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Boeses Spiel in Oxford

Boeses Spiel in Oxford

Titel: Boeses Spiel in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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auch das würde ihm mit der Zeit gelingen. Jeremy warf noch einen Blick auf den Zettel mit Name und Anschrift des Mannes. Es handelte sich selbstverständlich nicht um seinen richtigen Namen, sondern um den, unter dem ihn alle kannten: Jester. Die Adresse bestand lediglich aus dem Namen eines Hauses und dem eines Dorfes irgendwo im Niemandsland zwischen Evesham und Redditch, an dessen Ortsrand das Haus liegen sollte. Clay House , Lower Grooms , Worcestershire .
    Während er den komplizierten Umleitungen in Richtung Stadtautobahn und der A40 folgte, glaubte er plötzlich, das Röhren eines Motorrads hinter sich zu hören. Doch es gab nicht den geringsten Grund zu glauben, dass das etwas mit ihm zu tun haben könnte.

    Ich hätte wirklich gern erfahren, was als Nächstes passiert ist, dachte Kate, während sie sich in entgegengesetzter Richtung von St Giles entfernte. Sie ging mitten über das Volksfestgelände, wich dann und wann Gruppen angetrunkener Jugendlicher aus und überhörte geflissentlich die gegrölte Einladung eines bierbäuchigen Mannes mit rasierter Glatze, sich doch an dem Spaß zu beteiligen.
    Du hast ganz schön lang gebraucht, ehe du richtig losgelegt hast, Jeremy, aber dann bist du leider nicht auf den Punkt gekommen. Was genau ist in Brüssel passiert? Wer war der Mann im Flugzeug? Hast du ihn später an diesem Abend noch getroffen und seinen Freund kennen gelernt? Hat der Mann dir viel Geld angeboten, und wenn ja, wofür? Was hast du besessen, was für diesen Mann von Interesse hätte sein können?
    Und dann dieser falsche Pass! Die ganze Woche schon denke ich darüber nach! Ich weiß, dass man sich heutzutage nicht mehr so einfach einen auf einen anderen Namen lautenden Pass besorgen kann. Früher ging das mit der Geburtsurkunde eines längst verstorbenen Kindes, doch dieses Schlupfloch hatte man schleunigst gestopft, nachdem es im Film Der Schakal publik gemacht worden war. Nein, heute brauchte man dazu entweder Geld oder kriminelle Verbindungen. Oder beides. Eigentlich hätte ich dir keines von beiden zugetraut, Jeremy, doch da muss ich mich wohl getäuscht haben.

    In Clay House schenkte sich Fabian West ein Glas Cognac ein und lehnte sich auf seinem Ledersofa zurück, um die CD zu genießen, die er kürzlich erworben hatte: Verdis Falstaff in einer interessanten Neuaufnahme. Bei den Eröffnungsakkorden atmete er mit geschürzten Lippen aus. Seit einiger Zeit hatte er den Genuss von Zigarren selbst nach einem guten Abendessen aufgegeben, doch den rein körperlichen Akt des Rauchens vermisste er noch immer. Nichts ging über die Art, wie sich der Rauch anfühlte, wenn er über die Zunge zwischen den Lippen hinausglitt. Inzwischen hatte Fabian West allerdings andere Möglichkeiten gefunden, sich die Befriedigung zu verschaffen, die er zuvor beim Rauchen von Zigarren empfunden hatte.
    Ein unvoreingenommener Beobachter hätte Fabian vermutlich als fett bezeichnet. Er selbst allerdings sah sich eher als wohlproportioniert an – breit gebaut, aber auch groß –, und seine Stimme hatte genau jenen vollen Baritonklang, den man bei einem so robust wirkenden Mann erwartete. Sein immer noch fast schwarzes Haar glänzte, und seine Hände und Füße waren groß und eckig. Es entsprach der Wahrheit, dass Fabians Leibesfülle früher fast ausschließlich aus Muskelmasse bestanden hatte, was allerdings heute nicht mehr der Fall war. Inzwischen war sein Körper verweichlicht, und über dem Hemdkragen und dem Hosenbund seiner teuren, auf Maß gearbeiteten Tweedhosen zeichneten sich Fettröllchen ab. Fabian war ausgesprochen konservativ. So trug er Tweed ausschließlich dann, wenn er sich auf dem Land aufhielt – niemals in der Stadt. Seine dunklen Anzüge hingegen benutzte er lediglich bei geschäftlichen Anlässen in London oder anderen großen Städten; mit diesem Erscheinungsbild wollte er die Landbevölkerung in Worcestershire nicht verschrecken.
    Doch auch wenn er sich in der Hauptsache als Geschäftsmann sah, bedeutete das noch lange nicht, dass er nicht sensibel war und feinere Gefühle zulassen konnte. Genau das dachte er, als er die Szene im Garter Inn noch einmal Revue passieren ließ. Es störte ihn, wenn Hässlichkeit (so bezeichnete er es selbst) in das geschmackvolle Leben einzudringen versuchte, das er sich geschaffen hatte. Er behauptete gern von sich, ein anspruchsvoller Mann zu sein.
    Er hatte gerade die erste CD der Oper Falstaff gegen die zweite ausgetauscht und erfreute sich an dem

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