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soll’s, für die Rückkehr an die Macht hätten sie sich auch an Darth Vader verkaufen lassen.
Und Netanjahu wurde Premier.
Der Anfang vom Ende.
Dieser Totengräber des Friedens, denkt Yael, und dann noch zu blöde, wenigstens konsequent konservativ zu sein. Legte die Oslo-Abkommen auf Eis, rangelte sich deswegen mit Clinton, gab klein bei, Kehrtwende, unterzeichnete neue Abkommen, Gusch Emunim sauer, wieder Kehrtwende, alle Glaubwürdigkeit verspielt, Friedensprozess an die Wand gefahren, nach drei Jahren Rumhampelns endlich abgewählt, Arbeitspartei wieder am Drücker, Ehud Barak, der versuchte, den Prozess zu reanimieren, ebenfalls scheiterte, Camp David, diesen Sommer. Nicht Baraks Schuld, das hat Arafat im Alleingang in den Sand gesetzt.
Doch das Klima vergiftet hat Netanjahu.
Und Scharon, dem er die Jahre legalisierten Amtsmissbrauchs verdankt.
Arik, der so viel Unheil über die Kahns gebracht hat.
Phoebes Intimfeind.
Und damit der Yaels.
Sie beginnt, ihre Haare zu trocknen. Der Fön heult in ihren Ohren, sodass sie das Telefon erst hört, als sie ihn ausschaltet.
Jehuda! Ihre Verabredung –
»Mist!«
Spurtet los, rutscht beinahe aus, hat die Hand schon auf dem Hörer, als sich der Anrufbeantworter einschaltet:
»Schatz? Bist du da?«
Ihre Finger verharren eine Sekunde in der Schwebe, dann zieht sie die Hand langsam zurück.
»Ich würde gern mit dir essen gehen. Ich möchte, dass du jemanden kennenlernst. Wir sind jetzt ein paar Wochen – ähm – zusammen, und ich glaube, er kann einiges für dich tun. Ich würde auch gerne wissen, wie es an der Uni läuft. Und, ja – also – ich wollte dich nur dran erinnern, falls es dir durchgegangen ist, Phoebe hat nächste Woche Geburtstag, nicht, dass das wirklich mein Thema wäre, aber vielleicht willst du ja –«
Yael funkelt den Anrufbeantworter an, als habe er es zu verantworten, wer ihm aufs Band quasselt.
(Blöde Kuh. Wenn irgendjemand weiß, dass Phoebe Geburtstag hat, dann ja wohl ich.)
»Wie auch immer, wir sollten uns über deine Zukunft unterhalten. Die Kontakte meines Bekannten könnten dir sehr von Nutzen sein. Also lass mich nicht so lange warten. Kuss.«
Piep, piep –
Der Köder zappelt im Raum.
Und jetzt soll ich dich fressen?
Fick dich, Anastasia.
Yael löscht die Nachricht, tilgt sie von der Maschine, schlüpft hastig in Jeans und T-Shirt, und im selben Moment fällt ihr ein, dass Sonntag ist.
Ihr Treffen mit Jehuda ist erst morgen.
Das heißt, sie kann in aller Ruhe frühstücken. Granatapfelsaft, Bagels, dann ab zur Uni.
Und vorher noch Elior.
2011
Westjordanland
Die Mauer ist nicht überall eine Mauer.
Weitenteils durchschneidet sie das Land als stacheldrahtbewehrter Zaun, gespickt mit Bewegungsmeldern, flankiert von Patrouillenwegen, Gräben, geharktem Erdreich und noch mehr Stacheldraht. Wachtürme und Kameras observieren das Gelände, eine platzraubende Angelegenheit. Wo die erforderliche Breite nicht zur Verfügung steht, pflügt Israels größte Bauinvestition als bis zu acht Meter hohe Stahlbetonbarriere mitten durch Wohngebiete, Felder und Privatgrundstücke, jedes Modul mit einem Loch in der oberen Mitte, das den Eindruck vermittelt, man könne einen Haken einführen und es einfach so herausziehen.
Nicht anzuraten.
Wer immer hier was rausziehen oder drüberklettern will, macht flugs Bekanntschaft mit den schlechtestgelaunten Soldaten des Erdkreises.
Einkassieren, abführen.
Das geht ganz schnell.
Und man muss zugeben, das Ding tut seine Wirkung.
Gleich zweifach: Der Terror ist zurückgegangen, das Kernland hat sich auf wundersame Weise erweitert. Noch bei Baubeginn, mit Blick auf die Grüne Linie, hieß es: Die Grenze bestimmt den Zaun. Der Siedlerrat machte Druck, verlangte, noch mehr Siedlungen müssten eingefasst, noch mehr Palästinenser ausgegrenzt werden –
Jetzt bestimmt der Zaun die Grenze.
Gegen zehn steigen sie in Davids Station Wagon. Efrat liegt innerhalb der Umzäunung, also kann Mansour al-Sakakini nicht einfach vors Haus fahren und Hagen und Yael auf den Rücksitz verfrachten. Sie halten nach Süden, biegen ab. Bagger stehen herum. Der größte Teil des hiesigen Zaunabschnitts ist fertiggestellt, der Checkpoint grell erleuchtet. David geht kaum vom Gas, sein Kennzeichen wird erfasst, das war’s. Fünf Kilometer weiter könnte al-Sakakini seinerseits auf israelisches Gebiet wechseln, allerdings müsste er Wartezeiten und Kontrollen in Kauf nehmen, und wenn er wieder reinwill,
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