Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
Vom Netzwerk:
gewusst, dass in diesem Moment nicht nur ihr Leben endet, sondern auch das von Charlotta.
    Hat Emilia sich wohl darauf gefreut, dass wir uns im Himmel wiedersehen? Sie haben noch nie darüber gesprochen, ob sie an ein Leben nach dem Tod glauben. Sie haben wahrscheinlich Millionen von Worte gewechselt. Aber das Thema haben sie nie berührt. Hatte Emilia Angst, als sie starb? Hatte sie Schmerzen? Der Gedanke alleine tut Charlotta weh. So fürchterlich weh. Soll das jetzt wirklich das Ende sein? Von Emilia? Von ihr? Von all ihren Träumen? Si e h atten sich oft ausgemalt, wie es später sein sollte. Sie wollt en ein großes Haus kaufen. Einen Altbau mit verschnörkeltem Putz unter der Decke, mit knarrenden Holzdielen und großen Verbindungstüren. Das Haus hätte einen verwunschenen Garten mit einem kleinen Brunnen. Da würde sie Feste feiern. Emilia hatte lachend gesagt: Und in dem Garten spielen dann unsere Kinder zusammen Verstecken und unsere Män ner gehen Squash spielen oder machen sonst irgendeinen Kram zusammen. Charlotta erinnert sich plötzlich. Sie hatten vor einem Haus in der City gestanden, das gerade abgerissen wurde. Charlotta hatte sich damals noch gewundert, weil Kinder in der Lebensplanung von Emilia noch nie vorge kommen waren. Alles erscheint ihr plötzlich wie ein Traum. Wie so ein alter Film, der manchmal flackert, ziehen Erinnerungen an ihr vorbei. Die letzten sind 48 Stunden alt.
    Julius wacht aus einem traumlosen Schlaf aus und weiß erst nicht, wo er ist. Wieso liegt er im Gras? Wie spät ist es? Sein Herz rast. Nach und nach fällt ihm die Suche nach dem gefangenen Mädchen ein. Er starrt auf seine Uhr. Schon fast vier. Mist. Ist Emilia schon wieder wach geworden? Und wenn ja: wie wach? Sind noch mehr Erinnerungen aufgetaucht? Hat sie schon erzählen können, wen sie wo versteckt hat? Und dann wird der Schlüssel nicht da sein. Wird sie sich daran erinnern, dass sie ihm von dem Schlüssel erzählt hat? Mist. Er muss sofort in die Klinik. Noch von unterwegs ruft er auf der Station an. Er hat einen trockenen Mund vor Aufregung. Wenn schon nach ihm gesucht wird, kann er sich den Weg sparen. Wenn Emilia berichtet hat, er habe den Schlüssel zum Versteck von Lotta, ist alles aus. Endlich hebt jemand ab.
    Â»Station 3a, Schwester Nicole.«
    Â»He Nicole. Ich bin’s, Julius. Na, alles klar?«
    Â»Rufst du an, um das zu fragen?« Schwester Nicole ist im besten Fall genervt. Im schlechten Fall ist sie schier unerträglich.
    Â»Nee. Ich suche nur meinen Wohnungsschlüssel. Liegt da im Büro irgendwo ein Schlüssel mit einem kleinen Basketball als Anhänger rum?«
    Â»Ich habe hier echt genug zu tun. Da kann ich echt nicht noch nach deinem Kram suchen. Musst du schon selber kommen und gucken. Dabei kannst du hier gleich mal aufräumen. Die leeren Colaflaschen hier sind wohl auch von dir.«
    Â»Schon gut. Bin schon unterwegs.« Er legt beruhigt auf. Er scheint noch nicht verdächtigt zu werden. Heftig tritt er in die Pedale. Er muss zu Emilia. Er muss dafür sorgen, dass das so bleibt.
    Gut fünfzehn Minuten später hat er gerade eine Tablette zwischen Emilias Lippen geschoben, als er plötzlich eine harte Stimme hinter sich hört.
    Â»Julius. Was machen Sie da?« Die Oberschwester hat sich auf ihren Gummisohlen mal wieder lautlos herangeschlichen.
    Â»Ich suche hier überall nach meinem blöden Wohnungsschlüssel. Wenn ich jetzt nicht noch ein paar Stunden schlafen kann, kippe ich heute Nacht um«, tut er genervt und wütend.
    Â»Und da suchen Sie bei Emilia?«
    Â»Ich war noch kurz bei ihr, ehe ich gegangen bin. Ich dachte, dass ich den Schlüssel vielleicht hier abgelegt habe. Ich habe einfach schon überall gesucht. Ich werde noch wahnsinnig.«
    Sie scheint beruhigt. Und mitleidig. »Leg dich doch einfach hinten hin. Wer weiß, was heute Nacht wieder hier los ist. Und Dinge tauchen immer erst wieder auf, wenn man sie nicht mehr sucht.«
    Er nickt. Keine schlechte Idee eigentlich. Er hat ohnehin so gar keine Lust, wieder in sein Kellerloch zu gehen, wo fiese Erinnerungen auf ihn warten. Im Hinterzimmer der Station, wo zwei Pritschen für die Mitarbeiter stehen, wird er sofort mitkriegen, wenn es Neuigkeiten von Emilia gibt.
    Er wirft einen letzten verzweifelten Blick auf Charlottas Foto, versinkt in ihrem Blick und dreht sich um.

Ein falsches Teil im Puzzle
    S ie sind was?«

Weitere Kostenlose Bücher