Boeser Traum
den Stich. Seine Frau lässt keine Gelegenheit aus. Vor ein paar Jahren hatte er eine kurze Affäre. Sie ist ihm auf die Schliche gekommen. Es gab sehr unschöne Szenen und Corinna ist seitdem wachsam wie ein kleines Erdmännchen. Und das macht die Situation jetzt so schwierig. Vor ein paar Wochen hat er eine neue Affäre angefangen. Manchmal trinkt er nach Feierabend noch ein Bier in einem Bistro neben der Firma. Er zögert das Nachhausekommen gerne raus. In dem Bistro arbeitet seit zwei Monaten Sabine. Sie hat straffe Haut. Nicht nur am Hals. Und sie ist genau das Gegenteil von Corinna. Sie ist unbeschwert, denkt über nichts lange nach. Sie war neu in der Stadt, suchte Kontakt. Bernd ist ihr sofort verfallen. Wann immer er kann, trifft er sich für schnellen, guten Sex mit Sabine. Aber Corinna scheint etwas gemerkt zu haben. Sie überwacht ihren Mann wie ein Stasi-Agent. Seit einigen Wochen geht Bernd jeden Samstagmorgen joggen. Zwei Stunden ist er dann weg. Das konnte Corinna fast nicht ertragen. Bernd musste ihr auf google-maps genau die Strecke zeigen, die er absolviert. Am liebsten würde sie natürlich mitlaufen, aber dafür reicht ihre Kondition nicht. Als er am vergangenen Samstag von seiner Runde zurückkam und sofort unter die Dusche stieg, nahm sie seinen Trainingsanzug entgegen und schnüffelte dran. »Das riecht gar nicht verschwitzt«, hatte sie festgestellt.
»Ich musste zwischendurch immer wieder gehen, mein linkes Knie tat plötzlich so weh«, log ihr Mann.
»Dafür, dass du gegangen bist, warst du aber schnell wieder hier«, hatte sie daraufhin bemerkt und ihn anguckt. Er rubbelte sich die Haare trocken, damit sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
»Ich habe nicht die ganze Runde absolviert. Ich wollte nicht, dass du dir Gedanken machst«, kontert er spät.
Das vermisste Mädchen ist seine Chance. Wenn er sie gesehen hätte, wäre Corinna beruhigt. Sie würde ihm wieder ein bisschen mehr vertrauen. Er überlegt. An der Wiese käme er â wenn er wirklich dort joggte â kurz vor Ende seiner Runde vorbei. So um Viertel nach zwölf. Was, wenn er jetzt einfach behauptet, sie gesehen zu haben? Wäre das schlimm? Irgendwann wird das Mädchen ja da gewesen sein, wenn ihr Rad da gelegen hat. Ob jetzt um Viertel nach zwölf oder elf, das wird schon nicht entscheidend sein. Er atmet tief ein, starrt dann seine Frau an.
»Warte mal. Was sagst du? Wie sah das Mädchen aus?«
Er tut so, als müsste er in seiner Erinnerung wühlen.
»GroÃ, blond, pink-grünes Shirt, Jeans.«
Er macht den Mund leicht auf, als sei ihm gerade was eingefallen.
»Du. Ich hab die wirklich gesehen. Ich habe noch gedacht, dass ich diese Farbkombination ungewöhnlich finde. Pink und Grün passen doch eigentlich gar nicht zusammen.«
»Und was hast du gesehen?«
Mist. Was hat sie wohl gemacht? Nachdem ihr Rad dort gefunden wurde, war sie wohl zu Fuà weitergegangen. »Sie ist Richtung StraÃe gegangen. Ich hatte das Gefühl, dass sie zu einem Auto geht, das da geparkt war.«
Irgendwas muss er ja sagen.
»Was denn für ein Auto?« Corinna will es ganz genau wissen, aber für Bernd ist das schon mal eine gute Ãbung. Die Polizei später wird es auch ganz, ganz genau wissen wollen.
»So ein dunkler Kombi. Audi vielleicht. Oder BMW . Da habe ich nicht drauf geachtet. Konnte ja nicht ahnen, dass das mal wichtig ist.«
»Du musst die Polizei anrufen«, stellt Corinna fest. »Das sind wichtige Zeugenaussagen.« Sie freut sich ein bisschen. Sie hat es gerne, wenn ihr Mann wichtig ist.
»Am besten fahre ich gleich hin.«
»Warum das denn?«
»Die wollen doch bestimmt meine Personalien aufnehmen und so. Vielleicht muss ich auch helfen, ein Phantombild zu erstellen.«
»Wie das Mädchen aussieht, wissen die ja. Oder willst du ein Phantombild von dem Auto machen?«
Bernd presst die Lippen aufeinander. Das wäre der perfekte Anlass gewesen, das Haus zu verlassen. Und dass es bei der Polizei immer ewig dauert, weià ja jeder.
»Gut, ich rufe erst mal an.«
Zwei Minuten später legt er mit einem sehr zufriedenen Gesichtsausdruck auf. »Sie haben gesagt, dass ich am besten gleich aufs Präsidium komme, um meine Aussage zu machen.«
»Da komme ich mit.«
»SüÃe, und was ist mit dem Käsekuchen? Den hattest du mir versprochen!«
Sie lächelt
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