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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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„Mitkommen!“ zu. Dann
stapfte er voraus, ohne sich ein einziges Mal umzusehen.
Erst im Zellentrakt des Quartiers machte der Mann halt. Er deutete auf einen
Schrank voller Putzutensilien und wies sie an, eine der Zellen zu säubern, die
offenbar vor Kurzem benutzt worden war.
    Nicht jeder Verurteilte, der hier seiner Strafe zugeführt
wurde, konnte gleich nach Hause zurückkehren. Je länger die Strafe und je
schwerer die Verbrennungen, umso länger zog sich die Heilung hin. Diese Zeit,
manchmal viele Tage, verbrachten die Bestraften in diesen Zellen.
Lukas machte sich schnell und geübt daran das Bett abzuziehen, während der
Wächter sich draußen auf dem Flur auf einer Bank niederließ und Zeitung las.
„Ich denke, kehren bringt im Moment noch nichts“, bemerkte Lukas zu Sergej, der
lustlos den Besen über den Boden schob. Er zog das Laken von der schmalen
Matratze und schüttelte es dabei. Ein Regen kleinerer und größerer Hautschuppen
landete auf den grauen Steinplatten. Sergej verzog angewidert das Gesicht.
    Lukas verspürte ein unbehagliches Kribbeln entlang der
Wirbelsäule. Sein Bett hatte damals jeden Abend so ausgesehen, während seine
Haut sich erneuerte.
Bluttrinker, die niemals in eine solche Situation gerieten, glaubten oft
tatsächlich, die Strafe bestünde in der Zeit, während derer der Körper bei
lebendigem Leib in der Sonne verbrannte. Lukas wusste es besser. Nach ein paar
Stunden verlor jeder das Bewusstsein und damit das Schmerzempfinden. Die
eigentliche Qual fand hinterher, in diesen Räumen statt.
Hier gab es keine erlösende Ohnmacht, welche die Schmerzen vorzeitig beendete.
Der Heilungsprozess war weniger spektakulär, aber langwierig, qualvoll und
demütigend.
    Lukas schüttelte sorgfältig das Bettzeug aus, bevor er es in
einen Wäschesack steckte. Er überzog mit geübten Handgriffen das Bett neu und
schnappte sich den Besen, um den Raum auszufegen. Sergej war vollauf damit
beschäftigt, nicht übermäßig im Weg rumzustehen.
„Meine Fresse“, brummte er. „Hast Du bei `ner Putzfirma gearbeitet?“
Lukas lachte. „Ich war im Internat. In der Burg.“
„Ach Teufel, ein Eliteschüler! Hätt ich mir denken können.“
Sergej lümmelte sich auf den unbequemen Holzstuhl, der neben einem verschrammten
Tisch zur Ausstattung der Zelle gehörte.
„Elite ist ein guter Witz. Militärakademie würde besser passen. Wenn man lernen
will, wie man Duschen mit der Zahnbürste putzt, ist der Laden unschlagbar.“
    Das war natürlich übertrieben. Zwar mussten die Schüler den
größten Teil der täglichen Verrichtungen, wie Putzen und Bettenmachen, selbst
erledigen, doch der Grund, weshalb er so viel Zeit mit der Zahnbürste auf dem
Fußboden des Duschraums verbracht hatte, war seine eigene Disziplinlosigkeit
gewesen.
Als Jeremias ihm und Ricardo ihre Abschlusszeugnisse überreichte, machte er
sogar Witze darüber, indem er sich fragte, ob wohl die Sanitäreinrichtungen der
Schule je wieder so sauber sein würden, wie in den vergangenen fünf Jahren.
    Lukas wischte noch mit einem Lappen über die Tischplatte und
betrachtete zufrieden sein Werk. Als er sich umdrehte, stand Karol in der Tür.
Seine Miene war unbewegt, während er die Arbeit kontrollierte. Offenbar fand
der Wächter keinen Kritikpunkt. Er wies die beiden an, die Putzsachen wegzuräumen
und scheuchte sie weiter zum Archiv. Lukas wurde das Gefühl nicht los, dass der
Mann wesentlich besser aufgepasst hatte, als zumindest Sergej zu glauben
schien.
    Den Rest des Tages und die Nacht verbrachten sie damit,
staubige Akten von einem Regal ins andere zu räumen.
Nun ja , sagte sich Lukas, als er gegen zehn Uhr vormittags unter der
Dusche stand, selbst für einen angehenden Jäger kann nicht jeder Tag
spannend sein.

23
    Seit sie mit einem Bluttrinker zusammenlebte, hatte Tony zum
ersten Mal ihre Freundinnen eingeladen. Sie war überzeugt, nicht die Einzige zu
sein, die sich dabei merkwürdig fühlte.
    Lilly, Sabine und Julia waren seit Jahren mit Tony
befreundet. Sie hatte die drei Frauen ernstlich vermisst. Besonders nervös war
sie wegen Julia. Schließlich quälte sie infolge ihres unrühmlichen Verhaltens
noch immer ihr Gewissen. Julia ahnte ja nicht, was wirklich geschehen war.
Keine der Frauen schien ihr langes Schweigen übel zu nehmen. Womöglich fanden
sie es normal, dass Tony sich während der letzten Wochen völlig auf den neuen
Mann in ihrem Leben konzentriert hatte. Tony erschien diese Einstellung
befremdlich. Wäre Lukas ein

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