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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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auch er, wild auf das Wasser in der Wanne einzuschlagen. Kein Zweifel – das macht Spaß. Die Wände sind durchnässt, auf dem Boden bilden sich große graue Pfützen, aber wen juckt’s? Es macht Spaß! Total Spaß. Das erregte Gebell von Alex und Leslie und ihr kreischendes Gelächter hallt von den schwarz-weißen Fliesen des Badezimmers wider.
     
    Am anderen Ende des Landes, in San Francisco, führt Cynthia Kramer einem jungen Ehepaar, das offenbar verblüffend viel Geld für den Erwerb zerbrechlicher Antiquitäten zur Verfügung hat, einen dreifüßigen Mahagonitisch aus der Zeit König Georgs III . vor. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kunden haben diese beiden tatsächlich allerhand Ahnung von den Gegenständen, nach denen sie gieren, und nachdem sie Cynthia eine Frage zu einem Gemälde oder einem Paar Kerzenständer gestellt haben, lauschen sie aufmerksam allem, was sie darüber zu sagen hat. Dabei tauschen sie ständig kurze verschwörerische Blicke, als wollten sie telepathisch entscheiden, ob sie etwas für ein Stück bieten sollen. Cynthias Laden in der Castro Street ist immer noch
der
Ort in Nordkalifornien, wenn es um altenglische und frühe amerikanische Möbel geht. Das Problem mit dem Laden ist seit zehn Jahren dasselbe, nämlich dass er die meiste Zeit geschlossen ist. Früher hatte Cynthia sechs Tage pro Woche von morgens bis abends geöffnet, doch seit der katastrophalen Reise nach New York, dem furchtbaren Krach mit ihrer geliebten Schwester und der niederschmetternden Depression, die die verlorene Beziehung zu Leslie in Cynthia hervorgerufen hat, schafft sie jetzt nur noch zwei bis drei Stunden am Tag. Ihre Energie kehrt einfach nicht zurück, trotz der Prozession aufmunternder kleiner Pillen, die durch ihren Körper marschiert. Nun steht auf dem Schild an der Ladentür NUR NACH VEREINBARUNG über der Telefonnummer eines Handys, das im Handschuhfach ihres Wagens vor sich hin gammelt, dessen Läuten sie meist nicht mitbekommt und dessen Mailbox sie nur selten abhört.
    Momentan ist der Laden mit englischen und amerikanischen Antiquitäten gefüllt, von denen viele aus dem Haus von Leslie und Alex stammen und ungebeten bei ihr ankommen. Sie kann kein einziges Bild, kein Schmuckkästchen anschauen, ohne in der Magengrube den Schrecken jenes Nachmittags vor zehn Jahren zu spüren, an dem ihre Schwester sie aus heiterem Himmel beschuldigt hat, Alexander Twisden schöne Augen zu machen. Die Ungerechtigkeit dieses Vorwurfs, dieser Verrat, diese Abscheulichkeit sind unvergesslich. Cynthias Freund hat einmal versucht, sie dazu zu bringen, zu vergeben und zu vergessen, wobei er sogar so weit gegangen ist zu behaupten, sie sei starrsinnig und unvernünftig, indem sie sich an eine Kränkung klammere, deren Verfallsdatum schon lange vorbei sei. Aber was war dieser Rat wert? Natürlich war der Kerl am Thema Vergeben und Vergessen brennend interessiert; schließlich hatte er bereits eine Affäre und bereitete sich darauf vor, Cynthia zu verlassen.
    Was aber soll sie mit den eintreffenden Sachen tun? Sie von der Golden Gate Bridge werfen? Sie vor die Tür der Heilsarmee drüben in der Mission Street stellen? Deshalb verkauft sie die Vasen und das Essgeschirr, das Silber und das Mahagoni, die Tapisserien und die Teppiche und die bedrückenden, aber wertvollen Gemälde, sobald sie hereinkommen.
    Und weshalb?, fragt sie sich oft selbst. Weshalb trennen Leslie und Alex sich von ihren kostbaren Möbeln, an deren Beinen und Armlehnen teilweise, wie sie bemerkt hat, der Lack abgenagt ist? Was geht nur in diesem schrecklichen, wahnsinnigen Haushalt vor sich? Und was ist mit ihrer Nichte und ihrem Neffen, die sie noch nie gesehen hat?
    »Ich bin nicht ganz sicher, ob es sich dabei nicht um ein Replikat handelt«, sagt die männliche Hälfte des frisch verheirateten Paares und hebt ein Tintenfass im Regency-Stil hoch. Es ist aus Bronze, und sein Deckel sieht aus wie ein Buch, eine Bibel vielleicht. Daneben steht auf einer kleinen schwarzen Marmorplatte eine unbekleidete Putte.
    »Ich kann Ihnen versichern, dass es sich um das Original handelt«, sagt Cynthia. »Es war über zweihundert Jahre lang im Besitz derselben Familie.«
    Tatsächlich ist es eines der Stücke, die Leslie ihr geschickt hat, kurz nachdem Cynthia New York verlassen hat und zurück nach San Francisco geflohen ist.
    »Es ist wunderschön«, sagt die junge Frau und tippt mit dem Finger auf den nackten Hintern der Putte. Sie lächelt Cynthia entschuldigend

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