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Erstmals nimmt der Westen in vollem Ausmaß die Lebensumstände in den besetzten Gebieten wahr, und auch in Israel macht sich Nachdenklichkeit breit.
Soldaten legen ihre Waffen nieder.
Die Linke fordert ein Ende der Besatzung.
Die UN machen Druck.
Schamir, heißt es, solle endlich in Verhandlungen mit der PLO treten, die von Tunesien aus in stiller Freude zusieht, wie ihr Erzfeind sich die Augen reibt.
Dachtet, ihr seid uns los.
Von wegen. Unsere Aktivisten sitzen im Westjordanland, im Gaza-Streifen, sie sind in den Flüchtlingslagern groß geworden. Wir sind nicht länger ein Haufen Milizionäre, die man von Land zu Land treiben kann.
Wir sind das palästinensische Volk.
Und ihr seid der Buhmann beider Hemisphären.
Als wollten sie ihrem unkleidsamen Ruf gerecht werden, geben die Zahal-Soldaten im Krieg der Steine ein immer katastrophaleres Bild ab. Brechen Kindern und Jugendlichen Hände, Arme und Beine, um sie am Werfen zu hindern, prügeln mit Knüppeln auf sie ein, nehmen sie mit Gummigeschossen und scharfer Munition aufs Korn, zerstören Häuser und Olivenhaine, schließen Schulen, Universitäten und Kindergärten. Gaza kollabiert, der Bildungsbetrieb kommt zum Erliegen. In den Lagergassen steht das Tränengas, wer Ausgangssperren missachtet, wird erschossen.
Der Geist erwacht in seiner Flasche.
Und entweicht mit Macht.
Der religiöse Widerstand reißt die Intifada an sich: Hamas, Islamischer Dschihad. Jetzt wird es richtig unangenehm, während die UN darauf beharren, nur Arafat könne den Wahnsinn beenden, also nehmt ENDLICH Kontakt auf!
Und plötzlich klingt das nach einer ziemlich guten Idee.
Es ist eine gute Idee.
Und das Zauberwort heißt –
Oslo.
Arik schäumt vor Wut, er hat geschworen, Arafat nie die Hand zu geben, nie mit der PLO zu reden, nur dass er gar nicht gefragt wird. 1992 übernimmt die Arbeitspartei das Ruder, neuer Premier wird Jitzchak Rabin, und der mag sich die Hände hinterher vielleicht gewaschen haben, aber er trifft sich mit Arafat zu Friedensgesprächen und drückt ihm zwecks dessen auch die Rechte. Die Gespräche münden in die Oslo-Verträge, bejubelt von der überwältigenden Mehrheit aller Israelis und Palästinenser. PLO und Israel erkennen einander an, Arafat gelobt feierlich, jeglichen Terror gegen Israel zu unterbinden, in einer Prinzipienerklärung fallen Jericho und Teile des Gazastreifens unter palästinensische Selbstverwaltung. Die PA erlangt Hoheitsrechte über jene Flecken des Westjordanlands, auf denen sich das Gros der palästinensischen Bevölkerung drängt, Israel behält die Kontrolle über den großen Rest mitsamt aller Siedlungen. In Aussicht gestellt wird der sukzessive Abzug der Truppen aus weiteren Gebieten, über das Siedlungsthema und Jerusalem wird man zu reden haben, am Ende aller Überlegungen steht die Fata Morgana eines palästinensischen Staats.
Rabin und Arafat avancieren zu Helden des ausgehenden Jahrhunderts, Friedensnobelpreise werden herumgereicht.
Im Abseits nörgeln die Hardliner.
Auf israelischer Seite wettert Ariks Rechtsaußen-Fraktion gegen die Anerkennung der PLO , Gusch Emunim ist für Abkommen ohnedies nicht empfänglich.
Auf palästinensischer Seite verweigert die Hamas die Anerkennung Israels und wettert gegen die PA .
Aus ihrer Sicht sogar verständlich.
Denn diese PA , die Palästinensische Autonomiebehörde, eine aus denOslo-Gesprächen hervorgegangene Quasiregierung, bemäntelt nur notdürftig Arafats Alleinherrscheranspruch. Parlamentarische Demokratie? Gut gelacht. De facto bildet die PA jetzt Arafats Hofstaat, er ist König aller Palästinenser, und das Erste, was der König tut, ist, mit der Hamas aufzuräumen. Ihre Militanten werden entwaffnet, ihre Führer inhaftiert, ganz wie der König es versprochen hat. Arafats Ansehen wächst, er steht im Blitzlichtgewitter der Weltpresse, was kann ihm Besseres passieren?
Oder Schlechteres.
Anders gefragt: Wer braucht in Friedenszeiten jemanden, der bewaffnet ins Bett geht?
Aber vielleicht hätte Arafat sogar gelernt, ohne Knarre zu schlafen – hätte nicht eine halb automatische Beretta 84F dem Traum von Oslo ein jähes Ende gesetzt.
Tel Aviv
Der Mann sieht müde aus, denkt Yael.
Ach was, müde. Erschöpft, ausgelaugt. Fix und fertig. Innerhalb kürzester Zeit um Jahre gealtert, als habe er seine Kraft einem aussichtslosen Ringen geopfert, aber wie soll man sich auch fühlen in seiner Lage? Was fühlst du, wenn ein Mob über Monate deine Vernichtung
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