie würden mir eine Karte besorgen. Das haben sie nicht getan, aber ich war hier, also bin ich geblieben. In Hollywood. Ich hab ein paar andere Leute kennen gelernt.« Sie blinzelte mehrmals. »Ich bin in einem Frauenhaus in Glendale gelandet, das von dieser kirchlichen Schule geleitet wird. Man hat mich Mrs. Daney zugeteilt, und sie war nett, ihre Haare haben mich an die von meiner Mom erinnert. Sie sagte, ich könnte das Frauenhaus verlassen und zu ihr ziehen, sie hätte noch andere Mädchen, alle wären cool, ich dürfte nur keine Drogen nehmen. Ich bin bei ihr eingezogen, und es war okay, abgesehen davon, dass zu viel gebetet wurde und die anderen Kids hauptsächlich aus Mexiko kamen. Mrs. Daney hat alle zu Hause unterrichtet, sie hatte all diese Bücher und

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