Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brann 01 - Seelentrinkerin

Brann 01 - Seelentrinkerin

Titel: Brann 01 - Seelentrinkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
Vom Netzwerk:
in breiten Windungen träge durch die Landschaft, das Düstere des verhangenen Himmels schien seinen Wassern jede Farbe auszusaugen, die mächtige Kraft und die Tiefe der Fluten dämpften mit deren Dahinströmen alle Geräusche.
    Brann hatte sich schon mit der Aussicht einer nassen kalten Nacht abgefunden, da erspähte sie ein großes verschachteltes Gebäude zwischen der Handelsstraße und einer Biegung des Flusses, einen Gasthof, vor dem ein Paar Fackeln loderte, schon weit heruntergebrannte Fackeln, denn es war schon lange nach Sonnenuntergang. Die Hunde eilten herbei, verwandelten sich, unmittelbar bevor sie Brann erreichten, zurück in Yaril und Jaril. »Was meint ihr«, fragte Brann, »sollen wir hier einkehren?« Sie fuhr mit der Handfläche vorn an sich hinab und seufzte. »Ein heißes Bad wäre mir nun wirklich angenehm.«
    Yaril kratzte sich an der Nase, betrachtete den Gasthof. »Warum nicht, Brombeer? Es hat den Anschein, daß viele Reisende in dieser Herberge Unterkunft nehmen. Deshalb werden Fremde den Leuten kein Grund zur Verwunderung sein.«
    »Jaril, du bist unser Kassenhüter. Können wir uns die Preise leisten?«
    Er blickte nachdenklich, dann verschmitzt drein. »Wieso denn nicht? Es sind nicht unsere Münzen, und wir können jederzeit mehr stehlen.« Er kramte in den Satteltaschen, brachte den Geldbeutel zum Vorschein, händigte ihn Yaril aus und übernahm von Brann die Zügel. »Geht ihr beide hinein. Laß Yaril reden, du stehst nur dabei und guckst hochnäsig, Brombeer.« Er kicherte, wich Branns geschwungener Faust aus. »Ich werde Coier zu einem Schlafplatz verhelfen, er dürfte nichts gegen einen trockenen Stall und reichlich Hafer zum Nachtmahl einzuwenden haben, nein, bestimmt nicht.«
    Als Brann gegen die Tür drückte, öffnete sie sich, und sie trat ein, schaute sich so gleichmütig um wie nur möglich. Yaril, die sie hineinbegleitete, starrte alles mit weit weniger Zurückhaltung an, ihre Kindsgestalt ermöglichte es ihr, viel unverhohlener ihre Neugierde zu zeigen. Ein langer enger Flur mit offenen Bogen zu beiden Seiten führte zu einer breiten Treppe am anderen Ende und einer wie ein Huf geformten Theke am Fuß der Treppe. Yaril lief Brann voraus, schlug ein paarmal den kleinen, an der Wand aufgehängten Gong, verwickelte danach den schläfrigen, jedoch geschäftstüchtigen Mann, der aus einer Tür hinter der Theke zum Vorschein kam, in eine zwar halblaute, aber heftige Feilscherei. Im Augenwinkel beobachtete Brann das Geschehen, tat so, als wüßte sie genau, um was sich die Unterhaltung drehte, versuchte die Männer zu übersehen, die sich unterm Türbogen der Schankstube drängten und sie mit der Sinnigkeit von Straßenräubern angafften. Insgeheim wuchs Branns Beunruhigung um so mehr, je länger Yaril das Gespräch hinauszog. Wäre sie mit ihrer Mutter und ihrem Vater hier eingekehrt, wie es sich ja hätte ergeben können, wäre sie aufgeregt gewesen, hätte sich ganz der Neuheit aller Eindrücke hingeben dürfen, dabei im Schutz der Liebe sowie der Regeln von Sitte und Anstand; unter den jetzigen Umständen hingegen empfand sie nichts als Angst, sie war an einen Ort verschlagen worden, dessen Verhaltensmaßregeln sie nicht kannte. Sie hob eine Hand, betastete das noch um den Schädel geknüpfte Kopftuch. Ungefähr zwei Fingerbreit lang war ihr Haupthaar bereits nachgewachsen, silberweiß war es und leicht kraus wie die Daunen einer Ente. Es juckte, mußte so dringend einmal gewaschen werden wie ihr gesamter übriger Körper. Wochen schien es ihr her zu sein, daß sie das letzte Mal gebadet hatte. Sie sah sich ihre dünnen Handgelenke an, sie wirkten, als könnte ein Luftzug sie brechen, ihre langen, kräftigeren, braungebrannten, aber auch von einem Schmutz dunklen Hände, den Wasser allein nicht abzuwaschen vermochte. Seife und ein heißes Bad. Sie seufzte voll froher Erwartung.
    Yaril kam zu ihr. »Ich dachte mir, du würdest gern erst essen, während er das Wasser für dein Bad erhitzt.« Sie begleitete Brann in die Gaststube und an einen Tisch im hintersten Winkel. Jaril betrat die Herberge, lugte durch den Türbogen herein, half Yaril beim Auftragen von Speisen und allem Dazugehörigen, die zwei verhielten sich genauso, wie man es von Lehrlingen am Anfang ihrer Lehrjahre erwartete, sie erfüllten sämtliche Wünsche und Bedürfnisse ihrer >Meisterin<. Das Klingen der Münzen, die die Kinder den toten Kriegern abgenommen hatten, verschaffte Brann ein gewisses Willkommen,

Weitere Kostenlose Bücher