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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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noch so zickig gaben. Und sie waren
immer bereit, dazuzulernen.
    Diese hier war eine Ausnahme. Sie konnte keinen Schwanz von einer
Muschi unterscheiden und hätte nicht gewußt, was wo
reingehörte. Und häßlich war sie noch dazu. Ihre
Haare waren zu einem altmodischen Bubikopf geschnitten, von dem ich
geschworen hätte, daß ihn niemand mehr tragen würde
– nicht einmal die Gören von der Front.
    Ihr Name war Zibet, und sie stammte von einer gottverlassenen
Kolonie namens Marylebone Weep und ihre Mutter war tot und sie hatte
drei Schwestern und ihr Vater hatte nicht gewollt, daß sie
herkam. Sie sprudelte das alles hervor – hielt das wohl für
ein Gebot des Anstandes –, bevor sie ihr Abendessen über
mich und mein hübsches neues Bettzeug aus Schmiegetuch spie.
    Die Bettücher waren das Allerfeinste von all den feinen
Sachen aus den Ferien, in die mich Daddy Dear den Frühsommer
über geschickt hatte. Ich war in einem Wald voll schleimiger und
schlüpfriger Bäume und edler Eingeborener gelandet –
was meinen Charakter bilden und mich die Widrigkeiten des Lebens
lehren sollte. Aber die edlen Eingeborenen waren zu mehr gut gewesen,
als nur ein kostbares Gewebe mit fast reibungsloser Oberfläche
zu fertigen. Knallen auf Schmiegetuch ist etwas ganz Besonderes, und
ich war auf dem besten Wege, Experte auf diesem Gebiet zu werden. Ich
wette, sogar Brown kennt sich darin nicht aus. Es würde mich
besonders freuen, es ihn zu lehren.
    »Es tut mir ja so leid«, sagte sie mehrmals, als
hätte sie einen Schluckauf, und ihr Gesicht wurde abwechselnd
weiß und rot wie eine verdammte Alarmlampe, und große
Tränen kollerten ihre Backen hinab und fielen in die Kotze.
»Ich glaube, der Shuttleflug hat mich ein bißchen krank
gemacht.«
    »Glaube ich auch. Jesus, heul’ nicht, es ist
schließlich kein Beinbruch. Gibt es in Mary Bumsmalmit keine
Wäscherei?«
    »Marylebone Weep. Wir waschen in natürlichen
Quellen.«
    »Wie du eine bist, Kleine.« Ich klaubte die Decke
mitsamt dem Mist darin auf. »Kein Beinbruch. Die Dorment-Mutter
wird sich darum kümmern.«
    Sie war nicht in der Verfassung, die Bettücher selbst nach
unten zu bringen, und zudem stellte ich mir vor, daß Mumsy die
großen Krokodilstränen mitbekommen und mir eine neue
Stubenkameradin zuweisen würde. Die jetzige war nicht eben das
Gelbe vom Ei. Ich konnte mir schon jetzt vorstellen, daß sie
kaum fähig sein würde, ihre Hausarbeit zu tun, während
Brown und ich auf den neuen Bettüchern knallten, ohne
große Kullertränen zu weinen. Aber sie hatte nicht die
Lepra, sie wog keine acht Zentner, und sie hatte mir nicht an die
Muschi gegriffen, als ich mich gebückt hatte, um die Tücher
aufzuklauben. Ich hätte es viel schlimmer treffen
können.
    Ich konnte es aber auch viel besser treffen. Mumsy schon am ersten
Tag zu sehen, an dem ich zurück war, entsprach nicht eben meiner
Vorstellung eines idealen Beginns. Aber ich trabte mit dem
Schmutzpaket die Treppe hinab und klopfte an die Tür der
Dorment-Mutter.
    Sie ist keine dumme Frau. Man muß in einer winzigen tiefen
Türnische stehen und hübsch warten, bis sie auf das Klopfen
antwortet. Die Nische ist nach demselben Prinzip wie ein
Rattenkäfig konstruiert, den sie zusätzlich in ihrem Sinne
verfeinert hat. Sie hat drei große Spiegel darin angebracht,
deren Transport von der Erde sie vermutlich ein Jahresgehalt gekostet
hat. Aber als Waffen eingesetzt sind diese Spiegel unbezahlbar. Denn
bei Jesus, der Maria knallt; da stehst du und schwitzt und die
Spiegel zeigen dir, daß du deinen Rock schief angezogen hast
und deine Haare beschissen aussehen und der Schweißtropfen auf
deiner Oberlippe sogleich zeigt, daß du dir vor Angst beinahe
in die Hose scheißt. Wenn sie die Tür aufmacht – wenn
sie gute Laune hat, dauert es fünf Minuten –, hast du
entweder einen Koller oder du bist nicht mehr dort. Sie ist keine
dumme Frau.
    Ich befand mich nicht in der Verteidigung, und meine Röcke
sitzen niemals gerade, so daß die Spiegel gar keine Wirkung auf
mich hatten; aber die fünf Minuten forderten auch mir ihren
Tribut ab. Die Nische hatte keine Belüftung, und diese
Bettücher waren mir allzu nahe. Aber ich hatte meine Rede gut
vorbereitet. Es war nicht nötig, ihr in Erinnerung zu rufen, wer
ich war. Der Verwalter hatte ihr wahrscheinlich nichts Gutes
berichtet. Und ich würde mich hüten, ihr zu sagen,
daß es meine Bettücher waren. Sollte sie doch denken, sie
gehörten der Jungfrau.
    Als sie die Tür

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