Blutzeichen: Deadly Sins 2 - Roman (German Edition)
wusste nicht, wieso ihr dies hier eine Gänsehaut bescherte, denn normalerweise war sie nicht zimperlich. Ihr stellten sich jedoch die Härchen an den Armen auf, und sie konnte nicht aufhören, an den Kerker zu denken, in den ihre Mutter sie gesperrt hatte, als sie erstmals versuchte, Fionas Zirkel zu entkommen. Er war ebenfalls kalt gewesen – weniger kalt als dieser Raum, doch immer noch kalt genug. Und auch der Geruch war ähnlich – nicht der antiseptische, sondern diese subtile Todesnote von verwesenden Körpern. Dass sie sich in einem Raum befanden, der leicht zu verriegeln war, sodass sie mit den Toten gefangen sein könnten, jagte Moira Angst ein. Auch dies stellte eine Art von Gefängnis dar – eines, in das Fiona sie zu gern einsperren würde, um sie psychisch zu foltern.
»Moira.« Skye legte eine Hand auf Moiras Schultern, woraufhin diese heftig zusammenzuckte.
»Schon gut. Mir geht es gut.«
Skye glaubte ihr nicht. Wie sollte sie? Gewiss war Moira leichenblass. Sie sperrte ihre Sinne gegen die äußeren Eindrücke. Rico wäre sauer, aber Moira wollte die Geister nicht spüren, die sich hier herumtrieben. Sie war viel zu schreckhaft, genau wie heute Morgen nach ihrer Vision, als sie beinahe Rafe verletzt hätte. Zwar glaubte sie nicht, dass sie es tatsächlich getan hätte; in jenem Moment war das bei ihr aktiv gewesen, was Rico ihren mentalen Muskel nannte: Instinkt und Training, die sie am Leben hielten.
Trotzdem stimmte hier etwas nicht, und auch wenn es sich nicht um Magie handelte, entsprang es ihr. Deshalb verschloss Moira ihre Sinne, legte quasi einen mentalen Schalter um. Sollte Rico doch im Dreieck hüpfen! Immerhin hatte er ihr Blut gestohlen. Da durfte sie ja wohl ihre Energie abschalten, um an diesem Ort der Toten bei Verstand zu bleiben!
Wäre ich bloß bei Rafe und Dr. Fielding geblieben! , dachte Moira. Die beiden waren mit dem Gerichtsmediziner verabredet, der eine ähnliche Anomalie an einem anderen Gehirn festgestellt hatte wie die bei den Opfern des Dämons Neid. Doch bis vor Kurzem hatte sich für Moira ein Raum voller menschlicher Organe gruseliger angehört, als sie sich diese Gruft hier vorgestellt hatte.
Fern informierte sie: »Ich habe noch zwei der Leichen, weiß aber nicht, wie lange ich sie hierbehalten kann. Die Familie der einen wartet auf die Freigabe, denn sie liegt schon zwei Tage bei uns. Laut Autopsie war es ein Herzinfarkt. Wir führen trotzdem zusätzliche Drogentests durch, weil der zuständige Detective denkt, dass Drogen im Spiel gewesen sein könnten. Normalerweise behalten wir die Leiche nicht mehr, wenn wir fertig sind, und die Familie möchte sie nach Michigan überführen.«
»Zwei? Sagten Sie nicht, dass Sie drei Leichen hätten?«, hakte Skye nach.
»Zwei sind noch hier, aber ich habe Fotos von der dritten, die letzte Woche reinkam. Die Leiche, wegen der ich Sie angerufen habe, soll heute Nachmittag obduziert werden.« Sie blickte auf ihre Uhr. »Ich bereite sie in einer Stunde vor.«
»Dürfen wir zusehen?«, erkundigte Skye sich, und Moira musste sich zusammennehmen, um sich bei dem Gedan ken an eine Leiche, die aufgeschnitten wurde, nicht sofort zu schütteln.
»Warum nicht? Ich muss allerdings meinen Boss fragen.«
Bei dem ersten der beiden Opfer handelte es sich um einen Zweiundzwanzigjährigen, der tot in einer Seitengasse hinter einem örtlichen Nachtclub gefunden worden war, die Hosen bis zu den Knöcheln heruntergezogen. Es gab keine sichtbaren Spuren von Gewaltanwendung, und der Officer, der als Erster am Fundort eingetroffen war, sprach von einer möglichen Überdosis. Laut Skye war es durchaus denkbar, bedachte man, wie viele Studenten Drogen konsumierten. Sein Alkoholspiegel hatte nur knapp über der Promillegrenze gelegen.
»Drogen an sich sind schon schlimm, aber mischt man sie mit Alkohol, kommt es einem Massenmord an den Gehirn zellen gleich«, hatte Fern gesagt.
Nun zog sie ein Laken von einer Leiche. »Das ist Craig Mon roe, zweiundzwanzig, Student an der UCLA .«
»Ist er der, den man halbnackt hinter einem Club gefunden hat?«, fragte Skye.
»Ja, hinterm Velocity in Westwood.«
»Sind die Ergebnisse vom Drogen-Screening schon da?«
»Nicht vom zweiten, gründlicheren. Aber der erste konnte die üblichen Sachen ausschließen: kein Koks, keine Einstiche, saubere Lunge. Er hat nicht geraucht, weder Legales noch Illegales. Und in seinem Magen befand sich nichts außer ein paar Bieren, Nüssen und einer gut vorverdauten
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