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Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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Bildschirm zu bekommen, aber
sie bekam nur ein Bild von Ulric Henry herein.
    »Die Verlautbarung nennt Lynn Saunders als Mitgestalterin des
Projektes.«
    »Ich dachte, sie hätte das Projekt
mitentworfen?«
    »Nein, nein«, erwiderte Gail. »Mein Verlobter Brad
McAfee hat das ganze Projekt entworfen. Ich bin froh, daß die
Anzahl der Ausdrucke keine Rolle spielt.«
    Als Gail eingehängt hatte, versuchte Janice erneut, Mr. Mowen
zu erreichen. Die Leitung war immer noch besetzt. Janice rief das
Namensverzeichnis der Mitarbeiter auf ihren Bildschirm, aber sie
erhielt nur ein Resümee über Ulric Henry. Janice rief die
Chugwater-Telefon-Vermittlung an. Die Telefonistin gab ihr die Nummer
von Lynn Saunders. Janice rief Lynn an und bekam ihre Zimmergenossin
ans Telefon.
    »Sie ist nicht hier«, sagte die Mitbewohnerin. »Sie
mußte in den Osten fliegen, sobald diese Sache mit den
ungenutzten Emissionen erledigt war. Ihre Mutter hat ihr den Kopf
damit zugekleistert. Sie konnte keinen anderen Gedanken mehr
fassen.«
    »Könnten Sie mir eine Nummer geben, unter der ich sie
erreichen kann?« fragte Janice.
    »Bestimmt nicht«, erwiderte das Mädchen. »Sie
hat ihre Gedanken nicht beisammen gehabt, als sie abfuhr. Vielleicht
hat ihr Verlobter die Nummer.«
    »Ihr Verlobter?«
    »Ja. Er heißt Brad McAfee.«
    »Falls sie bei Ihnen anruft, sollten Sie ihr sagen, daß
sie mich anruft. Es ist sehr wichtig.« Janice hängte
ein.
    Sie versuchte erneut, das Mitarbeiterverzeichnis auf den Schirm zu
bekommen, und erhielt die Presseverlautbarung zu dem neuen
Emissionsprojekt. Lynns Name stand nirgendwo. Janice seufzte –
einen ungewohnt ärgerlichen Seufzer – und versuchte
nochmals, Mr. Mowen zu erreichen. Er sprach immer noch.
    * * *
    Als Sally an Ulric Henrys Wohnblock vorbeiging, bemerkte sie eine
Bewegung in der abgestorbenen Pappel. In der Spitze des Baumes hatten
sich die Überreste eines Papierdrachens verfangen; und knapp
außerhalb der Reichweite, am zweituntersten Ast, hing ein
Stück weißes Papier. Sie versuchte sich in einigen
halbherzigen Hüpfern, berührte den Fetzen auch leicht,
schaffte es aber nur, ihn noch mehr aus ihrer Reichweite zu
stoßen. Falls es ihr gelänge, das Papier zu erhaschen,
hätte sie einen Vorwand, zu Ulric Henrys Appartement
hinaufzugehen und ihn zu fragen, ob er das Papier vermißte. Sie
sah sich nach einem Stock um und hielt dann inne, weil sie sich dumm
vorkam. Sie hatte keinen größeren Grund, nach dem Papier
zu angeln, als sie gehabt hätte, den fluguntüchtigen
Papierdrachen herunterzuholen, versicherte sie sich selbst; aber noch
während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, ertappte sie
sich dabei, wie sie die Höhe der Äste abschätzte, um
herauszufinden, ob sie es schaffen würde, emporzuklettern. Vom
untersten aus wäre es nicht möglich, das Papier zu
erreichen, aber vielleicht vom zweiten. Niemand sonst hielt sich im
Garten auf. Es ist entwürdigend, schalt sie sich, und
stemmte sich am unteren Ast hoch.
    Sie kletterte gewandt auf den dritten Ast, legte sich der
Länge nach darauf, und angelte nach dem Papierfetzen. Sie kam
nicht ganz mit den Fingern heran; also richtete sie sich wieder auf,
umklammerte den Baumstamm, um ihr Gleichgewicht wieder zu erlangen,
und vollführte einen gewagten Trapezakt, um sich des Papieres zu
bemächtigen. Sie verlor die Balance und hätte beinahe den
Ast verfehlt; der durch ihre heftigen Turnbewegungen verursachte
Luftzug blies das Papier bis an die äußerste Spitze des
Astes, wo es bedenklich schwankend hängenblieb, aber nicht zu
Boden fiel.
    Jemand kam über die geschwungene Brücke.
    Sally blies einige Male in Richtung des Papiers, dann gab sie auf.
Sie würde sich auf dem Ast vorarbeiten müssen. Vielleicht ist es ein unbeschriebenes Papier, dachte
sie. Ich könnte Ulric Henry schwerlich mit einem weißen
Blatt Papier belästigen. Trotz dieser Bedenken prüfte
sie die Tragfähigkeit des Astes mit der ausgestreckten Hand. Sie
schien auszureichen, und Sally begann, auf dem toten Ast
voranzukriechen, wobei sie sich bis zum letztmöglichen
Augenblick am Stamm festhielt, und dann in einen äußerst
bedächtigen Kriechgang überging, der sie unmittelbar
über den Fußweg brachte. Nach einer Weile war der
Papierfetzen in ihrer erreichbaren Nähe.
    Es handelte sich um einen Computerausdruck, dessen eine Seite
unregelmäßig abgerissen war. Sally las: »Gesucht:
Junge Dame, die Sprache hervorbringen kann. Gezeichnet: Ulric
H.« Die Buchstaben he in

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