Bombenspiel
entwickelte. Mit einer Blechtasse schöpfte er etwas heißes Wasser aus dem schwarzen Kessel über dem Feuer, um sich einen Kaffee anzurühren, dann warf er sich auf die grüne Matratze, die am Feuerplatz als einzige Sitzgelegenheit am Boden lag, und aß ein Stück Buschbrot, das er in einem aus dem Sandboden gescharrten Glutloch gebacken hatte. Viel Zeit blieb ihm nicht.
Die letzte Nacht war auffallend ruhig gewesen, er hatte vor der Höhle geschlafen und nur ganz vereinzelt das Lachen von Hyänen vernommen und das Grunzen einer Rotte von Buschschweinen, die in der Nähe unterwegs zu sein schienen. Die Elefanten, die er am Tag unten am Fluss beobachtet hatte, waren auf Distanz geblieben und das Krachen von Ästen war nur noch aus größerer Entfernung an seine Ohren gedrungen.
Er war ausgeruht und fit.
Er zog sich aus und ging nackt einige Meter durch den Busch, dorthin, wo ein Blecheimer mit Düse in den Bäumen hing, mittels Seil und einfacher Winde höhenverstellbar, stellte sich darunter, öffnete die Düse und schon träufelte das kalte Wasser aus dem Blecheimer auf sein Gesicht, rann an seinem muskulösen Körper entlang und versickerte zu seinen Füßen im sandigen Erdreich. Er ging zurück, kleidete sich wieder an, holte seine Waffe aus der Höhle, schraubte sie zusammen, verstaute sie in ihrem Koffer und goss sich noch einen letzten Kaffee ein.
Ein neuer Auftrag. Ein Weißer. Der Flug gebucht. Infos auf dem üblichen Weg, wie gehabt.
›Wenn du wieder versagst, leg ich dich um!‹, hatte sein Auftraggeber geflüstert und der Killer hatte geahnt, dass er es ernst meinte.
Er sah zur Uhr. Der Weg zum Flughafen war weit, es war Zeit aufzubrechen.
Da bemerkte er es. Regungslos stand das Nashorn mit seinem Jungen im dichten Buschwerk – Tarnung durch Verharren. Fast unmöglich, es mit dem Fernglas zu erkennen. Und doch entdeckte er es mit bloßem Auge, auf gut 200 Meter Entfernung. Selbst wenn es sich nur um ein Weißes Nashorn handelte, die gemütlichere und weniger angriffslustige der beiden afrikanischen Nashornarten, auch mit ihm war nicht zu spaßen, wenn es ein Junges mit sich führte.
Die Nashornmutter musste ihn längst bemerkt haben, da seine vorsichtigen Schritte im dichten Gestrüpp dennoch Geräusche verursacht hatten, die gleich hinter seiner Höhle eine Herde Impalas und einige Nyalas aufschreckten. Doch sie sah wie alle Nashörner sehr schlecht und konnte den Feind nicht lokalisieren. Der Wind hatte seine Witterung noch nicht in ihre Richtung getrieben, und so setzte sie, nachdem sie nichts Verdächtiges bemerkte, ihren Weg fort. In einem weiten Bogen kam sie mit ihrem Jungen auf ihn zu. Plötzlich drehte der Wind. Ein unsicherer Blick in seine Richtung, ein kurzes Schnauben, leichtfüßiges Antraben, dann waren die beiden Tiere im Busch verschwunden.
Der Weg zu seinem Allrad führte direkt am Umfolozi entlang und über eine Schilfinsel hinüber ans andere Ufer. Er sah die Büffel schon von Weitem und beobachtete sie misstrauisch. Seine Miene hellt sich auf, als die kräftigen Kolosse die Insel verließen und am anderen Ufer das Weite suchten. Nur zwei Bullen blieben auf einer Sandbank stehen, als ob sie den Rückzug ihrer Herde sichern wollten. Das Wasser war knietief und floss sehr langsam. Die wenigen Krokodile, die er am letzten Abend noch beobachtet hatte, schienen verschwunden.
Mit einem Auge auf die beiden Büffel, die immer noch etwa 300 Meter flussaufwärts am Ufer standen, stieg er in die Fluten. Der Grund war weich und sandig, die Kühle des Wassers tat gut. Drei weitere Büffel, die von ihm unbemerkt auf der Schilfinsel zurückgeblieben waren, ergriffen die Flucht, als er sich näherte. Nur die beiden Bullen, die ihm eindeutig den Weg versperrten, rührten sich nicht von der Stelle. Bushman ging sicheren Schrittes auf die Tiere zu, nahm den Hut ab und schwenkte ihn über dem Kopf. Die Büffel schnaubten verächtlich, setzten sich jedoch in Bewegung und machten den Weg frei. Oben am Ufersaum blieben sie stehen und beobachteten argwöhnisch, wie der Zweibeiner im Wasser watend an ihnen vorüberzog.
Bushman erreichte seinen Wagen, verstaute den Waffenkoffer auf dem Rücksitz und ließ den Motor an. Diesmal würde er nicht versagen. Und so geschah es.
Samstag, 5. Juni 2010, Tübingen – Stuttgart, Mercedes-Benz-Arena - Noch 5 Tage
Sie wachte mit einem Brummschädel auf, wie nach einer durchzechten Nacht. Ihre verklebten Augen suchten nach dem Ziffernblatt des Weckers:
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