Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
die Blockade zwar schon längst durchbrochen, aber …«
»Aber jetzt kommt sie Stück für Stück wieder zurück«, bestätigte Rudy. »Der Norden schneidet ihnen ganz langsam die Luft ab, und das macht es für alle Seiten noch härter. Ich habe jede Menge Wünsche, was das betrifft, aber du kennst ja das Sprichwort: ›Wenn Wünsche Pferde wären, würden alle Bettler reiten.‹«
Zeke machte ein verwirrtes Gesicht. »Das habe ich im ganzen Leben noch nicht gehört, und ich glaube nicht, dass ich überhaupt weiß, was es bedeutet.«
»Es bedeutet, dass du dir in die eine Hand spucken und in die andere deine Wünsche legen kannst, und wir wissen alle, welche Hand zuerst voll ist.«
Er nahm die Kerze und reckte sie so weit nach oben, dass der Ruß der Flamme beinahe die Holzbalken an der Decke schwärzte. Um sie herum war alles feucht und trostlos. Über ihnen eilten Füße hin und her, ohne erkennbares Muster. Zeke rätselte, wem die Füße wohl gehörten, ob Fressern oder irgendwelchen anderen Leuten, aber Rudy schien es nicht zu wissen – und wenn doch, dann wollte er offenkundig nicht darüber reden.
Stattdessen redete er weiter über den Krieg. »Was ich damit sagen will, ist, wenn dieser General von denen, dieser Jackson, bei Chancellorsville gefallen wäre, wie sie sich das gedacht hatten – dann hätte das den Krieg um einige Jahre verkürzt, und der Süden wäre viel schneller in die Knie gegangen. Aber der Mistkerl hat sich erholt und sie von dieser Front nicht weggelassen. Er mag auf einem Auge blind sein und nur noch einen Arm haben und so viele Narben, dass ihn auf der Straße niemand erkennen würde, aber er ist ein gerissener Taktiker, das muss man ihm lassen.«
Er bog wieder ab, diesmal nach links. Eine kurze Reihe Stu fen führte in einen anderen, besser ausgebauten Gang mit Ober lichtern, was Rudy dazu veranlasste, die Kerze auszublasen und in einer Mauerritze zu verstauen. Er fuhr fort: »Und klar, wenn wir es dann noch geschafft hätten, die erste landesweite Bahnstrecke rauf nach Tacoma zu holen anstatt sie die südliche Route nehmen zu lassen, dann hätten sie kein so gutes Transportsystem gehabt, und das hätte die Zeit, die sie durchhalten können, noch mal um ein paar Jahre verkürzt.«
Der Junge nickte. »Ja, gut. Das leuchtet mir ein.«
»Fein. Weil ich dir nämlich klarzumachen versuche, dass der Krieg nicht ohne Grund schon so lange dauert, und die meisten dieser Gründe haben nichts damit zu tun, wie erbittert der Süden gekämpft hat. Es lag am Zufall und an den Umständen. Tatsache ist, der Norden hat weitaus mehr Männer, die er in die Schlacht schicken kann, und das ist alles, was es braucht. Eines Tages, und der ist vielleicht gar nicht mehr allzu fern, setzen wir der Sache ein Ende.«
Nach einer Pause sagte Zeke: »Hoffentlich.«
»Wieso das?«
»Meine Mutter möchte in den Osten ziehen. Sie glaubt, dass es dort leichter für uns wäre, wenn der Krieg erst mal vorbei ist. Leichter als hier jedenfalls.« Er trat gegen einen Steinbrocken und rollte die Schultern unter dem Riemen seiner Tasche. »Hier draußen zu leben ist … keine Ahnung. Nicht gut. Anderswo kann es auch nicht schlimmer sein.«
Rudy antwortete nicht sofort. Dann sagte er: »Ich kann mir vorstellen, warum es hier hart für dich ist – und für sie, klar. Und ich hab mich schon gefragt, warum sie dich nicht woanders hingebracht hat, als du klein warst. Jetzt bist du fast schon ein Mann und kannst dich bald selber aufmachen, wenn es sein muss. Es überrascht mich fast, dass du es noch nicht mit dem Soldatenhandwerk versucht hast, um hier wegzukommen.«
Als Rudy an einer unangenehmen Steigung seinen Schritt beschleunigte, hörte Zeke auf zu schlurfen und wechselte eben falls in ein höheres Tempo. »Ich hab schon mit dem Gedanken gespielt«, gab er zu, »aber … aber ich weiß nicht, wie man rüber in den Osten kommt, und selbst wenn ich es auf ein Luftschiff schaffen würde oder auf einen Güterzug, dann wüsste ich gar nicht, was ich dort anfangen sollte, wenn ich da bin. Und außerdem …«
»Außerdem?« Rudy warf ihm einen Blick zu.
»Außerdem könnte ich ihr das nicht antun. Sie ist manchmal … Sie ist manchmal ein bisschen komisch und kann ganz schön geheimnistuerisch sein, aber sie tut ihr Bestes. Sie gibt sich alle Mühe, alles richtig mit mir zu machen, und sie schuftet sich einen ab, um uns beide satt zu kriegen. Darum darf ich hier auch nicht rumtrödeln. Ich muss finden, wonach ich
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