Bottini, Oliver - Louise Bonì 02
nicht aus dem Kopf.«
»Wahrscheinlich hat er bloß Dialekt gesprochen.« Löbinger lachte. »Er hat gemeint ›Dou des ned‹ oder so.«
»Was soll das für ein Dialekt sein«, sagte Thomas Ilic.
»Das weiß ich nicht. Fränkisch? Sicher nicht texanisch.«
Niemand reagierte.
Dann begann das Warten.
Ein unruhiges Warten. Sie bekam den Amerikaner nicht aus dem Kopf. War in den letzten Tagen nicht schon einmal von einem Amerikaner die Rede gewesen? Aber in welchem Zusammenhang? Sie erinnerte sich nicht.
Und dann stahl sich auch noch der andere Bruder in ihre Gedanken.
Um zwei Minuten nach halb sieben spielte ihr Handy die Satie-Melodie. Sie sah auf das Display und sagte: »Täschle.«
»Mach’s kurz«, befahl Bermann.
Sie nahm den Anruf an. »Bin in einer Besprechung, Herr Täschle.«
»Ich mach’s kurz«, sagte Täschle. Einer von Hannes Riedingers Söhnen war heute Mittag eingetroffen. Falls sie mit ihm sprechen wollte, er war tagsüber auf dem Hof und wohnte im Hotel-Restaurant Fortuna in der Fußgängerzone. »Ich hab Sie erwähnt«, sagte Täschle.
»Und Kathi und die anderen Kinder?«
»Kommen nicht.«
Sie bedankte sich und beendete die Verbindung.
Almenbroich lächelte kraftlos. »Kathi?«
»Vergiss nicht, die Mithörfunktion einzuschalten«, sagte Löbinger. Er hatte den Satz noch nicht beendet, als das Telefon erneut läutete.
Sie hörte zu, Marcel sprach.
Bo – der Mörder von Hannes Riedinger –, die beiden Bosnier aus dem Wald und Marion Söllien hielten sich in einem Landhaus südöstlich von Heuweiler auf. Nur Bo war bewaffnet.
Und er war, sagte Marcel, gefährlich. Er tötete ohne Skrupel. Es gab ein Festnetztelefon, außerdem hatten Bo und Marion Söllien Funktelefone. Das Haus lag in einem Funkloch, die Handys hatten erst einhundert Meter weiter Empfang, um die Handys mussten sie sich also nicht kümmern. Aber das Festnetz mussten sie unmittelbar vor dem Zugriff stören lassen.
Marcel schwieg.
»Sie wissen, wie wichtig das für uns ist«, sagt er dann.
»Ja.«
»Und kein Wort an die Presse vor morgen früh. Keinen Anwalt vor morgen früh. Sie wissen, was auf dem Spiel steht.«
Bermann trat zu ihr, hielt ihr einen Zettel hin: Marion Söllien –
Geisel? Sie sprach die Frage aus. Nein, nein, erwiderte Marcel, Marion Söllien sei involviert. Noch einmal: keine Presse, keinen Anwalt vor morgen früh. Konnte sie das garantieren?
Almenbroich nickte.
»Ja«, sagte sie.
»Gut.«
Sie sah, dass Almenbroich Löbinger ein Zeichen gab.
Löbinger verließ den Raum. Er würde den Kollegen vom Fahndungsdezernat mitteilen, dass sie sich zurückziehen mussten, und das Mobile Einsatzkommando in Umkirch anfordern.
Marcel beschrieb das Haus: Wohnzimmer und Küche im Erdgeschoss, drei Schlafzimmer, Bad, Toilette im Obergeschoss. Bo schlief im Zimmer links, Marion Söllien in der Mitte, die beiden bosnischen Brüder rechts. Keine Nachbarn, zumindest nicht in einem Umkreis von dreihundert Metern.
»Wem gehört das Haus?«, fragte sie. Ihr Blick fiel auf Thomas Ilic. Er hatte seinen Schnellhefter aufgeschlagen, schrieb mit.
Sie dachte, dass sie sich ohne diesen Schnellhefter mittlerweile überfordert gefühlt hätte. Die blauen Wörter schienen zu gewährleisten, dass nichts verloren ging in diesen allzu schnellen Tagen.
»Wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass PADE es nutzt. Mahr und Busche treffen sich dort ein-, zweimal im Monat, manchmal sind auch andere dabei. Mittelsmänner, Waffenschmuggler, Kuriere.«
Mahr, der Landtagsabgeordnete a. D., dachte Louise, aber wer war Busche? Dann erinnerte sie sich. Der Unternehmer aus dem PADE-Vorstand. Mahr, Busche, Rashid – blieben die Lehrerin und als weitere Mitglieder das Mallorca-Ehepaar und Mahrs Mutter Wilhelmine. Können Sie alle vergessen, sagte Marcel.
Strohmänner, Strohfrauen. Mahr, Busche und vermutlich Rashid seien die Drahtzieher, die anderen hätten keine Ahnung, was PADE wirklich tue.
» Vermutlich Rashid?«
»Er war bisher bei keinem Treffen dabei, die wir beobachtet haben. Aber er ist Pakistaner, er hat Kontakte nach Panjgur, er ist Physiker, und er hat früher im Bereich atomare Kernspaltung gearbeitet. Gründe genug, ihn nicht aus den Augen zu lassen.«
»Die veränderte Welt.«
»Ja«, sagte Marcel.
»Wer ist Aziza Mahr?«
Thomas Ilic sah auf. Wissen wir inzwischen, formten seine Lippen lautlos.
»Das wissen Sie nicht? Mahrs erste Frau.«
»Ist sie wichtig?«
»Nein. Sie ist vor Jahren gestorben.«
Thomas Ilic
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