Böser Mann - Provinzkrimi
Frau Fischer folgte ihnen und stieg in einen Streifenwagen.
Die Kommissarin sprach mit Polterer, kramte Bonbons aus ihrer Manteltasche und ging entschlossen auf Luginger zu.
»Tut mir leid. Die Dinge sehen nicht gut aus. Herr Flegel ist zwischen 17 und 18 Uhr gestorben. Todesursache wahrscheinlich Genickbruch. Er könnte gefallen sein, er könnte gestoßen worden sein, wir wissen es nicht. Fest steht nur, dass Sammy Herrn Flegel heute Mittag gegen 15 Uhr vor seinem Haus massiv bedroht hat. Dafür gibt es Zeugen. Die Herren wurden handgreifich, und Sammy hat zu Herrn Flegel gesagt: Ich mache Sie einen Kopf kürzer, wenn Sie Frau Fischer nicht sofort in Ruhe lassen. Na ja, und zwei, drei Stunden später ist er tot. Frau Fischer hat Herrn Flegel gegen 21 Uhr in seinem Keller gefunden, uns und Sammy verständigt, den Rest haben Sie ja selbst mitbekommen. Die Tür zu seinem Haus stand offen, das hat Frau Fischer stutzig gemacht. Sie hat gerufen, aber keine Antwort
erhalten. Also ist sie rein, und dann lag er da. Alles Weitere ist Spekulation. Natürlich kann man die Treppe runterfallen und sich das Genick brechen. Genauso gut kann da aber auch jemand nachgeholfen haben. Wir fahren jetzt nach Erding und machen unsere Arbeit.«
»Sie nehmen Sammy und Frau Fischer mit?«, fragte Faulhuber.
»Ja.«
»Und was sollen wir machen?«
»Nichts.«
Sie saßen im Eingangsbereich der Polizeidirektion und warteten: Luginger, Faulhuber, Barbara und Moni. Mittlerweile war es ein Uhr durch, und die Kaffeevorräte, für die Moni gesorgt hatte, nachdem sie um elf das Hammer-Eck zugeschlossen hatte, um nach Erding zu fahren, gingen zur Neige. Dass Moni überhaupt aufgetaucht war, hatte Luginger gewundert. Solidarität mit Sammy war ihre Sache nicht, und jede Minute, die sie abends früher heimgehen konnte, nutzte sie gewöhnlich, um die Hammer-Eck-Entourage hinter sich zu lassen. Lugingers erstaunten Blick hatte sie schweigend übergangen, Tassen verteilt und sich nach dem Stand der Dinge erkundigt.
Niemand wusste, ob es ein gutes oder schlechtes Zeichen war, dass sich nichts tat. Alles ruhig, niemand kam, niemand ging. Die Anwältin, die Barbara mitgebracht hatte, war jung, schick und wirkte beängstigend professionell. Kühler Blick, wenig Worte, fester Händedruck. Dazu Köfferchen, marineblaues Kostüm, weiße Bluse und Stöckelschuhe, in denen sie lief, als ob sie nichts anderes an ihren Füßen duldete. Dr. Hilgard, hatte
sie sich vorgestellt, und einen guten Abend gewünscht. Ich tue, was ich kann. Haben Sie etwas Geduld. Mehr war ihr nicht zu entlocken gewesen.
Während Faulhuber gähnte und Moni mit Barbara schwatzte, sah Luginger Frau Hilgard durch die Tür schreiten, die ihnen bis jetzt verschlossen geblieben war.
»Für ihren Freund, Mister Sammy, entwickeln sich die Dinge positiv«, sagte sie geschäftsmäßig. »Er wird bald auf freiem Fuß sein.« Luginger spürte, wie alle an ihren Lippen hingen. »Mister Sammy hat zum vermeintlichen Tatzeitpunkt kein Alibi, das ist zwar nicht so gut, aber auch kein Beinbruch. Noch gibt es keine Zeugen, die ihn zwischen 17 und 18 Uhr am oder im Haus des Opfers gesehen haben. Herr Flegel hatte 1,8 Promille Alkohol im Blut. Er hat die Kontrolle verloren und ist gestürzt, eine Möglichkeit, die aktuell plausibler erscheint, als Frau Fischer oder Mister Sammy zu verdächtigen. Dass jemand gegen 15 Uhr eine Drohung ausspricht, die er zwei, drei Stunden später wahr werden lässt, scheint niemandem einzuleuchten. Und dass derjenige obendrein gegen 21.15 Uhr zum Tatort rast, um sich festnehmen zu lassen, erst recht nicht. Allerdings können wir nicht ausschließen, dass ein besonders spitzfindiger Staatsanwalt genau das für wahrscheinlich hält. Ein Täter, der sich extra so dumm verhält, um von seiner Tat abzulenken. Der Oberdumme als der Oberschlaue sozusagen. Außerdem gibt es keine Kampfspuren. Niemand ist gewaltsam bei Herrn Flegel eingedrungen, auch im Haus deutet nichts auf eine tätliche Auseinandersetzung hin. Herr Flegel hat Frau Fischer, seit ihre Beziehung zu Herrn Sammy bekannt ist, öfter beschimpft. Es gab Telefonanrufe, Briefe und Pöbeleien auf offener Straße. Einige Nachbarn haben das bestätigt, allerdings ist wohl niemand Frau
Fischer beigestanden. Morgen wird die Polizei Arbeitskollegen von Herrn Flegel befragen, und wenn sie bestätigen, was sein Bruder gerade ausgesagt hat, ist mir um Mister Sammy nicht bange. Herr Flegel hatte ein Alkoholproblem, und es wäre
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