Boeses Spiel in Oxford
mit mir reden wie …«
»Das Taxi wird in etwa vier Minuten vor der Pförtnerloge auf Sie warten und Sie zu Ihrem Auto bringen.«
»Das steht in High Wycombe«, sagte Sooz gehässig.
»Nun, dann bringt das Taxi Sie eben zum Bahnhof«, lenkte Alec Malden sanft ein und fügte hinzu: »Auf unsere Kosten natürlich.«
»Selbstverständlich«, bestätigte Harry Joiner. Er schien sich wieder unter Kontrolle zu haben. Seine Gesichtsfarbe normalisierte sich. »Wirklich zu freundlich, dass Sie die Unannehmlichkeit der Reise auf sich genommen haben – zumal Sie Jeremy kaum gekannt haben können.«
»Aber sicher kannte ich Sancho«, protestierte Sooz. »Und ich weiß …« Doch Alec packte sie mit sicherem Griff am Arm und drehte sie in Richtung Tür.
»Nicht hier!«, sagte er streng. »Ich begleite Sie zur Pförtnerloge.«
Hastig wandte Kate sich ab. Sie wollte nicht, dass Malden oder Joiner merkten, dass sie ihre Unterhaltung belauscht hatte. Als Sooz und Malden in einer Gruppe Trauergäste stecken blieben, machte sie sich so unsichtbar wie eben möglich, um kein Wort ihres Gesprächs zu versäumen.
»Also«, sagte Malden gerade, »wir haben uns über die Bedingungen geeinigt. Und nachdem Sie sich von Jeremy verabschiedet haben, gibt es keinen Grund für Sie, noch länger hierzubleiben.«
»Ich musste doch sicher sein, dass Sie die Unterlagen wirklich bekommen haben. Jetzt weiß ich Bescheid, und Sie werden bald von mir hören.« Überrascht stellte Kate fest, dass die Frau sich viel weniger betrunken anhörte als zuvor. Vielleicht ging es in diesem Gespräch um Geld, und das hatte sie möglicherweise ernüchtert.
»Von Ihnen?«, hakte Malden nach.
Sooz lachte. »Sie sind um eine Stufe befördert worden. Wussten Sie das nicht?«
In diesem Augenblick schaffte es Malden, die Menschentraube zu durchbrechen und Kates Hörbereich zu verlassen.
»Faszinierend, nicht wahr?«
Die Stimme kam von links hinter ihr.
»Ich bin überzeugt, dass die junge Frau in einem Pub war, ehe sie zur Trauerfeier kam«, sagte Kate.
»Ich frage mich, ob sie auf der richtigen Trauerfeier ist. Sogar beim Namen hat sie sich geirrt. Außerdem frage ich mich, ob sie Jeremys Typ war. Vermutlich sind sich die beiden nie begegnet.«
»Trotzdem fand ich, dass der Rektor und Dr Malden ein wenig zu hart mit ihr umgesprungen sind.«
»Ich bin nicht der Ansicht, dass man Harry und Alec Vorwürfe machen kann, sie hinauszukomplimentieren. Die Frau war betrunken.«
Die Sprecherin trat einen Schritt nach vorn. Erst jetzt konnte Kate sie richtig sehen. Vor ihr stand eine stabil gebaute Frau in einem burgunderfarbenen Kleid mit passender Jacke. Ihre Augen waren hellblau, und ihr Haar erstrahlte in einem unglaublichen Blond, das sich scharf gegen das Dunkelrot ihrer Kleidung abhob.
»Die Haarfarbe ist echt. Ehrlich!«, sagte sie.
Kate erwies ihr die Gnade, verwirrt dreinzublicken. Sie schaute der Frau in das bis auf einen burgunderfarbenen Lippenstift ungeschminkte, eckige Gesicht. »Kate Ivory«, stellte sie sich vor und streckte der Frau die Hand hin.
»Goldy Silverman«, sagte die Frau. »Ich bin die Bibliothekarin hier im Bartlemas.«
»Dann sind Sie aber sicher noch nicht lange dabei.«
»Seit achtzehn Monaten. Kennen Sie die Bibliothek?«
»Ich habe vor einiger Zeit hier gejobbt. Als Aushilfe bei einem Sommerseminar. Die Studenten durften zwar nicht in die Bibliothek, aber ich stahl mich von Zeit zu Zeit hinein.«
»Normalerweise arbeiten Sie wohl als Schriftstellerin.«
»Woher wissen Sie das?«
»Wir Bibliothekare müssen solche Dinge wissen.«
»Waren Sie mit Jeremy befreundet?« Kate witterte eine Chance, mehr über ihren Nachbarn zu erfahren.
»Ein wenig. Ich glaube kaum, dass es jemanden gab, der ihn wirklich kannte.«
»Er schien Alec Malden recht nahezustehen.«
»Na ja.«
»Sie mögen ihn nicht?«
»Erwarten Sie nicht, dass ich über meine Chefs herziehe, solange ich mich in ihrem Hoheitsbereich aufhalte.«
Goldy Silverman schien sehr zugänglich und vielleicht sogar etwas indiskret zu sein. Kate beschloss, ein wenig mit ihr zu tratschen. Ihr war nämlich aufgefallen, dass Rob Grailing, der Quästor, sie inzwischen erkannt hatte und sich durch die Trauergemeinde zu ihr vorarbeitete. Dabei bleckte er seine unnatürlich weißen Zähne zu einem aggressiven Lächeln. Der Sommerurlaub hatte seine Sonnenbräune noch verstärkt. Trotzdem erinnerte er sie nach wie vor an ein Frettchen, und sie hatte nicht die geringste Lust, sich
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