Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
Vom Netzwerk:
jedoch der Arm von Adam, so achtet Rodolfo nicht immer darauf abzustoppen.
    »Nichts Besonderes«, sagt Adam.
    »Es ist eklig hier«, sagt Alice leise, obwohl Chiquita sie unmöglich hören kann – die hat einen dürren Jungen am Nacken gepackt und drückt ihn mit dem Gesicht nach unten auf das mit Knochen und anderem Müll beladene Sofa, dass es nur so knackt und kracht.
    »Echt?«, sagt Rodolfo. »Willst du woanders hin?«
    »Es stinkt hier drin«, sagt Alice trotzig.
    »Dann können wir ja zu dir nach Hause gehen«, sagt Rodolfo.
    »Das geht nicht«, sagt Adam.
    »Halt die Klappe«, sagt Rodolfo ziemlich ruhig.
    Adam spürt ein kaltes, angstvolles Flattern, das in seiner Magengrube beginnt und wie die kleinen Wellen an der Oberfläche eines Teichs in seinen ganzen Körper ausstrahlt.
    »Halt
du
die Klappe«, sagt Alice, starrt Rodolfo drohend an und ergreift die Hand ihres Bruders noch fester.
    Rodolfo grinst. »Du bist gut drauf«, sagt er und schlägt sich mit den Händen an die Brust. »Okay, ihr beiden. Kommt mit, aber haltet die Fresse und hört euch an, was ich zu sagen habe.«
     

Rodolfo führt die beiden in ein leeres Zimmer hinten in der Wohnung. Dort sind die Wände gerade eben dunkelgrau gestrichen worden, und die Fenster sind unverhüllt, damit gelüftet werden kann, aber die Dämpfe sind noch so intensiv, dass Adam und Alice die Hand vor Mund und Nase halten, als sie eintreten.
    »Zuerst musst du mir einen Kuss geben«, sagt Rodolfo zu Alice.
    »Tut mir leid, ich küsse nicht«, sagt Alice durch die gespreizten Finger.
    »Komm schon. Bitte.«
    »Nie im Leben.«
    »Bitte?«
    »Lass sie einfach in Ruhe«, sagt Adam.
    Rodolfo wimmelt ihn mit einer Handbewegung ab. »Okay«, sagt er, »die Sache ist die: Drüben in Europa gibt’s einen Typen, zu dem massenhaft Leute gegangen sind, weil sie keine Kinder bekommen konnten. Meine Eltern waren vor fünfzehn Jahren bei ihm, die waren mit die ersten. Er ist ein Doktor, dieser Typ in Europa. Aber ein abgefuckter. Total abgefuckt. Und ich glaube, eure Eltern waren auch bei ihm. Massenhaft Leute waren dort. Hunderte. Manchmal hat es gut geklappt. Und manchmal hat es nicht geklappt.«
    »Mit uns ist alles in Ordnung«, sagt Adam. Von anderswo in der Wohnung hört er erregte Stimmen – ein Mädchen schreit wie jemand, von dem man nicht genau weiß, ob er Spaß hat oder total aufgebracht ist –, aber er zwingt sich, den Blick auf Rodolfo gerichtet zu halten.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht«, sagt Rodolfo. »Wie alt seid ihr noch mal?«
    »Zehn«, sagt Adam achselzuckend, als wäre er eventuell älter, hätte aber den Überblick verloren.
    »Wenn irgendwas nicht stimmt, zeigt es sich normalerweise erst später. Aber was ist mit euren Eltern? Wie daneben sind die eigentlich?« Er sieht den Ausdruck in den Augen der Zwillinge und spürt ein klein wenig Mitleid mit ihnen. »Es ist nicht ihre Schuld. Und meinen Eltern kann man auch nichts in die Schuhe stecken.«
    »Schieben«, sagt Alice.
    »Ihr geht mir auf den Sack«, sagt Rodolfo. »Wisst ihr was? Ihr zwei seid ausgerissen, weil ihr Angst habt, und Rodolfo sagt euch, dass das einen guten Grund hat. Diese Typen werden verdammt merkwürdig. Ihr wisst doch, was ich meine, oder? Sie werden hungrig, und sie kriegen total irre Ideen und so ’n Scheiß. Egal, wie sehr sie uns lieben.«
    Jetzt hört man die Geräusche einer Rauferei, Gebrüll und zerberstendes Glas. Rodolfos Augen leuchten auf. Mit der Anmut eines Eisläufers wirbelt er herum, rennt auf den Lärm zu und lässt Adam und Alice in dem kalten, stinkenden Raum allein.
    »Wir sollten hier abhauen«, sagt Adam.
    »Wohin?«, fragt Alice. »Es ist kalt draußen.«
    »Hier ist es auch kalt und außerdem gefährlich.«
    »Aber wohin? Nach Hause?«
    »Willst du da hin?«, fragt er.
    »Willst du?«
    Adam schüttelt den Kopf. »Wieso wollen sie uns bloß wehtun?«, fragt er.
    »Ich glaube nicht, dass Dad irgendjemandem wehtun will«, sagt Alice unsicher.
    »Er ist schlimmer als sie.«
    »Hm«, sagt Alice.
    Plötzlich ein sehr lauter Knall. Eine auf einen Balkon führende Glastür ist aufgesprungen. Kalte Luft rauscht herein wie Wasser durch das Leck in einem Schiffsrumpf, und die zwei Kinder laufen durch den Raum, um die Tür zu schließen, die Köpfe geduckt gegen den steifen, eisigen Wind.
    In dem Moment, in dem sie die Tür zudrücken, hören sie jedoch eine Stimme, fröhlich, einladend und erwachsen.
    »Hallo, wer ist denn da?«, fragt die Stimme. Wenn eine

Weitere Kostenlose Bücher