Bodenlose Tiefe
rief er Pennig an.
»Nichts Besonderes zu berichten«, sagte Cobb, als Pennig sich meldete. »Nicholas ist wie gesagt gestern Abend in Richtung Tobago aufgebrochen. Und Kelby hat heute Morgen um drei die Insel verlassen.«
»In dieselbe Richtung?«
»Ja, Richtung Tobago.«
»Das ist nicht unwichtig, Cobb. Ich habe Ihnen gestern schon gesagt, dass wir unbedingt wissen müssen, was Lyons tut.«
»Aber folgen darf ich ihm nicht. Dansk wird Ihnen Bescheid geben, wenn sie auf die Insel zurückkehren. Ich werde jetzt duschen und mich dann ins Bett legen. Wie lange sollen wir noch hier draußen hocken und die Insel beobachten?«
»Bis Archer Sie abruft. Sie werden schließlich dafür bezahlt.«
»Nicht gut genug«, erwiderte Cobb säuerlich. »Zwölf Stunden in dem feuchten, schimmeligen Boot sind zu lang. Ich bin eine Landratte.«
»Möchten Sie das Archer gern persönlich sagen?«
»Ich sage es Ihnen.« Verdammt, vielleicht sollte er lieber vorsichtig sein. Archer war ein sadistischer Schweinehund und Pennig war nicht viel besser. Es kursierten zu viele ähnliche Gerüchte über die beiden, als dass da nichts dran wäre. »Ich mache meinen Job. Sorgen Sie einfach dafür, dass ich so schnell wie möglich von diesem Boot runterkomme.«
»Sobald der Job erledigt ist.« Pennig legte auf.
Verdammter Wichser. Cobb knallte den Hörer auf die Gabel und ging ins Bad. Er hätte den Job nie übernommen, wenn er nicht total blank gewesen wäre. Eigentlich hatte es ihm geschmeichelt, dass ein großes Tier wie Archer ihn ausgesucht hatte, aber er stand auf Action und konnte es nicht ausstehen, völlig tatenlos herumzusitzen.
Er drehte den Hahn auf und ließ das heiße Wasser über seinen Körper laufen. Das war schon besser. Gegen Abend war es ziemlich kühl geworden und er war drauf und dran gewesen, nicht auf Dansk zu warten und einfach nach Tobago zurückzufahren und Pennig zu sagen, er solle ihm den Buckel runterrutschen. Noch eine solche Nacht und er würde es vielleicht wirklich tun. So gut war die Bezahlung auch wieder nicht und – Was zum Teufel!
Die Badezimmertür hatte sich geöffnet.
»Hat Ihnen schon mal jemand gesagt, wie gefährlich es unter der Dusche ist?«, fragte Kelby leise. »Man kann auf einem Stück Seife ausrutschen, sich verbrühen oder –«
Mit einem Grunzen ging Cobb auf ihn los.
Kelby wich ihm aus und versetzte ihm einen Karateschlag gegen die Halsschlagader. »Oder jemand wie ich taucht plötzlich auf und bricht Ihnen sämtliche Knochen. Wollen wir ein bisschen plaudern?«
Als Nicholas Lyons am nächsten Morgen in die Küche kam, saß Melis bei einer Tasse Kaffee am Tisch. »Ach, das ist genau das, was ich brauche. Darf ich?«
»Bedienen Sie sich.«
»Danke.« Er schenkte sich Kaffee ein und setzte sich ihr gegenüber. »Kelby ist nach Tobago gefahren, um zwei Tanks für Ihre Delphine aufzutreiben. Er hat mich gebeten, Ihnen das auszurichten.«
»Der hat’s ja ziemlich eilig.«
»Na klar. Ihre Haare sind nass. Waren Sie mit Pete und Susie schwimmen?«
Sie nickte. »Wie jeden Morgen. Es macht Spaß.«
»Manche Leute würden das nicht verstehen. Aber als Schamane habe ich kein Problem mit einer spirituellen Beziehung zu Tieren. Vielleicht waren Sie ja in einem früheren Leben mal ein Delphin.«
Sie lächelte. »Das bezweifle ich. Ich werde zu ungeduldig, wenn sie nicht kapieren, was ich von ihnen will.«
»Aber sie geben Ihnen, was Sie brauchen, nicht wahr?«
Er hob seine Tasse an die Lippen. »Sie interessieren Sie, sie unterhalten Sie, sie sorgen dafür, dass Sie nicht einsam sind. Das ist sehr wichtig, wenn man so eine Einzelgängerin ist wie Sie.«
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Sie halten mich für eine Einzelgängerin?«
»Aber ja. Sie haben eine undurchdringliche Mauer um sich gezogen. Da kommt niemand durch. Außer vielleicht Ihre Freundin Carolyn.«
»So wie Sie mich beschreiben, sollte man meinen, ich wäre gefühlskalt.«
Er schüttelte den Kopf. »Sie sind nett zu den Delphinen und Sie sind nett zu Cal. Nach allem, was er mir erzählt hat, war Lontana ziemlich anstrengend, trotzdem hatten sie jede Menge Geduld mit ihm. Carolyn Mulans Tod hat Ihnen das Herz gebrochen. Nein, gefühlskalt sind Sie nicht, nur argwöhnisch.«
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Sie zu diesem Schluss gekommen sind. Ich wusste gar nicht, dass Sie mich unter Ihrem Mikroskop beobachtet haben, seit Sie hier sind.«
»Ich studiere Menschen und Sie sind ein
Weitere Kostenlose Bücher