Bosmans/Deleu 02 -Totenspur
seiner Kundinnen nicht vorbeigekommen ist, um bestimmte Unterlagen zu unterschreiben. Ich weiß es nicht mehr genau. Du solltest dich bei Gelegenheit mal nach den Einzelheiten erkundigen.«
»Henri Scharlaeken nestelte unterdessen am Gummireifen von Vereeckens Rollstuhl herum. »Wo sitzendenn hier die Ventile? Ich lass dir jetzt mal die Luft raus.«
Ohne hinzusehen, schlug Walter Vereecken nach Scharlaekens Hand, die dieser blitzschnell zurückzog.
»Die Frau ist jedenfalls alleinstehend und stinkreich, und der Bankangestellte machte sich Sorgen um sie. Wir sind gestern an ihrem Haus vorbeigefahren und haben geklingelt, aber es hat niemand aufgemacht.«
»Wo wohnt sie denn?«, fragte Pierre neugierig.
»Diese Information habt ihr natürlich nicht weitergeleitet«, rügte Vereecken trocken.
»Wenn, dann müsstest du es ja wohl am besten wissen, Mijnheer Koordinator«, antwortete Scharlaeken mit herausforderndem Blick.
»Sie wohnt in Walem, nicht weit von hier. Man kann es gar nicht verfehlen, das Haus ist riesig. Außerdem ist es das einzige in der ganzen Straße. Wartet, ich habe die Adresse hier noch irgendwo«, sagte Roland Alaerts und fasste in die Brusttasche seines zerknitterten Diensthemdes.
36
Um Punkt neun Uhr morgens betrat Gustaaf Peeters, eine qualmende Zigarre im Mundwinkel und die Hände tief in den Taschen vergraben, das Büro von Jos Bosmans. Er blieb vor dem Schreibtisch des Untersuchungsrichters stehen und sagte kein Wort.
Bosmans blickte über den Rand seiner rechteckigen Lesebrille hinweg. Er ärgerte sich über die Dreistigkeit und die Selbstsicherheit seines Gegenübers und sagte, ohne ihn anzusehen: »Setzen Sie sich.«
»Nicht nötig. Ich will keine Anzeige erstatten«, erwiderte Peeters, der stocksteif stehen blieb.
»Was wollen Sie dann hier?«, fragte Bosmans. Er klang keineswegs erleichtert.
»Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen.«
Der Untersuchungsrichter musterte ihn forschend, doch noch bevor er reagieren konnte, sagte der Journalist: »Deleu hat recht, ich hätte die Story niemals veröffentlichen dürfen.«
Jos Bosmans nickte nur und vertiefte sich wieder inseinen Bericht. Peeters drehte sich um und ging zur Tür.
»Wer war Ihr Informant?«
»Jetzt kommen Sie schon, Mijnheer Bosmans. Sie wissen doch …«
»… dass Sie Ihre Quellen niemals preisgeben. Ja, das weiß ich. Aber das ist ein altes Journalistenklischee. Ein Klischee, das möglicherweise noch weitere fünf, sechs oder noch mehr unschuldige Frauen das Leben kosten wird. Wenn Sie damit leben können … Sie müssen es ja wissen.«
Er ignorierte Gustaaf Peeters, schob seine Lesebrille ein Stück höher und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem vor ihm liegenden Bericht zu.
»Netter Versuch«, sagte der Journalist und kehrte zu Bosmans Schreibtisch zurück.
Er zog sich einen Stuhl heran, drehte ihn mit der Rückenlehne zum Untersuchungsrichter und setzte sich rittlings darauf wie ein Jockey, der sich zum Endspurt bereitmacht.
»Meine Quellen verrate ich nicht, aber möglicherweise habe ich einige interessante Informationen für Sie, die den Ermittlungen einen entscheidenden Schub in die richtige Richtung geben könnten.«
Bosmans, auf einmal ganz Ohr, schützte Desinteresse vor. Er hob nicht mal den Blick.
»Man hat mir gestern ein Angebot gemacht. Jemand hat sich mit dem Vorschlag an mich gewandt, mir gegen viel Geld wichtige Informationen zuzuspielen. Ichhabe abgelehnt, aber wenn Sie wollen, sage ich Ihnen, wer es war. Mir ist wirklich daran gelegen, die Ermittlungen voranzubringen, Mijnheer Bosmans.«
»Mit anderen Worten, Sie wollen vermeiden, dass die Konkurrenz Ihrem Mann für teures Geld die Informationen abkauft. War Ihr Budget etwa nach den letzten Eskapaden aufgebraucht?«
»Dann eben nicht«, antwortete Peeters, stand auf, schob den Stuhl weg, drehte sich um und ging zur Tür.
»Nichts für ungut, Peeters«, sagte Bosmans. »Setzen Sie sich.«
Der Journalist gehorchte.
»Tut mir leid. Ich bin ziemlich gereizt in letzter Zeit, aber ich weiß Ihr Verhalten zu schätzen. Deleu hat einen Fehler gemacht, und ich bin dankbar, dass ich meinen besten Fahnder nicht von den Ermittlungen abziehen muss. Jetzt erzählen Sie schon, welche spektakulären Enthüllungen haben Sie für mich in petto?«
Der Journalist dachte zunächst angestrengt nach und sagte dann zögernd: »Robert Pardon.«
»Was ist los mit ihm?«, rief Jos Bosmans und gab seinen gespielten Gleichmut auf.
»Ein
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