Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
Vom Netzwerk:
keine Vasen. Er gab es auf und stellte die Sträuße in zwei Wasserkannen, ließ einen Strauß in der Küche und trug den anderen in Marias Zimmer. Ihre alten Möbel waren gekommen. Das Bett war gemacht, eine Kissenparade, unterbrochen von ein paar ihrer alten Teddys. Die Poster an der Wand … halbnackte junge Menschen, die er nicht kannte. Musiker? Sportler? Er hatte keine Ahnung.
    Lars stellte den Strauß auf ihren Tisch. Die Blumen ließen die Köpfe hängen. Er hätte gern noch eine Zigarette geraucht. Stattdessen ging er ins Wohnzimmer, nahm einen Stift und Papier, faltete ein Blatt zusammen und schrieb:
    Für Maria, meine kluge, hübsche Tochter.
    Herzlichen Glückwunsch.
    Ich bin stolz auf dich.
    Liebe Grüße, Papa
    Die improvisierte Karte stellte er an die Kanne. Maria würde sie sehen, sobald sie hereinkam.
    Er ging ins Wohnzimmer und blieb am Regal stehen. Seine Augen suchten das zerfledderte Exemplar von The Tempest auf dem untersten Brett. Mit aller Kraft zwang er sich, nicht nach dem Buch zu greifen, ging ins Schlafzimmer und warf sich aufs Bett, ohne sich auszuziehen.
    Kurz darauf war er auch schon eingeschlafen.

21
    Allan bog am Nordre Ringvej ab und fuhr die Kurven aus. Sanne folgte mit ihrem Körper den Bewegungen des Wagens und schaute aus dem Fenster. Flache Apartmenthäuser, Geschäftsgebäude, Reihenhaussiedlungen und Grünflächen. Sie hätten – abgesehen von der Ausdehnung natürlich – ebenso gut durch einen Vorort von Kolding fahren können. Nur dieses Monstrum, das die grüne, parkähnliche Umgebung überragte, sah nicht aus wie ein Gebäude aus Westdänemark: Das Glostrup Hospital war der feuchte Traum eines stalinistischen Architekten.
    »Tja, schön ist es nicht gerade.« Allan bog in eine leere Parkbucht ein und stellte den Motor ab. Sanne schüttelte den Kopf und verfolgte am Handy die Wegbeschreibung.
    »Dafür aber hoffentlich effektiv.«
    4. Stock. Sanne sprach eine Krankenschwester an. Hinter ihnen schloss sich die Fahrstuhltür mit einem leisen Seufzer.
    »Entschuldigung, wo finden wir Professor Lau?«
    Die weiß gekleidete Krankenschwester schickte sie den Korridor hinunter zu einer orangefarbenen Tür. Sanne dankte und ging Allan hinterher. Leuchtstoffröhren an der Decke, an der Wand ein längliches Gemälde, das ein giftgrünes Meer mit einem hellblauen, von Wolkenfetzen bedeckten Himmel zeigte. Stilisierte Seeschwalben hingen in eingefrorenen Posen an der flachen Leinwand.
    »Hier muss es sein.« Allan blieb stehen, drückte die Klinke, ohne anzuklopfen, und trat ein. Sanne folgte ihm.
    »Professor Lau?«
    Ein großer Mann in Kittel, Haarnetz und Maske vor dem Gesicht sprang von seinem Mikroskop auf und wedelte mit Händen, die in Latexhandschuhen steckten.
    »Raus!«, brüllte er.
    Die Tür schlug hinter ihnen zu, doch bevor Sanne und Allan einen Gedanken fassen konnten, ging die Tür wieder auf und der Mann kam heraus. Breit wie eine Tonne, hinter der leichten Brille plierten kleine, dunkle Augen. Er nahm den Mundschutz ab, ließ ihn um den Hals baumeln. Rote Flecken bedeckten Wangen und Hals. »Wer hat Ihnen das Recht gegeben, einfach so in mein Labor einzudringen? Es ist reines Glück, wenn die Probe jetzt nicht kontaminiert ist.«
    Allan trat einen Schritt zurück, Sanne hob ihr Kinn.
    »Professor Lau? Entschuldigen Sie, wenn wir etwas kaputt gemacht haben. Aber man sagte uns, dass Sie uns helfen könnten …«
    Der Mann rieb sich die Hände und blickte über Sannes Schulter.
    »Ah ja. Und wer sind Sie?«
    »Sanne Bissen, Polizei Kopenhagen. Und das ist mein Kollege Allan Raben. Könnten wir …?«
    »Kommen Sie.« Lau schritt über den Gang, ohne auf sie zu warten, öffnete die Tür zu einem winzigen Büro mit Aussicht auf den Hintereingang des Krankenhauses und die barackenähnlichen Gebäude auf der anderen Straßenseite. Der Bürostuhl knarrte unter ihm, als er sie mit einer Armbewegung aufforderte, sich auf die beiden Plastikstühle neben der Tür zu setzen.
    »Schießen Sie los.« Er faltete seine fleischigen Hände im Nacken und sah Sanne mit halb geschlossenen Augen an.
    Sanne hob ihre Tasche auf den Schoß, entnahm die kleine Schachtel, die sie von der Technischen Abteilung bekommen hatten, und legte sie wortlos auf die Ecke des Schreibtischs. Die Schachtel verschwand beinahe in den großen Händen des Professors, als er danach griff und den Deckel öffnete.
    »Hm.« Er stellte die Schachtel mit geöffnetem Deckel auf den Tisch. Ein Glasauge auf einem

Weitere Kostenlose Bücher