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Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition)

Titel: Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher McDougall
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Karnazes? »Wenn man von 160-Kilometer- oder noch längeren Rennen auf Bergpfaden spricht, kommt ihm in der Geschichte des Laufens keiner gleich. Wollte man ihn als den größten Ultralangstreckenläufer aller Zeiten bezeichnen, spräche einiges dafür«, lautete das Urteil von Don Allison, dem Herausgeber von UltraRunning . »Er hat das Talent, es mit jedem anderen aufzunehmen.«
    Wo war er dann?
    Längst fort. Anstatt nach diesem ruhmreichen Sommer Eigenwerbung zu betreiben, verschwanden Scott und Leah in den Wäldern, um dort in aller Stille zu feiern. Scott interessierte sich nicht im Geringsten für Talkshows. Er besaß nicht einmal ein Fernsehgerät. Er las Deans Buch und Pams Buch und all die Zeitschriftenartikel, und bei dieser Lektüre drehte es ihm den Magen um. »Schaunummern«, grummelte er. Sie bedienten sich dieses großartigen Sports, dieses großen Geschenks der Flucht aus dem Alltag, und machten eine Freakshow daraus.
    Als Scott und Leah schließlich in ihre winzige Wohnung zurückkehrten, wartete dort schon wieder eine diese verrückten E-Mails auf ihn. Seit etwa zwei Jahren hatte er immer mal wieder Nachrichten von so einem Typen bekommen, der mit unterschiedlichen Namen unterschrieb: Caballo Loco … Caballo Confuso … Caballo Blanco. Es ging dabei um irgendein Rennen, ob er wohl teilnehmen könnte, alle Macht dem Volke, bla bla bla … Normalerweise überflog Scott diese Texte kurz und klickte dann auf »Löschen«, aber diesmal fiel ihm ein Wort auf: Chingón .
    Moment mal. War das nicht ein unanständiges spanisches Schimpfwort? Scott konnte nicht viel Spanisch, aber mit Flüchen und Schimpfwörtern kannte er sich aus. Beschimpfte ihn dieser schräge Pferdetyp etwa?
    Scott las die Nachricht ein zweites Mal, diesmal aber etwas sorgfältiger:

    Ich habe den Rarámuri gesagt, dass mein Apachen-Freund Ramon Chingón behauptet, er könne jeden schlagen. Im Vergleich zu den Apachen seien die Tarahumara mehr oder weniger gute Läufer, und für die Quimares gelte: ein bisschen mehr als weniger. Aber die Frage lautet: Wer ist mehr chingón als Ramon?

    Caballos Sprachgebrauch war nicht leicht zu entschlüsseln, aber nach Scotts Verständnis sah das so aus, als sei ihm, Scott, die Rolle des Ramon Chingón alias The Mean Mutha zugedacht, der dort unten antreten sollte, um den Tarahumara ihre Grenzen aufzuzeigen. Also versuchte dieser Typ, dem er noch nie im Leben begegnet war, einen großen Zweikampf zwischen den Tarahumara und den Apachen, ihren Feinden seit Menschengedenken, aufzuziehen, und er wollte, dass Scott dabei die Rolle des maskierten Schurken übernahm. So ein verrückter Spinner …
    Scott legte den Finger auf die Löschtaste, hielt dann aber inne. Andererseits … war das nicht genau das, was Scott im Sinn gehabt hatte? Die besten Läufer und die schwierigsten Strecken der Welt zu finden und sich überall durchzusetzen? Irgendwann würde sich niemand mehr, nicht einmal die Ultralangstreckenläufer, an Pam Reed oder Dean Karnazes erinnern. Aber wenn Scott so gut war, wie er selbst glaubte – wenn er so gut war, wie er sich traute -, dann würde er laufen, wie noch niemand vor ihm gelaufen war. Scott genügte es nicht, der weltbeste Läufer zu sein; er wollte der beste Läufer aller Zeiten werden.
    Doch wie jeder andere Champion musste er mit Alis Fluch leben: Auch wenn er jeden lebenden Gegner besiegte, konnte er immer noch gegen die Toten (oder zumindest: gegen die längst Zurückgetretenen) verlieren. Jeder Schwergewichtsboxer muss sich diesen Spruch anhören: »Ja, du bist gut, aber Ali in seiner Glanzzeit hättest du nie besiegt.« Und ebenso galt: Ganz gleich, wie viele Rekorde Scott aufstellte, immer würde die eine unbeantwortete Frage auftauchen: Was wäre geschehen, wenn er 1994 in Leadville angetreten wäre? Hätte er Juan Herrera und das Team Tarahumara schlagen können, oder hätten sie ihn eingeholt wie ein Stück Wild, so wie sie es mit der Bruja gemacht hatten?
    Die Helden der Vergangenheit sind unantastbar, das Tor zur Festung Zeit schützt sie – falls nicht, wie durch Zauberhand, ein rätselhafter Fremder mit dem Schlüssel erscheint. Vielleicht war Scott, dank dieses Caballo-Typen, dieser auserwählte Athlet, der die Zeit zurückdrehen und sich selbst im Kampf mit den Unsterblichen prüfen konnte?
    Wer ist mehr chingón als Ramon?

20

    Neun Monate später war ich wieder an der mexikanischen Grenze, die Uhr lief, und für Fehler und Pannen gab es keinerlei Spielraum. Es

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