Bomann, Corinna - Clockwork Spiders
Gelegenheit, mit ihm zu reden, hatte Violet allerdings nicht.
»Ah, gut, dass Sie kommen«, sagte Dr. Byrton. »Helfen Sie mir, Seine Lordschaft ins Bett zu bringen.«
»Violet?«, stöhnte Reginald Adair da.
»Papa?«
Als sie zu ihm lief, hatte er die Augen geschlossen, und es sah so aus, als hätte er wieder das Bewusstsein verloren.
»Doktor, was ist mit ihm?«, fragte Violet panisch. Noch immer zitterte sie am ganzen Leib.
»Ich werde ihn oben weiterbehandeln. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn Sie zu ihm können.«
Bange Minuten folgten, in denen Violet im Korridor vor dem Zimmer ihres Vaters auf und ab ging. Den Gedanken, ihre Mutter aus ihrem Migräneschlaf zu wecken, verwarf sie rasch, denn das hätte deren Zustand nur weiter verschlechtert. Immer wieder fragte sie sich, ob die Spinne dazu gekommen war, ihren Vater zu beißen. Wenn ja, würden die Mittel ihres Hausarztes reichen?
Nach unzähligen Minuten, nach unzähligen Schritten öffnete sich die Tür zum Zimmer ihres Vaters und Dr. Byrton trat heraus. Das Haar saß ihm etwas wirr auf dem Kopf und er wirkte ziemlich geschafft.
»Sie können jetzt hinein«, sagte Dr. Byrton mit ernster Miene, als er Violet erblickte.
»Wie geht es ihm?«
»Ich habe seinen Zustand stabilisieren können. Jetzt schläft er.«
»Er wird also überleben?«
Byrton atmete tief durch. Ein schlechtes Zeichen?
»Ich denke schon. Durch den Ipecac-Sirup hat er sich noch zweimal übergeben, jetzt dürfte wirklich nichts mehr in seinem Magen sein.«
»Und das Gift?«
»Ich habe ihm vorsorglich ein Gegenmittel gegeben. Aber Sie sollten ihn in den kommenden Stunden unter Beobachtung lassen.«
»Das werde ich.«
Byrton sah sie daraufhin lange und eindringlich an. Sie wusste, dass er ihr die Geschichte mit der Spinne, von der sie gelesen hatte, nicht abkaufte. Aber sie war nicht bereit, irgendetwas zuzugeben.
»Nun gut, sollte sich sein Zustand verschlechtern, schicken Sie nach mir. Und wenn Seine Lordschaft wieder auf den Beinen ist, können Sie ihm ja vorschlagen, sich vielleicht doch an das Rohrpostnetz anschließen zu lassen. Ich habe damit nur gute Erfahrungen gemacht, und im Falle eines Falles wäre ich in Windeseile bei Ihnen.«
Wie kam er denn jetzt gerade auf die Rohrpost?
Es stimmte, ihr Vater sträubte sich noch immer gegen dieses Kommunikationsmittel, denn er war der Meinung, dass es höchst peinlich werden könnte, wenn eine Nachricht aus Versehen in einen anderen Anschluss geriet. Aber vielleicht war es tatsächlich gut, dergleichen in Adair House einzuführen.
»Haben Sie vielen Dank, Dr. Byrton.« Violet streckte ihm die Hand entgegen.
»Soll ich noch nach Ihrer Mutter sehen? Der Zusammenbruch Ihres Gatten war sicher ein ziemlicher Schock für sie.«
»Sie weiß es noch nicht, denn sie ist wegen ihrer Migräne dem Frühstück ferngeblieben.«
»In Ordnung, dann geben Sie mir Bescheid, wenn Sie etwas benötigen.«
Nachdem sich der Arzt verabschiedet hatte, trat Violet in das Zimmer ihres Vaters. Lord Reginald lag verschwitzt und schlafend im Bett, während Alfred damit beschäftigt war, Ordnung zu machen.
Auch wenn sie wusste, dass er vorerst nicht in Gefahr war, stiegen ihr Tränen in die Augen. Ihr Vater wirkte in seinem Bett so klein, so verletzlich …
Gleichzeitig verspürte sie eine unbändige Wut. Wie konnte es der Mörder wagen, ihren Vater anzugreifen! War das eine Warnung an sie? Oder hatte Lord Adair von vornherein auf der Todesliste des Mörders gestanden?
»Wäre es möglich, dass Sie sich ein wenig umhören könnten, Alfred? Ich wüsste zu gern, mit wem mein Vater in den letzten Stunden Kontakt hatte.«
»Natürlich wäre das möglich, Mylady. Und was die Kapsel angeht …«
»Sie haben Sie also gefunden.«
Der Butler nickte. »Ja, ich habe mir erlaubt, sie in Karbol zu legen. Wenn ich sie gereinigt habe, bringe ich sie Ihnen.«
Also hatte ihr Vater auch so eine verdammte Spinnenkapsel verabreicht bekommen. Und was nun? Sollten sie diesen Anschlag publik machen? Wenn der Mörder mitbekam, dass sein Plan gescheitert war, würde er es vielleicht noch einmal versuchen. Den Tod ihres Vaters vortäuschen wollte sie allerdings auch nicht.
Sie würde darüber nachdenken, während sie an der Seite ihres Vaters wachte.
»Brauchen Sie noch etwas, Mylady?«, erkundigte sich Alfred, bevor er zur Tür ging.
»Ja, bringen Sie mir bitte mein Schreibzeug. Ich muss nachdenken.«
»Sehr wohl.«
Praktisch den ganzen Tag saß Violet am Bett ihres
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