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Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall

Titel: Brahmsrösi: Fellers zweiter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Haenni
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das uns zwingt, den Aufenthalt in Krakau vorzeitig abzubrechen. Das hat wirklich nichts mit dir zu tun. Ich erkläre dir die Gründe im Flugzeug, okay?«
    »Wenn du meinst. Schade.« Er lässt die Schultern hängen.
    »Wir nehmen ein Taxi zum Hotel«, entscheide ich.
    »Eh, das lohnt sich doch nicht«, protestiert Stefan. »Zwei Kilometer schaffen wir easy.«
    Mit unumstößlicher Entschlossenheit verkünde ich: »Wir fahren!«
    Kein Kamikazepilot weit und breit. Unversehrt gelangen wir ins Hotel. Erleichtert hasten wir über den purpurroten Spannteppich, der in der Lobby, der Bar und dem Restaurant großflächig ausgelegt ist, als sollte hier demnächst eine Bischofskonferenz abgehalten werden. Gruppen kniehoher Ständer mit armdicken Kerzen unterstreichen in jeder Ecke das sakrale Flair. Uns ist momentan nichts heilig. Wir stürmen die Treppe hoch, deren Geländer aus demselben Holz gedrechselt ist wie die omnipräsenten Kerzenständer. Unbehelligt gelangen wir in unser Zimmer. Dort sinken wir auf die Betten.
    Ich bin erleichtert. Stefan ergeht es nicht anders. Nur aus einem anderem Grund. Er freut sich darüber, hier seine himmelblaue Baseballmütze wiederzufinden.
    »Geil!«, ist sein Kommentar. Vor dem Spiegel setzt er sie auf, drückt sie schräg in die verpflasterte Stirn und hüpft rücklings aufs Bett. Das knackt bedrohlich. »Ups?«
    Diesmal hält der Bettrost. Wir packen die Taschen und brechen sofort auf, nachdem uns zwei freie Plätze in der Maschine Frankfurt–Zürich zugesichert worden sind.
    Eine Taxifahrt zum internationalen Flughafen Johannes Paul II. in Krakau-Balice, auf polnisch kurz und bündig als Mi ę dzynarodowy Port Lotniczy im. Jana Pawła II Kraków-Balice benannt, kostet den Fixpreis von 70 Zloty. Das erfahre ich an der Rezeption, während wir auf den Wagen warten.
    »To the international airport, please«, kommandiere ich dem Fahrer in Kurzversion. »Und los geht’s!«
    Der Name des Flugplatzes wurde 1995 zu Ehren des polnischen Papstes abgeändert. Im selben Jahr wurde die Startbahn um 150 auf 2.550 Meter verlängert. Ursprünglich wollte man sich diese Investition sparen. Die Sicherheit sollte durch den Segen der päpstlichen Namensgebung gewährleistet werden. Auf Drängen des Vatikans entschloss man sich, zusätzlich noch weltliche Maßnahmen zu treffen. Schließlich mag man sich daran erinnert haben, dass nicht alle Piloten Katholiken sind.

12
    »Schon?«
    Marie-Josette wundert sich, als ich unsere vorzeitige Rückkehr ankündige. »Was ist passiert?«, will sie wissen.
    Ich vertröste sie auf später und flunkere: »Alles in Ordnung. Wir kommen einfach zwei Tage früher als geplant zurück, das ist alles.«
    Sie glaubt mir vermutlich kein Wort.
    Jürg Lüthi wäre bereit gewesen, uns am Flughafen abzuholen. Ich habe aber darauf bestanden, mit dem letzten Zug nach Thun zurückzufahren. Es bestehen gute Verbindungen ohne Umsteigen. Zu später Stunde gibt’s immer freie Plätze.
    Jetzt ist es kurz nach Mitternacht. Ich stehe mit Stefan bei seinen Adoptiveltern in der Wohnung. Marie-Josette umarmt Stefan. Jüre mustert mich wachsam. »Was ist in Krakau vorgefallen?«
    Während sich Stefan ins Bad verzieht und uns die Frau des Hauses einen Goldmelissentee aufbrüht, sitze ich mit meinem Assistenten am Küchentisch und berichte. Auch die Sache mit dem Attentat. Er meldet Zweifel an. Darauf erkundigt sich Jüre nach dem Resultat meiner Nachforschungen.
    »Was die Papiere angeht, werde ich gleich morgen früh Herrn Auf der Maur orientieren. Er wird sich über den positiven Bescheid freuen. Seinem Konzert steht nichts mehr im Weg«, verkünde ich.
    »Ich habe in der Zwischenzeit übrigens nachgeschaut, wer dieser Typ war, der am Quai das Brahmslob verkündete.«
    Ich winke ab. »Das hat Zeit bis morgen. Komm am Vormittag bei mir vorbei. Oder treffen wir uns in der Stadt?«
    Er entscheidet sich für Thun.
    »Gut. Um 9.00 Uhr in der Alten Oele?«, schlage ich vor.
    »Okay. Oder nein, warte. Eigentlich könnten wir uns mal woanders treffen.«
    »Kein Problem. Wo denn?«
      »Wie wär’s mit dem Waisenhaus?«, fragt der Adoptivvater.
    Ich bin hundemüde und verabschiede mich. Aus Stefans Zimmer ist kein Mucks mehr zu hören. Mein Blick fällt auf seine blaue Mütze an der Garderobe, als ich die Wohnung endlich verlasse.

     
    *

     
    Herrliches Wetter. Durstiges. Und das bereits am Vormittag.
    Jüre und ich erreichen die vereinbarte Beiz fast gleichzeitig. Wir setzen uns im Garten in den

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