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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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scheren muss. Dann rührt sie mit dem Keks um, damit er sich maximal mit Flüssigkeit vollsaugt, bevor sie ihn isst.
    Einige Krümel verteilen sich im Tee und schwimmen hierhin und dahin. Etwas an diesem Anblick löst eine Erinnerung aus, und Cynthia wird jäh in ihr Elternhaus in St. Louis befördert, ins Spielzimmer des zugigen alten Baus in der Nähe der Washington University. Die beiden Schwestern spielen »Teegesellschaft«, wozu sie ihre liebsten Popstars eingeladen haben – sie sind zwei verheiratete Frauen, die Tee für ihre Ehegatten machen, Daryl Hall und John Oates.
    Wie ein Wirbelwind zieht die Sehnsucht nach ihrer Schwester durch Cynthia. Sie schlägt die Hände vors Gesicht und weint. Es fühlt sich passend an, zu weinen und die Tränen zu vergießen, die sie nicht vergossen hat, als die Beziehung zu ihrer Schwester in die Brüche gegangen ist. Sobald sie sich wieder gefasst hat, öffnet sie ihren Laptop und bucht einen Flug nach New York. Sie wählt den ersten Flug des nächsten Tages, storniert die Reservierung jedoch gleich wieder und findet einen anderen Flug, der noch am selben Tag um sechzehn Uhr startet und kurz vor zwei Uhr morgens am JFK ankommt, bevor sie sich schließlich für einen späten Nachtflug entscheidet, mit dem sie gegen sechs Uhr früh in New York sein wird.
     
    Adam und Alice haben sich vorläufig Rodolfo und seinen wilden Freunden angeschlossen. Peter ist in eine Art Wutzustand verfallen, weshalb niemand in seiner Wohnung herumhängen kann, wo er seine Eltern angekettet hat, aber das scheint keinen von der Bande irgendwie zu stören. Alle sind daran gewöhnt, irgendwo hinausgeworfen zu werden. Aus Ferienlagern, Schulen, Restaurants, Kinos, Vergnügungsparks, von Spielplätzen und Stränden, aus ihrem eigenen Elternhaus. Manche verziehen sich in den Central Park, einige sagen was vom Carl Schurz Park drüben an der Upper East Side, und der Rest, darunter Alice und Adam, marschiert einfach im Rudel zwei Straßen südlich und eine westlich zu einer Wohnung am Riverside Drive.
    Hier ist der Verfall so extrem, dass Peters Wohnung im Vergleich dazu regelrecht gemütlich erscheint. Die neue Bleibe ist das Heim eines dicken, höhnisch grinsenden Mädchens, das von allen Chiquita genannt wird. Chiquita trägt eine braun-weiße peruanische Wollmütze und hat mehrere Tattoos, die wie zornige Tränen von ihren Augenwinkeln an den Wangen herablaufen. Ihre Stimme ist tief und belegt; sie hört sich an, als hätte sie eine üble Erkältung oder wäre gerade erst aufgewacht. Die Wohnung befindet sich im obersten Stock eines älteren Gebäudes, und als Chiquita ihre Freunde hereinbringt, tut der Portier so, als hätte er etwas Interessantes auf seinen Schuhspitzen gefunden. Er macht nicht die kleinste Bewegung, als die Schar von Jungs und Mädchen an ihm vorbeiströmt und einen Geruch von Rauch, Wind, Eichhörnchen und hormonellem Chaos hinterlässt wie die Auspuffgase eines Busses.
    Die Holzböden von Chiquitas Wohnung sind kahl und so zerkratzt und verzogen, dass sie aussehen, als wäre eine Eishockeymannschaft darauf Schlittschuh gefahren. Mit Ausnahme eines Sofas mit hoher Lehne steht kein einziges Möbelstück in den Räumen, und auf diesem Sofa häuft sich allerhand Kram, von zerbrochenen Eiswürfelschalen bis zu Lammknochen.
    Die Fenster sind mit Laken und Decken verhüllt. Eiskalt weht der Wind herein, da viele Fensterscheiben schon lange zersprungen sind. Teils sind nur noch die leeren Rahmen mit ihren Streben übrig. Wo man in die Wände keine Löcher geschlagen hat, sind sie gründlich mit Graffiti übersät. Da steht das Anarcho-A neben Sprüchen in einer unbekannten Sprache, bei denen es sich angesichts der wütenden Energie, die von den Buchstaben ausstrahlt, um Obszönitäten zu handeln scheint.
    Teenager mit unbestimmbarem Geschlecht jagen und befummeln sich, und es ist Scheiße auf dem Boden. Buchstäblich Scheiße auf dem Boden.
    Alice greift instinktiv nach Adams Hand.
    »Was hat deine Schwester?«, fragt Rodolfo höhnisch. Seit Alice Adam angerufen und dieser sich zur West Side durchgeschlagen hat, behandelt Rodolfo ihn recht merkwürdig. Als sie den Gehweg entlanggegangen sind, hat er Adam ständig »versehentlich« angerempelt, manchmal so heftig, dass er ihn vom Bordstein gedrängt hat. Wenn er mit Adam spricht, stellt er sich zu nah vor ihn. Außerdem bringt er gern spielerische Boxhiebe an, wobei er normalerweise zwei Zentimeter vor Adams Bauch abstoppt. Ist das Ziel

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