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Bollinger und die Barbaren

Titel: Bollinger und die Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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am
     Hang und die umliegenden Berge. Die zahlreichen Wasserspeicher, die die Form von Stielhandgranaten hatten, sahen im Mondlicht
     aus wie Leuchttürme.
    Ich dachte an Lotte. Schlief sie endlich, oder spielte sie noch immer die Häsin für ihren Hasen? So konnte es nicht weitergehen.
     Sie setzte mich einem schrecklichen Wechselbad aus. Sobald ich mich ihrer einigermaßen sicher fühlte, stieß sie mich zurück.
     Seit dem Brand war es noch schlimmer geworden. Diese Frau ruinierte mich, wenn ich nicht auf mich achtgab.
    Und was war mit Agneta? Die Fremde, die ich erst seit ein paar Stunden kannte, beschäftigte mich fast noch mehr als die Misere
     mit Lotte. Ich sehnte mich nach ihr. Nach Lotte sehnte ich mich nicht mehr. Ihre Launen setzten mir so zu, dass ich wünschte,
     ich wäre ihr nie begegnet.
    War das nicht eine klare Sache? Vielleicht brauchte ich dieses |79| starke Gefühl, das Agneta in mir weckte, um von Lotte loszukommen. Vielleicht war Agneta ja meine Chance. Manchmal bekommt
     man in ausweglosen Situationen einen Wink. War Agneta in mein Leben getreten, damit das Leid mit Lotte ein Ende hatte? Oder
     spürte ich dieses Leid erst, seit Agneta in mein Leben getreten war? Sah ich Lotte mit anderen Augen, seit ich für Agneta
     entbrannt war?
    Ich ging zum Wagen zurück. Es war vier Uhr. Nun herrschte Klarheit in meinem Kopf – und in meinem Herzen. Ich wollte wie ein
     Mann handeln.
    Auf dem Rückweg raste ich mit 140 Stundenkilometern über die Hochebene. An den gelb blinkenden Ampeln, die dort standen, wo
     Landstraßen die Route Nationale kreuzten, bremste ich nicht ab. Mein Blick war stur nach vorne gerichtet. Im Nu war ich wieder
     in Schauren. Endlich wurde ich müde, die Augen brannten. Sie drohten mir zuzufallen.
    Am Ortsausgang kam mir ein Wagen entgegen. Ein kleiner Transporter. Eigenartigerweise fuhr er ohne Licht, erst an der Ortsgrenze
     schaltete der Fahrer das Abblendlicht ein. Im Rückspiegel sah ich, dass er ein polnisches Kennzeichen hatte.
    Ich bekam einen Schreck. Waren das Verwandte oder Freunde von Agneta? Hatte sie sie um Hilfe gerufen? War sie abgeholt worden?
    Ich fuhr einen Umweg. Am Waldrand hielt ich. Ich stieg aus und lief die Böschung hinauf. Von oben konnte ich durch die hohen
     Bäume das Haus der Hagenaus erkennen.
    Alles war dunkel und friedlich. Entweder hatten die Hagenaus nichts von der Entführung bemerkt, oder das polnische Fahrzeug
     hatte nichts mit Agneta zu tun. Ich blieb eine Weile reglos auf der Böschung stehen und starrte hinüber zu dem Haus.
    Was, wenn Agneta nun weg war? Zurück nach Polen? Bei dem Gedanken, dass ich sie nie wiedersehen könnte, verspürte ich einen
     Stich in der Herzgegend.
    Ich fühlte mich einsam.

|80| 7. KAPITEL
    E s polterte laut. Jemand schien die Treppe heraufgefallen zu sein. Die Tür wurde aufgestoßen. Alain Miller. Schweißüberströmt.
    »Kannst du mal kommen, Louis?!«
    Straßer schaute erstaunt von seiner Zeitung auf.
    »Ich habe dich gar nicht vorfahren hören. Wo hast du denn deinen Sharan?«
    Miller biss die Zähne zusammen.
    »Kommst du, bitte!?«
    Straßer erhob sich umständlich und setzte seine Mütze auf.
    »Die Schlüssel! Wir brauchen den Dienstwagen!«
    Straßer schaute ihn erstaunt an. »Wie bist du denn hergekommen?«
    Miller wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
    »Zu Fuß. Und zwar im Laufschritt.«
    »Ist was mit deinem Wagen?«
    Miller warf mir einen gequälten Blick zu.
    »Nun mach schon, Louis!«
    Die beiden verschwanden verdächtig leise.
    »In zehn Minuten ist die Leichenschau«, rief ich ihnen hinterher.
    Doch die beiden taten so, als hätten sie mich nicht gehört. Miller wollte gerade losfahren, als ich den Dienstwagen erreichte.
     Ich riss die Tür auf und stieg hinten ein.
    Miller wandte sich um. »Das ist jetzt ... privat.« »Warum nehmen Sie dann den Dienstwagen?«
    Miller sah Straßer an.
    |81| »Fahr schon!«, befahl der alte Kollege.
    Miller schaltete Blaulicht und Martinshorn ein. Wir rasten quer durch Schauren. In der falschen Richtung durch eine Einbahnstraße
     und über Bürgersteige. Ich hielt mich am vorderen Sitz fest. Miller bog in das Viertel ein, in dem die verwinkelten Bauernhäuser
     standen. Die Gassen waren eng für den breiten Polizeiwagen. Wir hielten vor einem schmucklosen Einfamilienhaus. Hier wohnte
     Miller bei seiner Mutter.
    »Da steht er doch – der Sharan«, sagte Straßer.
    Miller stellte das Martinshorn ab, das Blaulicht ließ er weiter

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