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Bosmans/Deleu 02 -Totenspur

Bosmans/Deleu 02 -Totenspur

Titel: Bosmans/Deleu 02 -Totenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luc Deflo
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Zwei stechende grüne Augen blickten Dirk Deleu hasserfüllt an, allerdings nur ganz kurz. Als sie erloschen und der Sterbende hörbar seinen letzten Atemzug ausstieß, erkannte der Ermittler zu seinem Erstaunen, dass jetzt nicht mehr ein grimmiger, sondern ein geradezu seliger Ausdruck auf dem Gesicht lag. Er schloss die Lider des Toten und drehte sich um. Er stand auf und nahm Nadia Mendonck vorsichtig am Arm. »Soll ich deine Schulter …«
    »Nein, lass nur«, sagte Nadia, befreite sich mit einer schmerzlichen Grimasse aus seinem Griff, ging in die Hocke und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die kalte Wand. Zitternd presste sie die Finger gegen die offene Wunde.
    Deleu zuckte verwirrt mit den Schultern. Während sich Bert Bleux vorsichtig näherte, kehrte der Ermittler zu dem toten Mörder zurück. Er lag auf dem Bauch, das Gesicht zum Ausgang, die Arme und Beine weit abgespreizt, und sah aus wie eine abgestürzte Fledermaus. Deleu bückte sich, fuhr in Höhe der Brust mit einer Hand unter die Leiche und murmelte etwas Unverständliches.
    Nadia Mendonck öffnete die Augen und betrachteteihre blutverschmierten Finger. Dann merkte sie, was ihr Kollege da tat, und machte vor Überraschung den Mund auf, als Deleu die suchende Hand unter dem Schritt des Toten wieder hervorzog. Sie wollte gerade das Gesicht abwenden, doch dann sah sie, wie Dirk Deleu leichenblass wurde. Er stieß einen lauten Fluch aus, und in diesem Kraftausdruck entlud sich seine ganze aufgestaute Wut.

47
     
    Obwohl es draußen Stein und Bein fror, lockerte Dirk Deleu die Krawatte und öffnete den obersten Hemdknopf. In dem überfüllten Saal war es brütend heiß. Er nippte an seinem Mineralwasser und blinzelte in das Blitzlichtgewitter, das ihn jetzt zum xten Male überfiel. Er dachte bei sich, dass die Fotografen inzwischen sicher schon an die tausend Aufnahmen gemacht hatten, und blickte dabei verstohlen zu seinem Freund, dem Untersuchungsrichter. Jos Bosmans sah verschwitzt aus, meisterte aber trotzdem das journalistische Sperrfeuer mit Bravour. Problemlos wechselte er je nach Bedarf vom Französischen ins Deutsche oder Englische.
    »Untersuchungsrichter Bosmans, wo bleibt eigentlich Oberstaatsanwalt Verspaille?«, rief eine dünne rothaarige Vogelscheuche im Hintergrund mit heiserer Stimme.
    »Kein Kommentar!«, blaffte Bosmans.
    »Aber warum ist er nicht hier?«
    »Er hat die Windpocken«, antwortete der Gefragte trocken.
    Deleu zog die Augenbrauen hoch und grinste.
    »Vielleicht ist er ja in Ohnmacht gefallen?«, rief jemand aus dem Hintergrund. Es war Gustaaf Peeters. Er fügte hinzu: »Mijnheer Bosmans? Wie steht es mit dem Rechtshilfeersuchen? In Frankreich wird doch auch ermittelt. Gibt es da einen Zusammenhang?«
    »Meine Damen und Herren«, sagte Bosmans. »Wir können bisher nur eines mit Sicherheit sagen, nämlich, dass Michel Bekaert seine Mordserie in Frankreich begonnen hat.«
    »Können Sie uns die ganze Geschichte erzählen?«, rief jemand in der Menge.
    Bosmans rieb sich die Augen und sah auf die Uhr.
    »Sind wir hier auf einer Pressekonferenz oder auf einem Basar?«, fragte ein Journalist provokant.
    Bosmans seufzte vielsagend. »Na schön«, sagte er barsch, »wenn Sie die ganze Geschichte hören wollen, sollen Sie zumindest die Kurzversion erfahren. Die Familie Bekaert hat früher in Tongeren gewohnt. Der Vater war ein wohlhabender Industrieller, die Mutter eine Art Femme fatale. Sie hatten zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. Die Zwillinge Michelle und Michel. Aussagen der Mutter lassen vermuten, dass der Vater pädophile Neigungen hatte und sich regelmäßig an der Tochter verging.«
    »Woher haben Sie diese Informationen?«, fragte einer der Zuhörer.
    Jos Bosmans blickte zerstreut über seine Lesebrille hinweg und antwortete: »Wir haben alte Zeitungsausschnitte mit Berichten über den Fall gefunden …«
    »Aus welcher Zeitung denn?«, fragte ein älterer Journalist skeptisch.
    Bosmans ignorierte den Einwurf. »… die uns dazu bewogen haben, die Scheidungsakte der Familie Bekaert ausfindig zu machen und gründlich durchzuarbeiten. Dürfte ich jetzt vielleicht mit meinen Ausführungen fortfahren?«
    Nach Bosmans Ausbruch wurde es still im Saal.
    »Die Zeitungsartikel berichten von den Ereignissen, die der Scheidung vorausgegangen waren, hauptsächlich dem tragischen Tod der Tochter Michelle. Das Kind muss bei dem Versuch, den Zudringlichkeiten des Vaters zu entgehen, in die Tiefkühltruhe gefallen sein, und

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