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Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition)

Titel: Boten des Lichts, Die Auserwählten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Víctor Conde
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des Kreuzfahrtschiffes, dessen Schiffsschrauben die Küste in Stücke riss.
    Im Krater des Nea Kameni hatte sich ein Spalt aufgetan, aus dem der Atem der Erde hervorquoll, eine brennende Säule aus Feuer und Gas, die etwa hundert Meter in die Höhe schoss. Im Innern der Säule schwebte der Desmodu, zu seinen Füßen kniete Séfora, die Flügel schlaff neben sich im Staub.
    Der Magmavorhang hatte sich gelüftet. Es war unmöglich, dass die Bewohner von Santorin dieses Schauspiel nicht sahen, so wie sie auch Zeugen der Havarie des Luxusschiffes gewesen sein mussten. Egal wie mächtig die Magie der Engel und Dämonen auch war, kein Zauber der Welt konnte einen Vulkanausbruch verbergen.
    Die drei jungen Leute blieben auf der höchsten Erhebung stehen. Hitzewellen schlugen ihnen entgegen und entzündeten ihre Kleidung an einzelnen Stellen. Aber sie merkten es kaum. Tanya blickte an sich herunter und sah, dass ihr Körper eine strahlend weiße Aura aussandte, einen Schutzschild spiritueller Kraft. Auf dem Rücken hatte sie Flügel, weiße mit roten Rändern, die gleichen wie Séfora, aber sie hatten sich noch nicht gänzlich materialisiert. Das Licht ging durch sie hindurch, als wären sie nur Halluzinationen, nicht mehr als ein bloßes Versprechen.
    Auch Erik war von einem strahlenden Glanz umgeben. Seine Aura war golden, und die Flügel hatten ein aggressiveres Profil, eher wie die eines Falken als die einer Taube. In seiner Hand flammte ein Schwert. Mauro umgab ein bläulicher Schein, und seine Federn waren eher dunkel: blau mit silbernem Rand, ähnlich denen einer Eule.
    Die drei sahen einander verblüfft an, dann wandten sie sich um. Ein Heer von Dämonen war aus dem Schiffsrumpf geklettert und schlich leise auf sie zu in der Hoffnung, sie zu überrumpeln.
    »Helfen wir Séfora, oder schaffen wir uns erst dieses Gesindel vom Hals?«, fragte Erik.
    Als Antwort ging Tanya ein paar Schritte vor. Die Dämonen blieben auf der Stelle stehen.
    Tanya suchte ihre Eltern in der Menge. Sie entdeckte sie inmitten der Körper, die die dämonische Magie deformiert hatte, mit ihren langen Fingernägeln, Stoßzähnen und vorgewölbten Schädeln auch sie der Inbegriff schrecklicher Kindheitsträume.
    Tanya schrie: »Könnt ihr das sehen?« Sie zog mit der Fußspitze eine Linie. »Hier ist die Grenze! Wenn ihr sie überschreitet, schicke ich euch im Direktflug in die Hölle, das schwöre ich euch.«
    Die verblüfften Dämonen brachen in eine Art Murmeln aus, eine Mischung aus Lachen und Knurren, und stürzten sich sogleich auf sie. Ihre Eltern standen in der ersten Reihe und griffen sie auf allen vieren mit weit aufgerissenem Schlund an.
    Tanya kniff die Augen zusammen, sodass sie nur noch zwei schmale Schlitze waren. Sie konzentrierte sich. Sie musste zu dem Gefühl zurückfinden, in dessen Bann sie sich befand, als sie mit Séfora auf der Anderen Seite ihr ureigenes Wesen erkannt hatte. Sie erinnerte sich an den kritischen Moment, die Berührung der Hand Ninives, die sie führte, und an die Entdeckung, dass in ihr Millionen Erinnerungen brodelten, denen jede gemeinsame Grundlage fehlte.
    Sie hob die Hände empor, der Meute entgegen, die über sie herfiel, und spürte, wie ihre Aura an Intensität zunahm. Die Augen hielt sie fest geschlossen.
    Schließlich war es wieder da, das Gefühl der Reinheit, der Erlösung. Die Kettenreaktion, die jeder Logik entbehrte, die kleinsten bedeutungsgeladenen Teilchen, die sich in Zufall und Verdorbenheit spalteten. Sie hatte sich in amorphes Mitgefühl verwandelt, vom Leid beschwert, so wie Mauro … aber sie glaubte an die Hoffnung. An die Liebe. Tanya war in sich selbst eine offene Tür zur Heilung, nicht zum Tod.
    Aus ihren Händen quoll kaltes, silbern gleißendes Licht. Vernichtendes Licht. Eine Sekunde später, und die Dämonen hätten ihr mit den Schneidezähnen die Kehle herausgerissen. Nun waren sie ihr schon zu nahe gekommen, um dem Lichtkegel noch auszuweichen. Als das Licht sie traf, kreischten sie vor Schmerzen.
    Es war gutes Licht. Heilendes Licht. Es reinigte ihre verdorbenen Körper, ihre verfaulte Seele, ihren Willen, der vom Tod infiziert nur den Tod suchte.
    Keinem einzigen gelang es, die dünne Linie zu überschreiten, die Tanya in den Boden gezeichnet hatte.
    Als alles vorbei war, gab es keine niederen Dämonen auf der Insel mehr. Der Schein des Lichts hatte sie alle befreit. Die Dämonen, die reine Energie waren, hatten sich in Schall und Rauch aufgelöst, den anderen war die

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