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Boeses mit Boesem

Boeses mit Boesem

Titel: Boeses mit Boesem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elliott Hall
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waren.
    Ich war zur Spezialeinheit gekommen, weil ich besondere Kenntnisse hatte. Mein Farsi kam zum größten Teil aus einem |196| Buch. Das letzte halbe Jahr hatte sich mein Vokabular nur um Drohungen und Befehle erweitert. Außerdem kannte ich ein paar Tatsachen, die ich gelesen oder in Vorführungen gesehen hatte: die Größe des alten Perserreichs vor Christus, die ungefähre Bevölkerungszahl Teherans vor der Bombardierung durch uns und einige Details über schiitische Geschichte.
    Aber wenn es um die Menschen ging, um die ganz normalen Iraner, hatte ich keine Ahnung. Dieser Mann und die anderen Männer in den Zellen draußen waren mir ein Rätsel. Ich war nur deshalb der Spezialist, weil ich es sein wollte und mir Mühe gab. Wir versuchten nicht, dieses Land zu befreien, wie wir es in gewisser Weise mit dem Irak getan hatten. Wir waren aus Rache hier und aus keinem anderen Grund. Diese Mission machte jeden zum Feind und die Vereinigten Staaten redeten nicht mit ihren Feinden.
    »Sergeant?«, hakte Glass nach.
    Ich konnte vor dem Colonel nicht zeigen, was ich empfand. Er würde mein Zögern als Schwäche deuten und meinen Zweifel als etwas noch Schlimmeres: den Beginn von Illoyalität. Beides war unverzeihlich. Ich fand ein Loch in meinem Herzen und stopfte diese Gefühle hinein. Ich war ein Profi. Folter war ineffektiv und verzerrte alles Wissen, das der Gefangene besitzen mochte. Andere Gedanken über diese Angelegenheit gestattete ich mir nicht.
    »Ihn ausruhen lassen«, sagte ich. »Und dann werden wir sehen, was er zu sagen hat.«

|197| 10
    Ich starrte Iris an, noch immer nicht völlig überzeugt, dass sie real war. Sie trug denselben beigen Regenmantel, in dem ich sie zum ersten Mal gesehen hatte; ich hätte ihn aus der Erinnerung zeichnen können. Dunkle Strumpfhosen steckten in glänzenden, schwarzen Pumps. Eine durchschnittliche Frau hätte die für jene besonderen Gelegenheiten aufgehoben, bei denen man nicht mehr als zehn Schritte auf einmal gehen muss, aber durch Iris’ sichere Körperhaltung wirkten sie so bequem wie Birkenstocklatschen. Ihr Haar war jetzt rot – so geschickt gefärbt, dass ich es für echt hätte halten können – und so geschnitten, dass es wie ein Theatervorhang um ihren Hals fiel. Ihr Gesicht hatte sich kein bisschen verändert und dafür war ich dankbar.
    »Was ist mit deinem Haar passiert?«
    Iris lachte. Ich hätte ihr Lachen am liebsten auf Band aufgenommen und meine Musiksammlung weggeschmissen. »Das ist das Erste, was jede Frau hören möchte.« Sie wollte noch etwas sagen, aber dann hielt ich sie in meinen Armen.
    »Du solltest nicht hier sein«, sagte ich in ihren Nacken.
    »Ich weiß«, flüsterte sie zurück. Wir blieben eine Weile so stehen, beide hatten wir Angst, den anderen loszulassen. »Willst du deine Pistole nicht wegstecken? Sie drückt mich in den Rücken.«
    |198| »Entschuldigung«, sagte ich. Ich ließ sie los und steckte meine Waffe ins Halfter.
    »Denkst du, wir könnten irgendwo hingehen, wo es gemütlicher ist?«, fragte Iris und sah sich um.
    »Ich weiß etwas«, antwortete ich.
    Der Besitzer war anscheinend ein großer Fan von Eichentäfelung: Sie bedeckte die Wände und die Trennwände zwischen den Tischen. Der Boden war aus Hartholz und dick lackiert. Ein Diner und ein Blockhaus hatten ein uneheliches Kind gezeugt, und das versteckte sich draußen in Manhattan.
    Es war einiges los, aber nur wenige waren zum Essen da. Es war kein Problem, einen Tisch hinten in der Ecke zu bekommen, weit weg von den Vorderfenstern und der Tür. Die Kellnerin wogte an unseren Tisch.
    »Möchtest du gerne was essen?«, fragte Iris. »Ich hätte Lust, Apfelkuchen zu bestellen, aber ich möchte das Schicksal nicht herausfordern.«
    Ich lächelte, obgleich es keine glückliche Erinnerung war. »Für mich nur einen Kaffee«, sagte ich.
    »Für mich auch.«
    Die Kellnerin sah uns an und entschied, dass wir beide ein bisschen verrückt waren. Dadurch veränderte sich ihr Gesichtsausdruck aber kaum; da sie in einem Lokal arbeitete, das auch in den dunkelsten Stunden der Nacht geöffnet hatte, hatte sie schon viel Schlimmeres gesehen.
    »Hast du keinen Hunger?«, fragte Iris, als die Kellnerin weg war.
    »Ich habe vor Kurzem gegessen.«
    Iris schob die Lippen vor, ein Zeichen, dass sie mir nicht glaubte.
    »Das FBI ist jetzt mein Sugar Daddy. Ich habe alle Medizin, die ich brauche.«
    »Okay«, sagte Iris und ausnahmsweise einmal glaubte sie mir aufs Wort.
    |199| Unser

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