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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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Sache, all diese teuren Antiquitäten loszuwerden. Es ist praktisch eine Vollzeitbeschäftigung.
    Während sich alle dem Frühstück widmen, entschuldigt sich Adam unauffällig, indem er murmelt, er müsse aufs Klo. So rasch, wie er es wagt, steigt er anschließend die Treppe zum ersten Stock hinauf, obwohl es keinen guten Grund gibt, nicht eine der Toiletten im Erdgeschoss zu benutzen. Bestimmte Dinge im Leben der Zwillinge folgen immer demselben Muster – kurz nach Einbruch der Dunkelheit werden sie in ihren Zimmern eingesperrt; Haustiere tauchen auf und verschwinden, wobei Adam und Alice inzwischen gelernt haben, keine emotionale Bindung zu einem der Tiere aufzunehmen, die durch den Haushalt geschleust werden, so wie sie auch gelernt haben, nicht einmal in die Nähe der Kellertür am entferntesten Ende des Hauses zu gehen; nachts hören sie seltsame Geräusche, nach deren Herkunft sie nicht fragen dürfen. Es wird ihnen nie erlaubt, andere Kinder zu sich nach Hause einzuladen, und es wird ihnen auch nicht erlaubt, mehr als ganz kurze Besuche bei Klassenkameraden zu machen – wobei inzwischen gar keine Einladungen mehr ausgesprochen werden. Die Familiengeheimnisse müssen gewahrt bleiben. Außenstehenden auch nur ein einziges Detail über das Leben in diesem Haus zu verraten, wäre so, wie ein Loch in den Rumpf eines U-Boots zu sprengen.
    Als Adam die halbe Treppe hinter sich hat, bleibt er stehen und lauscht. Alles, was er hört, ist sein eigenes nervöses Atmen. Er steigt die nächste Stufe hoch. Bleibt stehen. Wartet. Lauscht. Noch eine Stufe. Er hört seinen Vater husten und hat den Eindruck, das
Heck-heck-heck
wäre direkt hinter ihm. Adam wagt es, über die Schulter zu blicken – da ist niemand. Das Husten endet mit einem kurzen Juchzen, das sich in Lachen verwandelt. Adam atmet aus und nimmt bis zum Ende der Treppe zwei Stufen auf einmal.
    Auf Zehenspitzen schleicht er ins Schlafzimmer seiner Eltern. Auf dem Kaminsims und auf dem Fensterbrett brennen mehrere Kerzen mit Vanilleduft, doch trotz der Tarnung durch deren Parfüm liegt ein schwerer Körpergeruch in der Luft. Adam wirft einen Blick auf das riesige Bett, das sorgfältig, ja fast pedantisch gemacht ist. Die Zipfel der Laken stecken unter der Matratze, die Kissen liegen absolut gerade da. Gar nichts Penibles haben jedoch die tiefen Furchen in der Wand hinter dem Kopfende aus Messing an sich, und obwohl Adam sie nicht zum ersten Mal sieht, starrt er unwillkürlich darauf.
    Er erinnert sich daran, dass er sich beeilen muss. Jeden Augenblick können seine Mutter oder sein Vater plötzlich seine Abwesenheit bemerken und mit der unheimlichen Geschwindigkeit, mit der beide von einem Ort an den anderen gelangen, die Treppe heraufstürmen. Manchmal bewegen sie sich so rasch wie in einem Film, der eine Lücke hat, sodass eine Gestalt im einen Moment auf der Veranda steht und im nächsten Bild bereits im Wohnzimmer. Mit einem Finger rührt Adam in dem Kleingeld, mit dem das Schälchen auf dem Nachttisch seines Vaters gefüllt ist. Er findet nur Kupfer-und Silbermünzen.
    »Adam?«
    In der Ferne hört Adam den Ruf seines Vaters und blickt mit klopfendem Herzen auf. Er rührt heftiger in den Münzen, wodurch einige auf das Tischchen und den Boden fallen. Aber da ist er! Der Schlüssel! Er steckt ihn in seine Gesäßtasche und fängt an, die herausgefallenen Münzen aufzuheben, obwohl seine Finger vor Angst praktisch nutzlos geworden sind und fast jede Münze seinem Griff entgleitet.
    Er hört Schritte die Treppe heraufkommen. Ihm bleibt keine Wahl. Er muss einige der Münzen auf dem Boden lassen – und aus dem Zimmer rennen.
    Aber als er aufblickt, ist er nicht mehr allein.
    Alice steht an der Schwelle des Elternschlafzimmers. Ihre Augen lodern, ihr Gesicht ist eisig und bleich.
    »Was machst du da?«, flüstert sie.
    »Ist er da oben?«, brüllt ihr Vater von unten her.
    »Ich hab ihn«, erwidert Alice mit schriller Stimme. Sie hockt sich neben Adam, und gemeinsam heben die beiden die restlichen Münzen auf, um dann zur Treppe zu eilen. Unten steht Leslie, schon im Mantel, vor dem Spiegel im Hausflur, rückt ihren Hut zurecht und betrachtet nachdenklich ihr Ebenbild.
    »Wir hauen ab«, flüstert Adam seiner Schwester zu.
    »Wohin?«
    »Weiß nicht.«
    »Adam …«
    Er packt sie am Arm und zischt regelrecht: »Die werden uns umbringen.«
    »Los jetzt, Kinder!«, ruft Leslie von unten. »Ihr kommt noch zu spät zur Schule.«
     
    Vorbei sind die Tage, an denen

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