Bookman - Das ewige Empire 1

ich sie
zurückbekommen?«, fragte er mit erstickter Stimme.
    Â»Hören Sie zu«, erwiderte Irene und forderte Byron mit einer
Kopfbewegung auf weiterzureden.
    Â»Ich weiß nicht, wer oder was der Bookman ist«, fuhr Byron fort.
»Aber eins weiß ich: dass es noch andere Kunsthandwerker auf dieser Welt gibt
als die Bürokraten der Babbage Company, die mich angefertigt haben. Ich bin nur
eine Maschine, von Menschen gemacht und so unvollkommen wie ein Mensch. Aber
ich lausche.« Seine Augen hatten keinen leeren Ausdruck mehr, und er legte den
Kopf schief, als lauschte er auf etwas Unhörbares. »Ich höre dem Gespräch der
Maschinen zu, den Mitteilungen, die die Tesla-Geräte austauschen, dem ständigen
Summen des Äthers. Wir Simulacra sind seltene Geschöpfe und weit, weit
voneinander entfernt. Aber wir sprechen miteinander – und auch mit anderen,
deren Seelen uns gleichen, selbst wenn sie eine andere Form haben. Und die
Gerüchte wollen nicht verstummen.«
    Er sprach in feierlichem, ein wenig traurigem Ton. Und Orphan meinte
zu wissen, warum, denn was er da erfuhr, war gewiss ein Geheimnis dieser Wesen,
das sie nicht jedem mitteilten. »Danke, Mylord«, sagte er impulsiv. Das
Byron-Simulacrum lächelte. »Ich bin nicht Byron«, stellte der Roboter klar.
»Man hat mich so geschaffen, dass ich wie er aussehe, wie er klinge, seine
Worte zitiere und seine Stimmungen imitiere. Aber mir fehlt sein Talent zum
Dichten, ebenso wie seine Liebe zur Poesie …« Er seufzte erneut, und für einen
Moment war er Byron, ein älter und weiser gewordener
Lord, der eine schwere Last auf seinen schmalen Schultern trug.
    Â»Was sind das für Gerüchte, die Sie hören?«, fragte Orphan nach
einer Weile.
    Byron hob den Kopf und trommelte mit den Fingern leise auf die
Tischplatte. »Es heißt, es gebe Wesen, die uns ähneln und dennoch anders sind,
fremdartige Geschöpfe, die weder Menschen noch Maschinen sind, sondern etwas
von beidem haben.« Er schüttelte den Kopf. »Ein Sturm zieht herauf, Orphan. Ein
gewaltiger Sturm, der über das Meer fegt und die Wellen peitscht, ein Sturm,
der von einer Insel kommt und dessen Ziel eine andere Insel ist. Wir glauben …«
    Er verstummte.
    Â»Glauben was?«
    Â»Das ist ohne Belang.«
    Â»Bitte!«, sagte Orphan. Das Simulacrum lächelte. »Ich weiß nicht,
wer oder was der Bookman ist«, setzte Byron seine Ausführungen fort. »Ich weiß
nur, dass ihn etwas mit den Lézards verbindet. Vielleicht ist es Liebe,
vielleicht Hass – oft genug sind das lediglich unterschiedliche Aspekte ein und
desselben Gefühls. Und es wird erzählt, dass auch der Bookman einen
Gegenspieler habe, der möglicherweise einen anderen Aspekt von ihm verkörpert.
Wer weiß, ob es ihn wirklich gibt? Gibt es den Bookman wirklich?«
    Â»Er hat … er hat Lucy getötet.«
    Â»Ah, ein empirischer Beweis«, erwiderte Byron. »Nun ja.«
    Â»Was glauben Sie?«
    Byron stieß ein Lachen aus, das sich hart und unangenehm anhörte.
»Wir glauben an die Übertragung«, sagte er.
    Â»Ãœbertragung wovon?«
    Â»Vielleicht von uns allen. Leben Sie wohl, Orphan.« Er erhob sich
und schob seinen Stuhl zurück. Seine Bewegungen waren so steif und unnatürlich
wie die eines Spielzeugs. »Aber welche Rolle Sie dabei spielen, ob überhaupt
eine, das weiß ich nicht.«
    Er schickte sich an zu gehen, doch Orphan stand auf und hielt ihn
zurück, indem er ihm die Hand auf die Schulter legte. »Bitte«, sagte er. »An
wen kann ich mich wenden?«
    Byron drehte sich zu ihm um. Einen Moment lang standen sie reglos
voreinander, dann wandte sich Byron ab. Orphan ließ die Hand sinken, die auf
der Schulter des Roboters geruht hatte.
    Mit langsamen, schwerfälligen Schritten steuerte Byron auf die Tür
zu. Auf halbem Wege machte er halt und wandte sich noch einmal zurück. Orphan
sah, wie sein feines, blasses, künstliches Gesicht ihn musterte, als suchte er
die Antwort auf eine Frage. Dann änderte sich der Gesichtsausdruck, als wäre
ihm plötzlich etwas klar geworden, und er lächelte. »Fragen Sie den Türken«,
sagte er mit leiser Stimme, die trotz der Entfernung an Orphans Ohr drang.

9
Auf dem Hahnenkampfplatz
    Ein Forum, da gibt’s Debatten zu führen,
Ein Ballspielhaus, um vergnügt drin zu tollen,
Ein Parlament auch