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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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konzentriert. Nach tagelangen heißen Kämpfen brachten die
Partisanen dem Feind eine Niederlage bei, durchbrachen seine Linien und
gelangten in seinen Rücken.
    Der freie
Korridor, den der Durchbruch bildete, ergab einen Zugang zu den Aufständischen
in der Taiga. Weitere Massen von Flüchtlingen strömten herbei, um sich ihnen
anzuschließen. Dieser Zustrom friedlicher Dorfbewohner bestand nicht nur aus
Angehörigen der Partisanen. Die Bauernschaft der Umgebung, verängstigt von den
Strafmaßnahmen der Weißen, verließ ihre Wohnorte, ihre Brandstätten und drängte
natürlicherweise zu dem Bauernheer im Wald, bei dem sie sich geschützt fühlte.
    Aber im
Lager war man bestrebt, sich diese Kostgänger vom Leibe zu halten. Eine
Partisanenabteilung sollte den Fremden entgegenreiten, sie auf dem Weg stoppen
und sie zu einer Mühle auf dem Rodeland am Fluß Tschilimka schicken. Dort gab
es einen Ort, der aus Höfen von Zuwanderern rund um die Mühle bestand, er hieß
Dwory. In diesem Dwory sollten die Flüchtlinge ihr Winterlager aufschlagen und
mit den ihnen zugeteilten Lebensmitteln ein Vorratslager anlegen.
    Während
diese Beschlüsse gefaßt wurden, nahmen die Dinge ihren Lauf, und die
Lagerführung konnte mit ihnen nicht Schritt halten.
    Die
Situation nach dem Sieg über den Feind komplizierte sich. Die Weißen hatten
die Partisanengruppierung, die sie geschlagen hatte, passieren lassen und
schlossen den Ring wieder. Dadurch war ihr der Rückweg zu den Ihren
abgeschnitten.
    Auch die
Flüchtlingsfrauen gerieten in Not. In dem undurchdringlichen Waldesdickicht
konnte man sich leicht verfehlen. Die ihnen entgegengesandten Partisanen fanden
keine Spur von ihnen und kehrten zurück, und die Frauen drangen wie ein
elementarer Strom ins Innere der Taiga, dabei vollbrachten sie unterwegs Wunder
an Findigkeit, fällten zu beiden Seiten Bäume, bauten Brücken und
Knüppeldämme, bahnten Wege.
    All das
lief den Absichten des Partisanenstabs zuwider und warf Liweris Pläne über den
Haufen.
     
    Darum
schäumte er vor Wut, als er mit Swirid unweit der großen Straße stand, die hier
durch die Taiga lief. Auf der Straße stritten seine Unterführer darüber, ob sie
die Telegrafendrähte längs der Straße kappen sollten oder nicht. Das letzte
Wort sollte Liweri haben, der sich mit dem Vagabunden und Tierfänger
verplaudert hatte. Liweri winkte ihnen, er werde gleich kommen, sie möchten
warten und nicht weggehen.
    Swirid
konnte lange nicht die Verurteilung und Erschießung Wdowitschenkos verwinden,
der sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, außer daß sein Einfluß im Lager
Liweris Autorität untergrub und es mit Spaltung bedrohte. Swirid wollte weg von
den Partisanen, um sein ungebundenes Leben wieder aufzunehmen. Aber damit war's
nichts. Er hatte sich verdingt, verkauft, und die Waldbrüder würden ihn
erschießen, wenn er jetzt wegginge.
    Das Wetter
war so scheußlich, daß es sich nicht schlimmer vorstellen ließ. Die scharfen
Windböen jagten tief über der Erde Wolkenfetzen dahin, schwarz wie fliegende
Rußflocken. Plötzlich begann es daraus zu schneien, so krampfhaft stürmisch,
als wäre weißer Irrsinn ausgebrochen.
    Binnen
einer Minute waren die Fernen von einem weißen Leichentuch verhangen, und auf
der Erde lag ein weißer Schleier. Im nächsten Moment war der Schleier verbrannt,
zerfallen. Die kohlschwarze Erde trat zutage, und über den schwarzen Himmel
zogen die schrägen Ströme fernen Regens. Die Erde konnte das Wasser nicht mehr
aufnehmen. Manchmal klarte es etwas auf, dann traten die Wolken auseinander,
als wären droben, um den Himmel zu lüften, Fenster geöffnet worden, die in
kaltem, gläsernem Weiß schimmerten. Das vom Erdboden nicht aufgesaugte stehende
Wasser antwortete von unten mit den aufgerissenen Fensterflügeln der Pfützen
und Seen, die ebenso glänzten.
    Das
Unwetter glitt wie Rauch über die nach Harz und Terpentin riechenden Nadelwälder,
in deren Nadeln nichts eindrang, als wären sie aus Wachstuch. An den Telegrafendrähten
hingen Regentropfen wie aufgefädelte Perlen. Sie hingen dicht beieinander und
fielen nicht ab.
    Swirid
gehörte zu den Männern, die den Flüchtlingsfrauen in die Taiga
entgegengeschickt worden waren. Er wollte dem Partisanenführer erzählen, was er
gesehen hatte. Von dem Durcheinander, das aus dem Aufeinandertreffen
verschiedener unausführbarer Befehle entstanden war. Von den Irrsinnstaten der
schwächeren Frauen, die jeden Glauben verloren hatten. Die

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