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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beverly Connor
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Beckenknochen, um nach den spezifischen Geschlechtsmerkmalen zu suchen. Sie bemerkte einen stumpfen Schambeinwinkel, eine breite Sitzbeinkerbe und das Vorhandensein eines Sulcus praeauricularis.
    »Weiblich«, sagte sie dann.
    »Vielen Dank«, sagte Pilgrim. »Ich hätte wahrscheinlich auf einen Mann getippt. Es sah für mich wie ein männliches Becken aus.«
    Während er das sagte, zog Diane mit einer Pinzette ein kleines Stück Knochen aus dem Unterleib der Leiche und legte es in ihre Handfläche.
    »Was ist das?«, fragte Pilgrim und beugte sich über ihre Schulter, um das schmale Knochenstück zu betrachten.
    »Fötusknochen«, sagte Diane. »Sie war schwanger.«

[home]
    6
    B rewster Pilgrim schaute eine ganze Weile diesen Knochen an, der so zerbrechlich und winzig aussah, als ob er von einem kleinen Vogel stammte.
    »Diese armen Babys«, murmelte Grover, der hinter ihnen stand und seinen großen Kopf schüttelte.
    Pilgrim riss sich seine Latexhandschuhe herunter und warf sie in den Abfalleimer. »Ich brauche eine Pause«, sagte er und stürmte aus dem Zelt. »Ich weiß nicht, warum wir die jungen Leute nicht davon abhalten können, diese Drogen zu nehmen …« war das Letzte, was Diane ihn sagen hörte, bevor er in der Kälte verschwand.
    Diane legte den Fötusknochen in einen Beutel, etikettierte ihn und ging zurück zu ihrem eigenen Arbeitsplatz. Vor ihr auf dem Tisch lagen einige Bruchstücke eines Schädels, der durch die Hitze des Feuers zerborsten war, das den restlichen Körper zu Asche verwandelt hatte. Sie zog sich einen Hocker heran, setzte sich und begann mit ihrer nächsten Aufgabe, die darin bestand, die Einzelteile dieses Knochenpuzzles zusammenzufügen. Jin half Lynn Webber gerade, Proben vom Mark eines Oberschenkelknochens zu nehmen, um damit ein DNA -Profil erstellen zu können.
    Rankin schaute plötzlich von dem verkohlten und aufgedunsenen Leichnam hoch, der vor ihm auf dem Tisch lag. »Wir können die jungen Leute nicht davon abhalten, Drogen zu nehmen, weil eine ganze Armee von Dealern gegen uns arbeitet«, sagte er. »Und die werden wir niemals aufhalten können, weil das Ganze ein Multimilliardengeschäft ist. Da geht es einfach um zu viel Geld, mehr Geld, als wir uns in unseren kleinen Hirnen überhaupt vorstellen können.« Er machte eine winzige Pause. »Und niemand kommt gegen eine derartige Menge Geld an. Wir sollten uns nichts vormachen. Wir können nichts anderes tun, als hinterher die Überreste des Massakers zusammenzukratzen.« Er hörte so plötzlich zu reden auf, wie er begonnen hatte, und setzte seine Autopsie fort.
    Sie hatten alle Rankins Ausbruch regungslos zugehört. Diane hatte das ungute Gefühl, dass er recht hatte. Sie konnten wirklich nichts tun. Ihr Blick kreuzte sich kurz mit dem Lynn Webbers, und sie spürte, dass diese dasselbe empfand. Grover schüttelte immer noch den Kopf.
    Diane wollte nur noch ein paar weitere Stücke des Schädelpuzzles aneinanderfügen, dann würde auch sie ins Kaffeezelt hinübergehen und eine kurze Pause machen. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie ja gar nicht so weit von ihrer Wohnung entfernt war. Sie könnte doch einfach das kurze Stück durch das Wäldchen gehen und es sich mit einer Tasse ihres eigenen Kaffees auf ihrem eigenen Sofa bequem machen. Das war eine fast himmlische Vorstellung. Sie fügte zwei Teile des Hinterhauptbeins, also des dicken Knochens, aus dem der Hinterkopf bestand, zusammen. Nach der vorspringenden Nackenlinie zu schließen, handelte es sich um einen männlichen Schädel.
    Einige Minuten lang herrschte im Leichenzelt große Stille. Man hörte nur noch Arbeitsgeräusche, wie etwa das metallische Klirren der Untersuchungsinstrumente und das Quietschen der Rollwagenrädchen. Es schien, als ob die meisten immer noch mit Rankins Ausbruch beschäftigt waren. Diane nahm an, dass auch sie sich bewusst waren, dass Rankin recht hatte. Sie konnten tatsächlich kaum mehr tun, als hinterher die Scherben zusammenzukehren.
    Nun stand auch der für die Registrierung der Beweismittel verantwortliche Archie auf und sagte zu niemand Bestimmtem, dass er jetzt ebenfalls eine Pause machen werde. Diane schaute ihm nach, als er mit zwei weiteren Polizisten das Zelt verließ.
Rankins Worte mussten sie am meisten getroffen haben,
dachte sie. Sie waren ja wie der kleine Holländerjunge, der mit seinem Finger das Loch im Deich abdichten wollte. Gerade von ihnen erwartete man doch, dass sie etwas gegen diesen Drogenhandel unternahmen.

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