Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
Unmöglichem rasant gestiegen. Sie wurde zur Bezugsquelle für alle komischen Dinge, von denen es hieß, dass sie beim Fischen, Jagen oder im Liebesleben hilfreich sein konnten, und die man sonst nirgends bekam. Es schadete auch kein bisschen, dass ihre Chefin zudem eine sehr angesagte Voodoo-Priesterin war. Zu ihr konnte man gehen, wenn man einen Liebeszauber brauchte, Rache üben wollte oder sich einfach nur ein bisschen mehr Glück wünschte. Ce Ce hatte für alles eine Lösung.
Bobbie Faye ging durch die vollgestellten Gänge, das warme Licht der altertümlichen Deckenlampen verlieh dem Laden eine gemütliche Atmosphäre, in der man sich sofort zu Hause fühlte (und außerdem blieben die Staubschichten verborgen). Es duftete so gut nach frisch gebackenem Kuchen, dass ihr der Magen knurrte. Sie eilte an dem Bereich des Ladens vorbei, den sie am liebsten hatte (Waffen und Messer), und winkte kurz den Zwillingen Alicia und Allison zu, die an der Kasse für die lebenden Köder arbeiteten. Wirklich niemand konnte die beiden auseinanderhalten. Dann setzte Bobbie Faye eine ganz entspannte Alles-ist-völlig-in-Ordnung-Miene auf und schlüpfte in Ce Ces Büro.
Ihre Chefin telefonierte gerade. Eigentlich hatte sie immer jemanden am Apparat, dessen Probleme sie löste. Und so, wie andere Leute Männchen aufs Papier kritzelten, flocht sie nebenher stets irgendetwas in ihre Dreadlocks. Heute waren es farbenfrohe Perlen. Sie hatte sich gerade so mit ihrem tonnenförmigen Körper zwischen den Schreibtisch und die Wand gequetscht. Bobbie Faye musste lachen, als sie sah, dass Ce Ce ihre großen Brüste als Ablage für die Beutel mit den Perlen benutzte. Erst jetzt, da die Frau über das ganze Gesicht zu strahlen begann, sodass ihre Augen leuchteten, wurde Bobbie Faye bewusst, wie sehr ihr Ce Ces warmes Lächeln gefehlt hatte.
»Das stimmt, Süße«, sagte diese gerade. »Besserer Sex. Für wie viele Kristalle soll ich dich vormerken?« Ce Ce lauschte, während Bobbie Faye sie mit schief gelegtem Kopf beobachtete, dann fragte sie: »Eine Großpackung? Schätzchen, bist du dir sicher? Du willst doch, dass dein Mann das überlebt oder nicht?« Dann lachte Ce Ce, schrieb etwas neben den Namen der Kundin und legte auf.
»Jetzt erzähl mir nicht, dass du diese Kristalle tatsächlich als Aphrodisiakum für besseren Sex verkaufst«, meinte Bobbie Faye. Sie schlängelte sich zwischen haufenweise herumliegenden sonderbaren Gegenständen und Stapeln von Bürokram hindurch und ließ sich dann gegenüber von Ce Ce auf einen Stuhl fallen.
»Natürlich tue ich das, Schätzchen. Der Glaube erzeugt Selbstvertrauen, wusstest du das nicht?«
Bobbie Faye schüttelte nur den Kopf und lachte.
»Also, was willst du, Schätzchen?«, erkundigte sich Ce Ce, ihre rechte mollige Wange auf eine Faust gestützt. »Du hast nämlich diesen gewissen Ausdruck in den Augen.«
Bobbie Faye hatte die Worte: »Ich brauche einen Vorschuss«, noch nicht ganz über die Lippen gebracht, da stellte Ce Ce ihr schon einen Scheck aus.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Ce Ce. »Warum zahlst du deine Stromrechnung immer erst, wenn sie dir den Saft schon abgedreht haben? Ich finde, du solltest dir einen Mann zulegen.«
»Nur wenn ich ihn erschießen und vergraben darf, falls er nichts taugt.«
»Kein Wunder, dass du immer noch Single bist.« Ce Ce reichte Bobbie Faye den Scheck. »Es ist ja nicht so, als würdest du gutes Geld für einen schlechten Zweck ausgeben, außer wenn es um … Verdammt! Es geht um Roy, oder?« Unter Ce Ces wissendem Blick wurde Bobbie Faye ziemlich unbehaglich zumute. »Womit hast du es diesmal zu tun?«
»Ich hab’s dir doch gesagt. Ich brauche wieder Strom, um das Wasser aus dem Trailer saugen zu können.« Bobbie Faye schluckte und fragte sich, ob Ce Ce das leichte Zittern in ihrer Stimme bemerkt hatte. »Du weißt, eines Tages werde ich wieder auf die Beine kommen.«
Ihr war keine andere Möglichkeit eingefallen, wie sie ohne aufzufallen zur Bank gehen könnte, als einen Scheck einzulösen. Ce Ce schuldete ihr zwar kein Geld, aber Bobbie Faye konnte es besser mit sich vereinbaren, um einen Vorschuss zu bitten, statt die Wahrheit zu sagen. Ihre Chefin war der klügste Mensch, den Bobbie Faye kannte, und noch dazu einer der nettesten. Wenn irgendjemand einen Weg finden konnte, Roy zu helfen, dann diese Frau, hatte sie gedacht. Doch gleich darauf war ihr mit einem Schaudern das Foto von ihrem verstümmelten Vetter wieder eingefallen, und
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