Bluttat
heran.
Ein Rudel, das es genoss zu töten.
Die Gewalt in der Nahrungskette. Das ergab einen Sinn, und ich fand den Lärm tröstlich.
Ich las bis zwei Uhr nachts, schlief auf der Couch ein und schaffte es, mich um drei ins Bett zu schleppen. Um sieben stand ich auf, wach, ohne ausgeruht zu sein. Laufen wollte ich auf gar keinen Fall. Trotzdem zog ich meine Joggingsachen an und war auf dem Weg zur Tür, als Allison aus Greenwich anrief.
»Guten Morgen, mein Hübscher.«
»Morgen, meine Schöne.«
»Ich bin froh, dass ich dich erwischt habe.« Sie klang ein bisschen niedergeschlagen. Einsam? Oder vielleicht lag das an mir.
»Wie ist das Leben mit Grandma?«
»Du kennst ja Grand-« Sie lachte. »Du kennst sie nicht, oder? Obwohl wir hier Temperaturen unter null haben, bestand sie heute Morgen darauf, dass wir einen Spaziergang über das Gelände machen und nach ›einzigartigen Blättern‹ suchen. Sie ist einundneunzig und pflügt durch den Schnee wie ein Trapper. Sie hat Botanik in Smith studiert und behauptet, sie hätte ihren Doktor gemacht, wenn sie nicht mit zwanzig ›in die Ehe fortgerissen‹ worden wäre.«
»Habt ihr was gefunden?«, fragte ich.
»Nachdem ich eine Schneewehe von über einem Meter durchgewühlt hatte, hab ich ein verschrumpeltes braunes Ding rausgezogen, das sie ›interessant‹ fand. Meine Finger waren taub, und ich hatte Handschuhe an. Gram verschmäht natürlich Handbedeckungen, es sei denn zum Mittagessen in der Stadt.«
»Eine tolle Generation. Wie groß ist das Grundstück?«
»Fünf Hektar, mit jeder Menge Bäume und seltenen Pflanzen, die sie im Lauf der Jahre gesetzt hat.«
»Klingt nett.«
»Es ist allmählich ein bisschen runtergekommen«, sagte sie. »Und das Haus ist viel zu groß für sie. Sitzt du immer noch an deinen Gutachten?«
»Ich bin inzwischen aufgestanden.«
»Schön für dich.«
Vor ihrer Abfahrt hatte ich sie gefragt, ob ich sie auf einem Teil der Reise begleiten solle. »Wenn es nach mir ginge, könntest du die ganze Zeit bleiben, aber Gram ist besitzergreifend. Es ist wie ein Ritual - die ›ganz besondere Zeit‹ mit jedem ihrer Enkelkinder.«
Mit neununddreißig war Alison das jüngste Enkelkind.
»Halte ich dich von irgendwas ab?«
»Nein, keineswegs«, sagte ich und fragte mich, ob das wohl stimmte.
»Mit den Konsultationen alles okay?«
»So gut, wie zu erwarten war.«
»Was ist denn sonst noch los, Baby?«
Ich überlegte, ob ich ihr von Duchays Anruf erzählen sollte. »Nichts Aufregendes. Um wie viel Uhr kommt dein Flugzeug an?«
»Das ist einer der Gründe meines Anrufs. Gram hat mich gebeten, meinen Besuch um weitere zwei Wochen zu verlängern. Man kann ihr nicht leicht was abschlagen.«
»Sie ist einundneunzig«, sagte ich.
»Die Zimmer riechen nach Kampfer, und ich komme mir wie hundertzwanzig vor. Mir fällt allmählich die Decke auf den Kopf, Alex. Sie geht um acht ins Bett.«
»Du könntest Engel im Schnee machen.«
»Ich vermisse dich«, sagte sie.
»Ich dich auch.«
»Ich hab gedacht, wir könnten vielleicht etwas dagegen unternehmen. Gram erwartet morgen eine Freundin aus St. Louis, sodass sie drei Tage beschäftigt ist. Die Hotels in New York gewähren in den Tagen nach Neujahr Spezialtarife. Hohe Rabatte und Suiten zum Zimmerpreis.«
»Wann soll ich dort sein?«, fragte ich.
»Im Ernst?«, sagte sie.
»Im Ernst.«
»Das ist toll - bist du sicher?«
»Hey«, erwiderte ich, »natürlich bin ich sicher.«
»Oh, Mann«, sagte sie. »Du hast keine Ahnung, was du gerade für meine Stimmung getan hast. Gibt es eine Chance, dass du es bis morgen schaffst? Ich könnte den Zug nehmen und zu der Zeit im Hotel sein, wenn du ankommst.«
»Welches Hotel?«
»Wenn ich mit meinen Eltern in New York war, haben wir immer im St. Regis übernachtet. Die Lage ist perfekt - in der Fifty-Fifth um die Ecke von der Fifth Avenue -, und sie haben auf jeder Etage einen Butler-Service.«
»Nette Sache, wenn der Butler nicht aufdringlich ist.«
»Das ist er nicht, wenn wir im Bett bleiben und ihn nicht rufen.«
»Welches Bett kriege ich?«, fragte ich. »Das obere oder das untere?«
»Ich dachte mehr an die Nebeneinander-Variante.«
»Ich bringe eine Taschenlampe mit, und dann spielen wir Zeltlager.«
»Alex, es ist unglaublich flexibel von dir, dass du das tust.«
»Ganz und gar nicht«, erwiderte ich. »Ich handle aus reinem Selbstinteresse.«
»Das ist das Beste daran«, sagte sie.
Ich buchte einen Flug um neun Uhr früh ab
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