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Boris Pasternak

Boris Pasternak

Titel: Boris Pasternak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr Shiwago
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Feinheiten. Darüber zu reden wäre
lächerlich und unangebracht. Ich habe niemals daran gedacht, mit Ihnen zu
reisen. Bei Larissa Fjodorowna ist das etwas anderes. In den seltenen Fällen,
wenn unsere innere Unruhe voneinander losgelöst war und wir uns erinnerten, daß
wir nicht ein Wesen sind, sondern zwei mit getrenntem Schicksal, war ich der
Meinung, sie müsse schon Katenkas wegen gründlich über Ihre Pläne nachdenken.
Das tut sie auch unablässig, sie kommt immer wieder auf die Möglichkeiten
zurück.«
    »Aber nur
unter der Bedingung, daß du mitfährst.«
    »Es fällt
uns gleichermaßen schwer, an eine Trennung zu denken, aber vielleicht müssen
wir uns überwinden und dieses Opfer bringen. Denn daß ich mitfahre, davon kann
überhaupt keine Rede sein.«
    »Aber du
weißt doch noch gar nichts. Höre erst einmal zu. Morgen früh... Viktor
Ippolitowitsch!«
    »Larissa
Fjodorowna meint wohl die Informationen, die ich mitgebracht und ihr schon
mitgeteilt habe. Auf dem Bahnhof in Jurjatin steht unter Dampf ein Sonderzug
der Fernöstlichen Regierung. Gestern ist er von Moskau eingetroffen, und morgen
fährt er weiter. Der Zug gehört unserm Ministerium für Verkehrswesen. Er
besteht zur Hälfte aus internationalen Schlafwagen.
    Mit diesem
Zug muß ich fahren. Ich habe Plätze frei für Personen, die ich in mein
Arbeitskollegium berufen will. Wir würden mit allem Komfort reisen. Eine solche
Gelegenheit bietet sich nie wieder. Ich weiß, daß Sie Ihre Worte wägen und
Ihre Absage nicht umstoßen werden. Sie sind ein Mann von festen Entschlüssen,
das weiß ich. Und trotzdem. Überwinden Sie sich um Larissa Fjodorownas willen.
Sie haben es gehört, ohne Sie reist sie nicht ab. Fahren Sie mit uns, und wenn
nicht bis Wladiwostok, dann wenigstens bis Jurjatin. Dort sehen wir weiter.
Aber es ist Eile geboten. Wir dürfen keine Minute verlieren. Ich habe einen
Mann mit, denn ich bin kein guter Fuhrmann. Mit ihm wären wir zu fünft. Das ist
zuviel für meinen Schlitten. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie das Pferd von
Samdewjatow hier. Sie sagten ja, Sie hätten damit Holz geholt. Ist es noch
angespannt?«
    »Nein, ich
habe es in den Stall gebracht.«
    »Spannen
Sie es rasch wieder an. Mein Kutscher kann Ihnen helfen. Aber wissen Sie was,
zum Teufel mit dem zweiten Schlitten. Irgendwie schaffen wir's auch mit meinem.
Aber beeilen Sie sich um Gottes willen. Nehmen Sie nur das Notwendigste mit,
was gerade greifbar ist. Das Haus kann unverschlossen bleiben. Wir müssen das
Leben des Kindes retten und nicht Schlüssel sammeln.«
    »Ich
verstehe Sie nicht, Viktor Ippolitowitsch. Sie reden so, als ob ich schon
eingewilligt hätte. Fahren Sie mit Gott, wenn Lara es möchte. Um das Haus
machen Sie sich keine Sorgen. Ich bleibe hier, und wenn Sie weg sind, werde ich
es aufräumen und abschließen.«
    »Was
redest du, Jura? Was soll dieser offenkundige Blödsinn, an den du ja selbst
nicht glaubst? >Wenn Lara es möchte.< Dabei weißt du ganz genau, daß ohne
dich an meine Abreise überhaupt nicht zu denken ist. Also was soll der Satz:
>Ich werde aufräumen und abschließend    »Sie sind
also unerbittlich. Dann etwas anderes. Mit Erlaubnis Larissa Fjodorownas
möchte ich Ihnen unter vier Augen ein paar Worte sagen.«
    »Gut. Wenn
das sein muß, gehen wir in die Küche. Du hast doch nichts dagegen, Lara?«
     
    »Strelnikow
ist gefaßt worden. Man hat ihn zur Höchststrafe verurteilt, und das Urteil
wurde vollstreckt.«
    »Grauenhaft.
Ist das wirklich wahr?«
    »So habe
ich's gehört. Ich bin davon überzeugt.«
    »Sagen Sie
es nicht Lara. Es würde sie um den Verstand bringen.«
    »Das
fehlte noch. Deswegen habe ich Sie ja um diese Unterredung gebeten. Nach seiner
Erschießung sind sie und die Tochter in unmittelbarer Lebensgefahr. Helfen Sie
mir, sie in Sicherheit zu bringen. Sie bleiben dabei, daß Sie nicht mitfahren?«
    »Ich habe
es Ihnen gesagt. Natürlich.«
    »Aber ohne
Sie fährt sie nicht mit. Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Dann müssen
Sie eben auf andere Weise helfen. Äußern Sie, wenn auch nur zum Schein, Ihre
Bereitschaft mitzufahren, tun Sie so, als ob Sie sich haben überreden lassen.
Ich mag mir den Abschied zwischen Ihnen beiden gar nicht vorstellen, weder
hier noch auf dem Bahnhof in Jurjarin, falls Sie tatsächlich mitfahren, um uns
zum Zug zu bringen. Wir müssen erreichen, daß sie glaubt, Sie fahren mit. Wenn
nicht jetzt gleich mit uns, dann von mir aus etwas später, wenn ich Ihnen

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