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Braeutigame

Braeutigame

Titel: Braeutigame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Braun
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oder zehn Jahren hat anfertigen lassen. Die Zertifikate sind hinten angehängt. In Kopie natürlich nur. Er hat sie meines Wissens in England anfertigen lassen, bei einer Londoner Firma. Der wichtigste Posten sind vermutlich die zwei Turner, ein Ölgemälde und ein Aquarell. Die hängen aber seit vielen Jahren in der Kunsthalle, hier am Haupt bahnhof. Leihweise natürlich . Das wussten Sie gar nicht? Nun, es sind jetzt Ihre. Feine Werke. Erstklassig – Museumsware eben. Es gibt übr igens keinerlei Verpflichtung, s ie der Stadt länger zur Verf ügung zu stellen. Aber solange s ie dort hängen, sparen Sie immerhin die laufenden Kosten. Versicherung und so weiter. Dieser Brief hier – von Ihrem Mann – ist für Sie. Im Testament ist vermerkt, dass Sie ihn hier öffnen und lesen sollen. In meinem Beisein. Lesen also, nicht etwa vorlesen. Außer Sie halten das im Nachhinein für richtig. Hier ist ein Briefmesser. Bitte. Lassen Sie sich Zeit. “
    Gegen Zahlung eines fürstlichen Gehalts, schrieb Konrad ihr , sollte Fleischmann sich nach seinem möglichen Tod mindestens fünf Jahre lang um die Geschäfte kümmern. Erst danach durfte seine Frau, wenn sie es für richtig halten sollte, verkaufen.
    Er legte ihr nahe, über das Hauspersonal nach eigenem Gutdünken zu befinden. Alma sah Rosina an, im schwarzen Dienstbotenkleid, konzentriert. Sie lächelten sich vorsichtig zu – gerade so viel, wie man lächeln darf, wenn der Mann zwei Wochen zuvor unerwartet gestorben ist.
    „Danke“, sagte Alma. „Ich habe es jetzt gelesen.“ Sie faltete den Brief zusammen und steckte ihn in ihre Handtasche.

 
     
    Mein geliebter Heinrich,
     
    vielleicht war es kein guter Gedanke, aber ich habe als erstes Minna gebeten, für einige Wochen zu mir zu ziehen, ins Haus an der Palmaille. Ich weiß ja, wie schwierig und lau nisch sie sein kann. Aber ich mö chte nicht allein e sein mit Rosina und Willi Krause. Ich kann nicht, von den Gefühlen her.
    Minna brachte ihren alten Koffer mit, und am ersten Abend haben wir gemeinsam gekocht, während Rosina am Küchentisch saß und nichts tun durfte außer zug ucken. Es gab Muskartoffeln und Mais, ein schönes Huhn in Tunke dazu – herrlich. Wir aßen nicht im Esszimmer, sond ern in der Küche, auf der hellblauen Wachstuchdecke mit den gelben Blumen, die schon ganz ausgeblichen sind. Als wir fertig waren, haben wir Herrn Krause und seine Frau dazugeholt. Wir hatten nicht gen ug Fleisch, es war ja nur ein Huhn. Aber wir mochten sie doc h nicht allein in ihrem Zimmer sitzen lassen. Rosina holte uns eine Flasche Riesling von Konrad, die im Keller lag, und es war ein schönes Ma h l. Ernst und heiter zugleich.
    Herr Krause fragte hundertmal, ob ich ihn wirklich behalten wollte. Er hat große Angst, die Arbeit zu verlieren. Natürlich behalte ich ihn. Es dauerte, bis er es endlich glaubte, und ich sprach auch mit seiner Frau, die war verständig und beruhigte ihn.
    Am nächsten Morgen haben wir alle zusammen geputzt. Das Haus, die Böden, die Fenster, die Steinplatten im Garten geschrubbt . Ich bat Rosina, Konrads Kleidung durchzugehen und zu seh en, was wir weggeben. Es ist noch viel Gutes dabei, ungetragen & teuer. Herr Krause bekam einen schönen Mantel. Er ist zu weit, er muss ihn am Rücken enger machen lassen. Aber die Ärmel passten genau & er freute sich wie ein Kind. Zwei Schals und Handschuhe und Binder gab ich ihm auch.
    So vieles ist auf mich hereingestürzt, Fragen über Fragen. Ich hätte nicht gedacht, dass Konrads früher Tod mich so fordern würde. Es liegt nicht am fehlenden Willen. Du weißt, ich bin eine fleißige Frau & scheue mich nicht zu arbeiten. Es sind aber völlig andere Dinge, mit denen er sich sein ganzes Leben lang beschäftigt hat. Kaufmännisches, Schiffe – und ich bin kein Kaufmann, und von Schiffen & Fracht & fremden Ländern verstehe ich nichts. Wo li egt nun überhaupt dieses Bombay , von dem immer die Rede ist…? In Indien, so viel weiß ich nun, es ist eine große Stadt. Ich komme mir dumm vor, nach allem fragen zu müssen. Herr Fleischmann ist wirklich eine Hilfe; ohne ihn würde es nicht gehen. Aber er muss mich bei den großen Entscheidungen fragen, weil das Unternehmen nun einmal mir gehört, bis auf W eiteres. In der vergangenen Woche hatte ich nachts Angstzustände und konnte nicht schlafen. Die Arbeiter in der Firma, das viele Geld. Es ist eine große, eine schreckliche Verantwortung. Niemand kann mir die Entscheidungen abnehmen. Herr Fleischmann

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