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Braut von Assisi

Braut von Assisi

Titel: Braut von Assisi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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seine Arme, kaum dass er den Hintereingang passiert hatte, und zerrten ihn trotz Gegenwehr die Treppe hinauf ins Esszimmer.
    »Wer seid Ihr?«, rief er, als sie schließlich schnaufend von ihm abließen. »Was soll dieser seltsame Überfall in diesem gastlichen Haus?«
    »Die beiden tun lediglich ihre Pflicht«, sagte Abt Matteo. »Mich hat man gebeten zu übersetzen. Deshalb bin ich hier.«
    »Welche Pflicht?« Leos Blick flog von Vasco Lucarelli, der ihm nicht standzuhalten vermochte und stattdessen zu Boden starrte, zu dem gut gekleideten Fremden, der so schwitzte, dass man beinahe Mitleid mit ihm bekommen konnte.
    »Das ist Ratsherr Morra«, erklärte Matteo. »Mit der Verfolgung von Schwerverbrechen in Assisi beauftragt. Die anderen beiden sind städtische Büttel.«
    Langsam begann Leo zu ahnen, um was es hier gehen könnte, und dennoch erschien ihm allein der Gedanke noch immer ungeheuerlich.
    »Und diesen Verbrecher sucht ihr hier?«, sagte er.
    Morra fing an zu reden, so schnell und undeutlich, als wolle er die ganze Angelegenheit möglichst rasch hinter sich bringen.

    »Es gibt da einen Brief«, übersetzte der Abt, »der dich des Mordes an Giorgio beschuldigt.«
    »Wer wagt so etwas zu behaupten?«, rief Leo. »Eine dreiste Lüge – und das weißt du, Bruder Matteo!«
    »Das Schreiben ist anonym …«
    »Natürlich! Denn dieser unverschämte Lügner muss sein Gesicht verborgen halten.«
    »… aber erstaunlich detailreich. Was Ratsherr Morra sehr nachdenklich gemacht hat«, fuhr Matteo fort.
    »Und deshalb hetzt er seine Büttel auf mich? Reichlich voreilig, für meinen Geschmack, sag ihm das! Ich habe Fra Giorgio lediglich gefunden. Das ist alles. Da war er bereits tot.«
    Matteo übersetzte, was der Ratsherr mit leichtem Nicken quittierte.
    »Du warst offenbar mehrmals bei dem Eremiten«, fuhr der Abt fort. »Was ich für meinen Teil gar nicht wusste.«
    »Stand das auch in dem anonymen Brief?« Leos anfängliche Bestürzung war dabei, sich in Zorn zu verwandeln. »Verzeih, wenn ich dich nicht um Erlaubnis gefragt habe, Bruder Matteo. Aber ich bin als Visitator nach Assisi gekommen, wenn du dich freundlicherweise daran erinnern magst. Mein Vorgehen bestimme ich selbst, so habe ich es stets gehalten und gute Erfahrungen damit gesammelt. « Er schob die Schultern nach hinten, und es war, als werfe er damit auch eine unsichtbare Last ab. »Mit meinem Tun bin ich Johannes von Parma verantwortlich, wie sein Schreiben an mich beweist. Ihm allein habe ich Rede und Antwort zu stehen – ihm und dem Heiligen Vater in Rom.«
    Wieder übersetzte der Abt, und wieder wünschte Leo, er könnte mehr von dem verstehen, was Matteo zu Morra sagte. Einmal mehr nahm er sich vor, die fremde Sprache besser
zu erlernen. Seine anstehende Wanderung würde ihm Gelegenheit dazu bieten – falls er überhaupt aufbrechen konnte.
    »In geistliche Belange will sich hier keiner einmischen«, sagte Abt Matteo. »Doch der Vorwurf, einen Menschen getötet zu haben, ist eine andere Sache. Ratsherr Morra ….«
    »Ich – ein Mörder?«, schrie Leo und machte einen Satz nach vorn, der alle zurückweichen ließ. »Niemals, versteht ihr, niemals! Ich bin seit zwanzig Jahren Mönch, diene meinem Orden und liebe den heiligen Franziskus. Den alten Eremiten habe ich zweimal lebend gesehen. Beim dritten Mal war er schon tot. Fragt …«
    Er hielt inne. Durfte er ihren Namen in die Waagschale werfen?
    Morra starrte Leo an wie eine Erscheinung, und auch die Büttel verschlangen ihn regelrecht mit ihren Blicken. Nur Vasco Lucarelli, der bislang stumm geblieben war, schien ins Nichts zu stieren.
    Er musste es wagen! Nach einem tiefen Atemzug sprach Leo weiter, nun um einiges ruhiger.
    »Fragt Signorina Stella!«, sagte er. »Sie war als Übersetzerin an meiner Seite, nachdem mir klar geworden war, dass ich mich ohne Hilfe mit dem Alten nicht würde verständigen können. Gemeinsam sind wir zu den Carceri hinaufgestiegen und haben dort nach Giorgio gesucht. Sie war es, die den Toten in seinem erbärmlichen Zustand entdeckt hat – noch vor mir.«
    »Stella?«, rief Vasco Lucarelli, nachdem der Abt für Morra übersetzt hatte, was Leo gesagt hatte. »Unsere Stella?«
    »Die Einzige weit und breit, die meines Wissens beide Sprachen fließend spricht und in keinem Kloster lebt. Daher konnte sie mir zur Seite stehen«, fügte Leo hinzu. »Fragt sie doch selbst, wenn Ihr noch immer Zweifel hegt!
Sie wird Euch bestätigen, was ich gesagt habe. Holt sie! Es

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