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Brandung des Herzens

Titel: Brandung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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auszulöschen. Denn dann würden ihre Verfolger wissen, daß sie unterwegs nach Süden waren auf dem baumlosen, ausgetretenen Pfad, der sich an den massiven Ausläufern der Rocky Mountains entlangzog.
    Abwechselnd im Trab und im Galopp reitend führte Caleb Willow durch die Nacht und die heftigen Juni-Regengüsse. Er drosselte nur dann das Tempo, wenn der Boden unter den rutschigen Pferdehufen uneben wurde. Nach den ersten zwei Stunden verzichtete er darauf, alle paar Minuten besorgt über seine Schulter zurückzuspähen. Die Araberstuten hielten mühelos mit seinen Gebirgspferden Schritt, was bedeutete, daß Ishmael nicht weit dahinter war. Der Hengst würde seinen Stuten sogar bis in den Schlund der Hölle folgen, eine Tatsache, auf die Caleb gebaut hatte.
    Es überraschte ihn jedoch, wie Willow es fertigbrachte, Ishmael mit Anmut und Eleganz zu reiten, trotz der flatternden, hinderlichen Röcke, des unbequemen Damensattels, trotz Sturm und Regen. Doch ganz gleich, wie gut Willow ritt, er bezweifelte, daß sie sich wohl dabei fühlte. Ihm war ganz sicher nicht behaglich zumute. Kalter Regen rann unablässig über sein Gesicht hinunter und in seinen Kragen. Obwohl sein Oberkörper relativ warm unter den Schichten von Wolle und Leder blieb, sickerte Wasser in seine Stiefel. Seine Beine waren kalt. Sie würden noch kälter werden, bevor sie sich aufwärmen konnten.
    Aber Caleb dachte nicht lange über sein eigenes Unbehagen nach. Er hatte von Anfang an gewußt, daß es ein langer, beschwerlicher Ritt werden würde. Tatsächlich hatte er sogar darauf gezählt. Banditen waren im allgemeinen faule Burschen, mehr an ihrem Vergnügen interessiert als an allem anderen. Es würde sie Überwindung kosten, ihr warmes Bett und die Frau zu verlassen, die sie zusammen mit dem Zimmer gemietet hatten.
    Während Caleb und Willow weiter durch die Nacht galoppierten, legte sich das Unwetter allmählich. In der Ferne zuckten zwar immer noch Blitze über den Himmel, aber der begleitende Donner war so weit weg, daß man kaum mehr als ein dumpfes Grollen hörte. Noch fiel Regen, doch die nassen Schleier wurden jetzt von Windböen zerrissen. Bald würde es keinen Regen mehr geben, um die scharfen Umrisse der Hufspuren zu verwischen, die sich hinter den sieben Pferden wie ein verschlungenes Band den Weg zurück erstreckten.
    Wieder stieg das Land ein wenig an in einer der vielen langen Bodenfalten, die von dem hoch aufragenden, granitenen Gebirgsmassiv in alle Richtungen strebten. Caleb ließ seinen großen Wallach nicht wieder in Schritt zurückfallen, sondern drückte ihm statt dessen seine Kavalleriesporen aus Messing in die Flanken.
    Die Sporen waren ein Überbleibsel seiner kurzen, turbulenten Tätigkeit als Armeekundschafter bei den New-Mexico-Feldzügen des Sezessionskrieges. Noch während seiner Armeezeit hatte Caleb die scharfen Spitzen der vorgeschriebenen Sporen abgefeilt, sehr zum Ärger seines Vorgesetzten Offiziers. Auf diese und viele andere Arten hatte Caleb sich denjenigen Dienstvorschriften widersetzt, die ihm unvernünftig und sinnlos erschienen. Ein Pferd, das mit scharfen Sporen attackiert wurde, war ein nervöses Pferd; und ein nervöses Pferd war nutzlos in einer Schlacht - eine Tatsache, der Caleb sich bewußt war, selbst wenn der unerfahrene Oberst, der die Schwadron angeführt hatte, sich nicht darum gekümmert hatte.
    »Nun komm schon, Deuce. Leg einen Schritt zu«, murmelte Caleb, als ihm ein Windstoß kalte Regentropfen ins Gesicht trieb.
    Das große Pferd beschleunigte gehorsam seinen Schritt und fiel in schnellen Trab. Für den Reiter war dies die unbequemste Gangart, für das Pferd war sie jedoch über weite Strecken hinweg am wenigsten kräftezehrend.
    Als Ishmael an Tempo zulegte, um mit den Stuten vor ihm Schritt zu halten, unterdrückte Willow ein Stöhnen. In dem Damensattel war es für sie wesentlich schwieriger, ihr Gewicht zu heben oder zu verlagern, als wenn sie im Herrensitz und mit zwei Steigbügeln geritten wäre. Sie konnte ihr rechtes Bein fester um den Sattelknauf krümmen und gleichzeitig ihren Körper anheben, indem sie sich mit dem linken Fuß in den einzelnen Steigbügel stellte, aber die Haltung war äußerst unbequem und schwer beizubehalten. Als Alternative blieb nur, jedesmal unsanft mit dem Po auf den Sattel aufzuprallen, wenn Ishmaels Hufe den Boden berührten. Es war nicht nur hart für Willow, es war auch hart für das Pferd.
    Willow packte den Sattelknauf mit beiden Händen und

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