Boomerang
und wie es um Ihre religiöse Überzeugung bestellt ist«, erzählte er. »Als Erstes fragten sie mich, ob sie mir die Beichte abnehmen sollten.« Doch Doukas fand es unklug, den Mönchen seine Geheimnisse anzuvertrauen. Stattdessen teilte er ihnen mit, dass er ihnen kein Geld für ihren See geben werde – von dem er immer noch nicht genau wusste, wie er eigentlich in ihren Besitz gelangt war. »Sie glaubten offenbar, ich könne nach Gutdünken mit Geld um mich werfen«, erzählt Doukas. »Ich sagte: ›Hören Sie, entgegen der gängigen Meinung hat das Finanzministerium kein Geld.‹« Da meinten sie: ›Gut, wenn Sie uns nicht auszahlen können, warum überschreiben Sie uns dann nicht ein paar staatseigene Immobilien?‹«
Die Strategie hatte etwas für sich: Der See, der keine Mieteinnahmen brachte, würde gegen staatliche Gebäude eingetauscht, die das taten. Irgendwie gelang es den Mönchen, die Regierungsvertreter zu überzeugen, dass das Land rund um den See weit mehr wert sei als die 55 Millionen Euro, auf die es ein unabhängiger Schätzer später taxierte. Auf der Grundlage dieser höheren Bewertung forderten sie Staatseigentum im Wert von einer Milliarde Euro ein. Doukas weigerte sich, ihnen etwas von dem vom Finanzministerium kontrollierten Immobilienvermögen von rund 250 Milliarden Euro zu überlassen. (»Das können Sie sich abschminken«, antwortete er ihnen frei heraus.) Da interessierten sich die Mönche für das zweitwertvollste Land – Ackerland und Wälder, die dem Landwirtschaftsministerium unterstanden. Doukas erinnert sich: »Ruft mich doch der Landwirtschaftsminister an und sagt: ›Jetzt geben wir ihnen schon so viel Land, aber es reicht |98| immer noch nicht. Warum treten Sie nicht auch ein paar Immobilien ab?‹« Als Doukas ablehnte, erhielt er einen weiteren Anruf – diesmal aus dem Büro des Premierministers. Doch er blieb hart. Als Nächstes flatterte ihm dieses Papier auf den Tisch, mit dem den Mönchen staatliches Land überschrieben wird – er hätte nur noch unterzeichnen müssen. »Ich sagte: ›Ihr könnt mich alle mal, ich unterschreibe das nicht.‹«
Und das tat er auch nicht – zumindest nicht in der ursprünglichen Form. Doch aus dem Büro des Premierministers wurde Druck gemacht. Die Klosterbrüder hatten offenbar einen gewissen Einfluss auf den Stabschef des Premiers. Das war Giannis Angelou, der die Mönche ein paar Jahre zuvor kennengelernt hatte, nachdem bei ihm eine lebensbedrohliche Erkrankung diagnostiziert worden war. Die Mönche beteten für ihn. Er starb nicht, sondern gesundete auf wundersame Weise. Doch die Beichte hatte er bereits abgelegt.
Doukas hält die Brüder inzwischen nicht mehr so sehr für raffinierte Betrüger als vielmehr für die verschlagensten Geschäftsleute, mit denen er je zu tun gehabt hatte. »Ich sagte ihnen, am besten sollten sie das Finanzministerium übernehmen«, erzählt er »Sie widersprachen mir nicht.« Am Ende unterschrieb Doukas auf Drängen seines Chefs zwei Dokumente. Im ersten verpflichtete er sich, den Mönchen ihr Eigentumsrecht an dem See nicht streitig zu machen. Das zweite ermöglichte das Tauschgeschäft. Den Mönchen wurden darin zwar keine Rechte an Immobilien des Finanzministeriums übertragen, doch indem Doukas ihren See ins Immobilienportfolio des Ministeriums aufnahm, machte er die Transaktion mit dem Landwirtschaftsministerium möglich. Im Austausch gegen ihren See erhielten die Mönche 73 verschiedenen Regierungsobjekte, darunter auch das ehemalige Turnzentrum für |99| die Olympischen Spiele 2004, das – wie so vieles, was der griechische Staat für dieses Sportereignis gebaut hatte – leer und ungenutzt dastand. Damit sei die Angelegenheit vom Tisch, dachte Doukas. »Man meint doch, das sind Heilige«, erklärt er. »Vielleicht wollten sie ja ein Waisenhaus gründen.« In Wirklichkeit wollten sie ein gewerbliches Immobilienimperium aufbauen, wie sich zeigen sollte. Sie überredeten die Regierung zu einem ungewöhnlichen Schritt: In den Bebauungsplänen wurden etliche nichtgewerbliche Anwesen zu gewerblichen umgewidmet. Neben den Grundstücken, die sie bei dem Tausch erhalten hatten – und die vom griechischen Parlament schlussendlich auf eine Milliarde Euro geschätzt wurden –, erwarben die Mönche ohne jede Hilfe zu 100 Prozent fremdfinanzierte gewerbliche Immobilien in Athen und entwickelten diese. Aus dem ehemaligen olympischen Turnzentrum etwa wurde eine noble Privatklinik, durch die sich für
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