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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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Felswände hochzuklettern, um sich vor dem Ertrinken zu retten. Auf diese Weise löschte ein anderer rebellischer Apache namens Massai eine ganze Kavallerieschwadron aus: »Er lockte sie in eine tiefe Schlucht, genau zu dem Zeitpunkt, als ein Wolkenbruch niederging, bei dem die Verfolger ertranken.«
    Die Barrancas waren so trügerisch, dass selbst ein rascher Schluck frischen Wassers tödlich sein konnte. Der Apachenhäuptling Victorio lockte US-Kavalleristen bei einer Katz-und-Maus-Verfolgungsjagd tief in die Canyons und legte sich dann bei der einzigen Wasserstelle in den Hinterhalt. Die Kavalleristen mussten gewusst haben, dass er dort auf sie warten würde, aber sie hatten keine Wahl. Ohne Orientierung und von der Hitze aufs Äußerste gepeinigt, riskierten sie lieber den schnellen Tod durch eine Kugel in den Kopf als ein langsames Ersticken an einer durch den Durst aufgequollenen Zunge.
    Auch die beiden härtesten Burschen der US-Militärgeschichte waren den Barrancas nicht gewachsen. Pancho Villas Streitkräfte griffen im März 1916 die Kleinstadt Columbus in Neu-Mexiko an, worauf Präsident Woodrow Wilson persönlich Black Jack Pershing und George Patton den Auftrag gab, Villa aus seinem Canyonversteck zu jagen. Jahre später war der Jaguar immer noch nicht gefangen. Patton und Pershing stand die geballte Macht der US-Streitkräfte zur Verfügung, aber eine Suche in Zehntausenden von Quadratkilometern rauer Wildnis war eine aussichtslose Angelegenheit. Und die einzige potenzielle Informationsquelle, die Tarahumara, verschwand schon beim leisesten Geräusch. Das Ergebnis: Black Jack und Old Blood and Guts wurden in zwei Weltkriegen mit den Deutschen fertig, aber vor den Copper Canyons kapitulierten sie.
    Die mexikanische Bundespolizei entwickelte im Lauf der Zeit eine bedächtigere Strategie. Was für die Verfolger die Hölle war, das erkannten die Polizisten, konnte für die Verfolgten nicht viel schöner sein. Und was den Flüchtigen dort unten widerfuhr – Hunger, Angriffe von Jaguaren, Wahnsinn, lebenslange selbstgewählte Einzelhaft – war möglicherweise schrecklicher als alles, was sich das mexikanische Justizwesen ausdenken konnte. Also zügelten die Federales häufig ihre Pferde und gestatteten jedem Banditen, der die Canyons erreichte, sein Glück im selbstgewählten Gefängnis zu versuchen.
    Viele Abenteurer, die in diese Landschaft gelangten, kamen nie wieder heraus, was den Canyons den Ruf eines Bermudadreiecks im Grenzgebiet einbrachte. Apache Kid und Massai galoppierten ein allerletztes Mal über den Skeleton-Pass in die Copper Canyons und wurden nie mehr gesehen. Ambrose Bierce, der berühmte Zeitungskolumnist und Autor der höchst erfolgreichen Satire Aus dem Wörterbuch des Teufels, war, so wurde berichtet, im Jahr 1914 auf dem Weg zu einem Treffen mit Pancho Villa, als er der Anziehungskraft der Copper Canyons erlag und spurlos verschwand. Man stelle sich vor, dass Anderson Cooper bei einem Reportageauftrag für CNN verschwindet, um ein Gefühl für den Aufwand zu bekommen, mit dem nach Bierce gesucht wurde. Er blieb verschwunden.
    Erlitten die verlorenen Seelen der Canyons ein fürchterliches Schicksal, oder fügten sie sich gegenseitig ein solches Schicksal zu? Das weiß niemand zu sagen. Früher wurden sie von Pumas getötet, von Skorpionen, Korallenschlangen, Durst, Kälte, Hunger oder dem Canyon-Fieber, und heute könnte man dieser Liste noch die Kugel eines Heckenschützen hinzufügen. Seit die Drogenkartelle in den Copper Canyons Einzug gehalten hatten, bewachten sie ihre Handelsware mithilfe von Zielfernrohren, mit denen man aus mehreren Kilometern Entfernung auch noch ein Blatt zittern sah.
    Deshalb fragte sich Ángel auch, ob er diese Gestalt jemals zu sehen bekommen würde. Vieles konnte den Mann dort draußen umbringen, und möglicherweise kam es auch so. Wenn er sich nicht gut genug auskannte, um Abstand zu den Marihuana-Feldern zu wahren, würde er vielleicht nicht einmal den Schuss hören, der ihm den Kopf wegpustete.

    »Hoooooolaaaaaa! Amigoooooos!«
    Das Rätsel des einsamen Wanderers wurde früher gelöst, als Ángel erwartet hatte. Er blinzelte immer noch in die Sonne und hielt nach zurückkehrenden Schulkindern Ausschau, als er ein Jodeln mit Echo hörte und einen nackten Burschen entdeckte, der winkend den Fußpfad zum Fluss hinunterlief.
    Bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass die Gestalt nicht völlig nackt war. Und sie war auch nicht richtig angezogen, ganz

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